Osnabrücker Migrationsbeirat äußert Bedenken gegen die „Bezahlkarte“
Der Migrationsbeirat Osnabrück kritisiert die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete, die seit Dezember letzten Jahres in Niedersachsen umgesetzt wird. Die umstrittene Maßnahme soll die Bargeldauszahlung an geflüchtete Menschen ersetzen und diese so daran hindern, Geld an ihre Familien im Herkunftsland zu schicken.
Der Migrationsbeirat der Stadt Osnabrück hat sich in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause mit dem Thema auseinandergesetzt und sieht in der Einführung „ein völlig falsches Signal“. In einer Pressemitteilung forderte der von Ehrenamtlichen und Vertreterinnen der Parteien aus dem Stadtrat gebildete Beirat die Verwaltung der Stadt Osnabrück sowie das Land Niedersachsen zur Prüfung und Umgestaltung des derzeitigen Modells der Bezahlkarte auf.
Das Argument, das neue Modell verringere den bürokratischen Aufwand, verneint der Migrationsbeirat – im Gegenteil stelle die Einführung der Bezahlkarte einen administrativen Mehraufwand für die Stadtverwaltung dar. Da sie nach aktuellem Stand 290 Personen in Osnabrück betreffe, stelle sich auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit dieses Aufwandes.
Auch die Folgen für die „Empfänger“ der Bezahlkarte werden kritisiert: Durch die Deckelung des monatlich abhebbaren Bargeldes auf 50 Euro und die Verhinderung privater Überweisungen ist die finanzielle Selbstbestimmung der Betroffenen eng eingeschränkt, während sie gleichzeitig von gutem Internetzugang und einem technisch fehlerfreien System abhängig sind, um die Bezahlkarte überhaupt nutzen zu können – was ohnehin nicht in allen Läden möglich ist. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass die Bezahlkarte, die monatlich aufgeladen wird und nicht überzogen werden kann, Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung Geflüchteter verstärkt.
Auch im Osnabrücker Rat ist die Einführung der Bezahlkarte wegen verschiedener Aspekte fraktionsübergreifend kritisiert worden. Nicole Emektas von der Linken bezeichnete die Karte als rassistisch und nutzlos und wies angesichts der Begründung, Rücküberweisungen an Verwandte zu verhindern, darauf hin, dass geflüchtete Paare ohnehin von nur 397 Euro im Monat leben müssen – „Davon soll was übrig bleiben?“. SPD-Ratsmitglied Elena Moormann kritisierte die Bezahlkarte als Ausdruck „massiver Diskriminierung“, und selbst in der CDU gab es leise Kritik (NOZ 03.05.2025). Die Ratsfraktion der Grünen sieht in der mit der Karte einhergehenden Übertragung zusätzlicher Aufgaben an die Kommunen ohne finanzielle Kompensation einen möglichen Verstoß gegen die niedersächsische Landesverfassung. In diesem Zusammenhang wurde Ende April gegen die Stimmen von CDU und FDP/UWG sowie der Oberbürgermeisterin die Prüfung einer Verfassungsbeschwerde beschlossen.
Auch in der Zivilgesellschaft gibt es Widerstand gegen die Bezahlkarte, beispielsweise vom Bündnis Nein zur Bezahlkarte Osnabrück, das jeden Donnerstag im Café Mano Negra eine Tauschaktion veranstaltet: Geflüchtete können Gutscheine, die sie mit der Bezahlkarte in vielen Supermärkten erwerben können, gegen Bargeld eintauschen, während solidarische Osnabrücker für ihr Bargeld einen entsprechenden Gutschein ihrer Wahl bekommen.
Der Migrationsbeirat Osnabrück befürchtet dennoch unnötige Belastung, Diskriminierung und eine Erschwerung der Integration – solange das Modell Bezahlkarte nicht seitens des Landes entweder umgestaltet oder gleich ganz abgeschafft wird.