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Freitag, 15. August 2025
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Medizinisch Verantwortliche warnen vor Hitzefolgen

Motto für alle: mehr trinken!

Rettungsarzt Dr. Guido Teckemeyer und Altersmedizinerin Dr. Anja Kwetkat (Foto oben) vom Klinikum Osnabrück erinnern in den heißen Tagen in diesem Sommer noch einmal an den Schutz vor Gefahren durch hohe Temperaturen.

Wie der Interimsleiter des Notaufnahmezentrums und die Chefärztin der Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin berichten, werden an Tagen mit Temperaturen über 30 Grad zahlreiche Menschen wegen hitzebedingter Beschwerden im Klinikum am Finkenhügel versorgt. Teckemeyer schätzt, dass – abhängig von der Temperaturkurve – stündlich etwa drei bis fünf Betroffene behandelt werden.

Abbildung aus der unten aufrufbaren Internetadresse
Abbildung aus der unten aufrufbaren Internetadresse

Nach seinen Angaben sind es vorwiegend Ältere, daneben jüngere Menschen, die durch ihre berufliche Tätigkeit von der Hitze belastet sind. In fast allen Fällen spielt Flüssigkeitsmangel eine Rolle. Die Erkrankten leiden unter Kopfschmerzen, Schwindel, Flimmern vor den Augen und anderen neurologischen Symptomen sowie Übelkeit und Erbrechen. Während die meisten von ihnen „nur“ ausreichend mit Flüssigkeit versorgt werden müssen und das Haus bald wieder verlassen können, zeigen sich bei einigen älteren Menschen bereits Symptome einer Exsikkose – also einer schwerwiegenden und gefährlichen Austrocknung – und/oder eine Gefährdung ihrer Nierenfunktion, so dass sie zur weiteren Beobachtung und Behandlung in die Klinik für Geriatrie aufgenommen werden.

„Neben Älteren sind Kleinkinder, Schwangere, Übergewichtige und chronisch Kranke – vor allem Menschen mit Diabetes, Nieren- und Herzkreislauferkrankungen – gefährdet durch Hitze“, so Kwetkat. „Insbesondere Ältere sind einem erhöhten Risiko durch Hitze ausgesetzt. Im Alter sind das Durst- und Hungerempfinden reduziert, ferner sinkt die Organreserve, so dass Störungen schlechter ausgeglichen werden können. Darüber hinaus nimmt auch die Fähigkeit des Körpers zur Temperaturregulierung ab. Daraus kann sich – verstärkt noch durch die bei älteren Menschen häufig bestehenden Vorerkrankungen und die dagegen verordneten Medikamente – ein gefährliches Zusammenspiel ergeben, das bis hin zum Hitzschlag führen kann.“

Wie Kwetkat schildert, kommt es jedes Jahr zu einer sogenannten „Übersterblichkeit“ durch Hitze – jeweils mehrere Tausend Sterbefälle zumeist älterer und hochaltriger Menschen, die auf Hitze zurückzuführen sind. Die Zahl schwankt je nach Hitzekurve des Sommers. So nennt das Bundesgesundheitsministerium laut Robert-Koch-Institut für das Jahr 2022 eine hitzebedingte Übersterblichkeit von etwa 4.500 Menschen (2023: 3.200, 2024: 3.000). Wie Kwetkat erläutert, kann allein ein Prozent aller Todesfälle durch Herz-Kreislauferkrankungen auf Hitze zurückgeführt werden.

Wie aus Klimadaten hervorgeht, ist die Anzahl der sogenannten „Hitzetage“ (Tage mit über 30 Grad tagsüber) in Stadt und Landkreis Osnabrück seit den 1960er Jahren um mehr als das Dreifache angestiegen. Nicht mehr zwei bis drei, sondern acht bis zehn Tage mit extremer Hitze müssen danach im Schnitt pro Jahr ausgehalten werden. „Gefahren durch Hitze betreffen bei einer solchen Zunahme von Hitzetagen und heißen Tagen alle Menschen – aber die Älteren sind die vulnerabelste Gruppe. Gemeint sind Menschen ab 65 Jahren“, warnt Kwetkat.

Um Hitzeperioden gut zu bewältigen, muss nach den Worten der Medizinerin vor allem darauf geachtet werden, ausreichend zu Trinken. „Das klingt einfach und die meisten Menschen behaupten erst einmal von sich, dass sie immer genug trinken – tatsächlich kommen aber viele nicht auf die zwei Liter Flüssigkeit, die es täglich sein sollten.“ Um die täglich aufgenommene Flüssigkeitsmenge einschätzen zu können, solle der Inhalt von Kaffeetassen, Gläsern etc. einmal mit dem Messbecher erfasst und zusammengerechnet werden. Wer sich zum Trinken anhalten wolle, müsse sich angewöhnen, auch ohne „gefühlten“ Durst zu trinken. Hilfreich könne es sein, ein Trinkprotokoll zu führen, wie es in der Geriatrieabteilung im Klinikum gemacht werde. Zu Hause kann auch die Erinnerung durch Angehörige oder das Stellen eines Weckers oder einer Erinnerungsfunktion auf dem Handy hilfreich sein.

Was den Kaffee angeht: „Er darf mit in die Trinkmenge eingerechnet werden – jedenfalls wenn er nicht die einzige Flüssigkeit ist, die jemand zu sich nimmt. Früher wurde es anders empfohlen – es kommt darauf an, dass man neben dem Kaffee insgesamt genug trinkt.“

Bei Hitze müsse darauf geachtet werden, dass der Körper u.a. durch vermehrtes Schwitzen neben Flüssigkeit auch Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Chlorid und Magnesium verliere – es müsse also zudem auf eine ausreichende Elektrolytzufuhr geachtet werden. „Deswegen lieber Mineral- als Leitungswasser trinken“, rät Kwetkat. „Die Ernährung sollte bei Hitze auf Bestandteile mit viel Wasser umgestellt werden – beispielsweise Wassermelonen oder Salate mit Gurken und Tomaten, die auch der Elektrolyte zuträglich sind. Und der Salat darf auch gerne gesalzen werden oder es dürfen Salzstangen geknabbert werden.“

Weiter ist es nach den Worten von Kwetkat besonders wichtig, dass insbesondere ältere Menschen ihr Verhalten der Hitze anpassen: Bewegung oder körperliche Belastung auf keinen Fall in der Mittagshitze oder der prallen Sonne, am besten mittags ausruhen. „Es sollten leichte Kleidung und ab 26 Grad immer auch eine Kopfbedeckung getragen werden – auch wenn das nicht alle Menschen mögen“, so Kwetkat.

Zu den wichtigen Ratschlägen gehört weiter, die Wohnung so kühl wie möglich zu halten. „Also nachts lüften und es tagsüber dunkel halten. Ein Ventilator kann Luftbewegung erzeugen“, so Kwetkat. Gegebenenfalls können auch in kühle Teile des Hauses – evtl. den Keller – ausgewichen werden. „Oder es ist möglich, feuchte Tücher zum Kühlen aufzuhängen.“ Wer sich kurzfristig Linderung verschaffen wolle, könne sich kurz abduschen und nur so weit nötig abtrocknen, um Verdunstungskälte beim „Lufttrocknen“ zu spüren. Auch Fuß-/Armbäder oder ein Wasserspray könnten hilfreich sein.

Nach den Worten der Medizinerin gehören Blutdrucksenker, bestimmte Arten von Schmerzmitteln, Antiepileptika, über Pflaster freigegebene Wirkstoffe sowie einzelne weitere Mittel zu den Medikamenten, bei denen es durch Hitze zu unerwünschten Wirkungen kommen kann, etwa weil sie zusätzlich in den Wasserhaushalt eingreifen oder auf die Nierenfunktion und Blutdruck wirken. Wer solche Medikamente einnehmen muss, solle mit dem Hausarzt/der Hausärztin bzw. den Behandlern besprechen, wie auf Hitze zu reagieren ist – auf keinen Fall aber von sich aus den Einnahmeplan ohne jede Rücksprache ändern.

Wie die Chefärztin erklärt, kann es zur sogenannten Hitzeerschöpfung oder sogar zu einem Hitzschlag kommen. Letzterer ist lebensbedrohlich und führt zu heißer, trockener und geröteter Haut sowie zu Übelkeit, Kopfschmerzen und Bewusstseinsveränderungen bis hin zur Bewusstlosigkeit. In diesem Fall ist sofortige ärztliche Hilfe erforderlich. Die Hitzeerschöpfung ist gekennzeichnet durch kalte, feuchte Haut, niedrigen Blutdruck, schnellen Herzschlag, rasche und flache Atmung sowie Übelkeit, Schwindel und Abgeschlagenheit. In diesen Fällen kann das Trinken kühler Getränke, das Abkühlen des Körpers durch Duschen oder Arm-Bäder helfen. Auch hier sollte ärztliche Hilfe aufgesucht werden, wenn sich die Beschwerden nicht innerhalb einer Stunde bessern oder die Körpertemperatur auf 38°C ansteigt.

Interessierte finden über das Netz eine Zusammenstellung von Tipps für Ältere bei Hitze, die kostenfrei heruntergeladen werden kann.

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