Rat stimmt als eine der ersten Städte Deutschlands dem neuen Schiedsverfahren zur Rückgabe von NS-Raubgut zu
Der Rat der Stadt Osnabrück hat am 1. Juli 2025 einstimmig beschlossen, dass die Stadt bereit ist, bei der Rückgabe von Kulturgut, das während der Nazi-Zeit verfolgungsbedingt gestohlen oder weggenommen wurden, an einem neuen, offiziellen Schiedsgericht teilzunehmen.
Dieses Angebot ist dauerhaft, also „stehend“ – die Stadt erklärt damit, dass sie immer wieder bei solchen Fällen mitmachen möchte. Damit zählt Osnabrück zu den ersten Städten bundesweit, die dem im März 2025 geschlossenen Verwaltungsabkommen zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden folgen.
Das Schiedsgericht ist eine neutrale Instanz, die bei Streitigkeiten über die Rückgabe von gestohlenen Kunstwerken und Gegenständen entscheidet. Es ist eine Verbesserung gegenüber der bisherigen „Beratenden Kommission NS-Raubgut“, deren Empfehlungen nicht rechtlich bindend waren.
Ziel der Reform ist es, die Rechte der Opfer weiter zu stärken und faire, gerechte sowie gerichtsfeste Lösungen bei Rückgabefragen zu ermöglichen. Mit der Abgabe des stehenden Angebots verpflichtet sich die Stadt, künftig in Restitutionsfällen das Urteil der neu geschaffenen, rechtlich verbindlichen Schiedsgerichtsbarkeit anzuerkennen.
Die neue Schiedsgerichtsbarkeit ist beim Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste (DZK) angesiedelt. Sie arbeitet auf Grundlage einer Schiedsordnung und eines verbindlichen Bewertungsrahmens, der juristische, historische und kunsthistorische Aspekte einbezieht. Künftig ist auch eine einseitige Antragstellung durch die antragstellende Partei möglich, einschließlich der Nachkommen von Opfern. Dies stellt eine Weiterentwicklung im Sinne der Betroffenen dar.
„Mit dem heutigen Beschluss bekennt sich die Friedensstadt Osnabrück ausdrücklich zur Verantwortung für die Opfer nationalsozialistischen Unrechts. Wir folgen nicht nur einer rechtlichen und politischen Verpflichtung, sondern setzen auch ein Zeichen für Gerechtigkeit, Erinnerung und Transparenz“, erklärt Erster Stadtrat Wolfgang Beckermann.
Das neue Verfahren geht zurück auf die Washingtoner Prinzipien von 1998 und die Gemeinsame Erklärung von 1999, mit denen sich Deutschland zur Aufarbeitung und Rückgabe von NS-Raubgut verpflichtet hat. Die Einführung der Schiedsgerichtsbarkeit wurde im März 2025 auf dem 22. Kulturpolitischen Spitzengespräch formell beschlossen.
Der Deutsche Städtetag empfiehlt seinen Mitgliedsstädten, zeitnah entsprechende Ratsbeschlüsse zu fassen. Das Verfahren wird nach zehn ergangenen Schiedssprüchen bzw. spätestens nach drei Jahren evaluiert. Das Verfahren betrifft ausschließlich Kulturgut im Eigentum der Stadt oder unmittelbar kommunaler Einrichtungen.