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Montag, 8. September 2025
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Sprach mal irgendjemand vom „Aussterben“? Deutsche werden mehr!

35 Jahre Deutsche Einheit: Bevölkerung seit 1990 um 3,8 Millionen Menschen gewachsen

„Deutschland schafft sich ab“, schrieb vor Jahren in seinem Millionen-Bestseller Thilo Sarrazin, um bestimmten Bevölkerungsgruppen die Existenzberechtigung im Lande zu bestreiten. Eine Art Muttermilch im Kreißsaal für die AfD. Nur: Wählen wir nackte Zahlen statt Hetze, erreichen Pass-Deutsche derzeit Rekordzahlen.

Die Bevölkerung Deutschlands ist seit dem Einheitsjahr 1990 um 3,8 Millionen Menschen (+5 %) gewachsen. Das entspräche in etwa der Einwohnerschaft Berlins. Ende 1990 lebten in Deutschland 79,8 Millionen Menschen, zum Jahresende 2024 waren es 83,6 Millionen.

Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) zur Veröffentlichung einer Sonderseite zum Jubiläum 35 Jahre Deutsche Einheit mit. Die Seite bündelt Zahlen, Daten und Fakten zur demografischen Entwicklung, zu Binnen- und Zuwanderung, zum Zusammenleben, zum Wohnen, zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Verteilung von Vermögen und Einkommen sowie zur Gleichstellung der Geschlechter.


Drastische Unterschiede zwischen Ost und West

Bundesländer, in denen sich besonders die rechtsextreme AfD als Hüterin des Deutschtums aufspielt, weisen real einen dramatischen Schrumpfprizess auf. In den östlichen Bundesländern insgesamt (ohne Berlin) ging die Bevölkerungszahl nämlich zwischen 1990 und 2024 um 16 % auf 12,4 Millionen zurück, während sie in den westlichen Ländern um 10 % auf 67,5 Millionen stieg. 1990 lebten 77 % der Bevölkerung in westlichen und 18 % in östlichen Bundesländern, der Rest in Berlin. 2024 waren es 81 % in westlichen und 15 % in östlichen Ländern.

Während Bayern (+16 %), Baden-Württemberg (+14 %), Hamburg und Schleswig-Holstein (jeweils +13 %) die stärksten Zuwächse verzeichneten, ist die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in Sachsen-Anhalt (-26 %), Thüringen (-20 %) und Mecklenburg-Vorpommern (-18 %) im Vergleich zu 1990 am stärksten zurückgegangen. Dies geschah folglich allesamt in solchen Ländern, in denen sich Ultrarechte besonders gegen Zuwanderung wehren und sogar „Remigration“ fordern.


1,2 Millionen Menschen mehr von Ost nach West gewandert

In der Zeit nach der deutschen Vereinigung kam es zu Bevölkerungsbewegungen gen Westen: Im Zeitraum von 1991 bis 2024 wanderten rund 1,2 Millionen Menschen mehr von Ost nach West als umgekehrt. Wanderungen von und nach Berlin sind in dieser Betrachtung nicht enthalten. Etwa die Hälfte dieser starken Abwanderung aus dem Osten geht auf die ersten zehn Jahre seit der Vereinigung zurück: Im Jahr 1991 verließen im Saldo etwa 165 000 Personen die östlichen Bundesländer in Richtung Westen. Bis zum Jahr 2000 stieg dieser negative Wanderungssaldo in Summe auf etwa 611 000 Personen an. In den folgenden zehn Jahren bis 2010 wanderten im Saldo noch rund 553 000 Menschen mehr von Ost nach West als umgekehrt.

In den 2010er-Jahren verlangsamte sich diese Entwicklung deutlich mit einem Abwanderungssaldo von Ost gegenüber West von insgesamt rund 70 000 Personen zwischen 2011 und 2016. Von 2017 bis 2022 wanderten erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik mehr Menschen von den westdeutschen Bundesländern in die ostdeutschen Länder als umgekehrt (Saldo +18 000 Personen). Im Jahr 2023 kehrte sich diese Tendenz wieder um und die östlichen Bundesländer verzeichneten einen Wanderungsverlust in Richtung Westen (Saldo -3 000 Personen). Auch im Jahr 2024 wanderten mehr Menschen aus den östlichen in die westlichen Bundesländer (Saldo -4 000 Personen).



Zuwanderung zumeist höher als Abwanderung

Deutsche mit Migrationshintergrund bilden die Aktivposten der Bevölkerungsentwicklung. Mit wenigen Ausnahmen sind seit 1991 pro Jahr deutlich mehr Menschen nach Deutschland zugewandert als abgewandert. Im Jahr 1991 sind insgesamt gut 600 000 Personen mehr nach Deutschland zugezogen als aus Deutschland fortgezogen. Diese sogenannte Nettozuwanderung lag im Jahr 2024 bei gut 430 000 Personen. Rund um die 2000er-Jahre hat sich die Nettozuwanderung in Deutschland abgeflacht beziehungsweise in eine Nettoabwanderung verkehrt (2008 und 2009). Eine besonders hohe Nettozuwanderung war in den Jahren 2015 und 2016 wegen des Bürgerkriegs in Syrien sowie im Jahr 2022 als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine zu beobachten.


2024 knapp 230 000 weniger Geburten als 1990

Im Jahr 2024 kamen in Deutschland 677 117 Kinder zur Welt. Das waren 228 558 weniger als im Jahr 1990. Die häufig als Geburtenrate bezeichnete zusammengefasste Geburtenziffer sank im Jahr 2024 gegenüber 1990 um 7 % von 1,45 auf 1,35 Kinder je Frau. Damit die Bevölkerung eines Landes – ohne Zuwanderung – nicht schrumpft, müssten in einem hoch entwickelten Land rein rechnerisch etwa 2,1 Kinder je Frau geboren werden.

Deutliche Unterschiede in der Entwicklung der Geburtenrate gab es in den 1990er-Jahren zwischen den westlichen und östlichen Ländern. In den östlichen Bundesländern (mit Berlin-Ost) sank die Geburtenrate von 1,52 im Jahr 1990 bis 1994 auf 0,77 Kinder je Frau, während sie in den westlichen Bundesländern (mit Berlin-West) von 1,45 im Jahr 1990 bis 1994 deutlich geringer auf 1,35 sank. Seit den 2000er-Jahren hat sich die Geburtenziffer etwa angeglichen.


Zuwanderung bleibt der zentrale Schlüssel

Sollte es nicht gelingen, Geburtenzahlen aufgrund einer massiv verbesserten Infrastruktur im KiTa- und Schulbereich zu verbessern, bleibt die Zuwanderung logischerweise der Schlüssel zur Aufrechterhaltung des Bevölkerungswachstums – und nicht zuletzt zur Stabilisierung der Sozialsysteme. Denn welche Haar- oder Hautfarbe Beitragszahlende für die Renten-, Pflege-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung beitzen, ist für die Einnahmeposition, altdeutsch ausgedrückt, schnurzpiepegal.

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