Gewerbesteuereinnahmen stagnieren
Nicht nur die Stadt Osnabrück schreibt Defizite in zuvor nie gekannter Höhe: Die Kern- und Extrahaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände (ohne Stadtstaaten) in ganz Deutschland wiesen im 1. Halbjahr 2025 ein Finanzierungsdefizit von 19,7 Milliarden Euro auf. Osnabrück befürchtet einen Fehlbetrag, der sich bis 2028 auf eine halbe Milliarde Euro summiere dürfte. Das wären fast zwei Drittel eines kompletten Jahreshaushalts.
Nach aktuellen Erhebungen des Statistischen Bundesamts (Destatis) hat sich das kommunale Finanzierungsdefizit in Deutschland weiter vergrößert. Im 1. Halbjahr 2024 hatte das Defizit bei 17,5 Milliarden Euro gelegen, im 1. Halbjahr 2023 bei 7,3 Milliarden Euro.
Wo zeigt sich das Kassenloch besonders heftig? Das Defizit im 1. Halbjahr 2025 ist vor allem auf die kommunalen Kernhaushalte zurückzuführen: Hier überstiegen die bereinigten Ausgaben die Einnahmen um 19,0 Milliarden Euro. Im 1. Halbjahr 2024 hatte das Defizit der Kernhaushalte 17,5 Milliarden Euro betragen. Die Extrahaushalte wiesen im 1. Halbjahr 2025 ein Defizit von 0,7 Milliarden Euro auf. Im Vorjahreszeitraum hatten sie einen kleinen Überschuss verzeichnet (35,2 Millionen Euro).
Zu geringe Einnahmen, zu hohe Ausgaben
Immer dramatische wird das Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben. Die Haushaltslöcher sind gewachsen, weil der Einnahmenzuwachs nicht mit dem Ausgabenwachstum Schritt hielt: Die bereinigten Ausgaben der Kern- und Extrahaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände stiegen im 1. Halbjahr 2025 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2024 erneut deutlich um 6,9 % oder 12,8 Milliarden Euro auf 198,7 Milliarden Euro.
Die bereinigten Einnahmen der Kern- und Extrahaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände stiegen dagegen im selben Zeitraum etwas schwächer um 6,2 % oder 10,5 Milliarden Euro auf 179,0 Milliarden Euro.
Die wesentlichen Ausgabekategorien der Kern- und Extrahaushalte wuchsen dabei recht gleichmäßig: Die Personalausgaben stiegen um 6,3 % auf 52,0 Milliarden Euro, die laufenden Sachaufwendungen um 5,6 % auf 47,6 Milliarden Euro und die Sozialen Leistungen um 6,4 % auf 44,5 Milliarden Euro. Die Sachinvestitionen wuchsen um 5,5 % auf 22,6 Milliarden Euro. Außerdem erhöhten die Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Zuschüsse für laufende Zwecke an den nicht-öffentlichen Bereich (z. B. Förderung von Kindertagesstätten und anderer Einrichtungen freier Träger) um 7,9 % auf 24,1 Milliarden Euro. Aufgenommene Kredite bedingen Tilgungen mit hohen Zinsen. Beachtlich ist darum der Anstieg der kommunalen Zinsausgaben um 18,8 % auf 2,1 Milliarden Euro.
Stagnierende Gewerbesteuereinnahmen
Kriselnde Unternehmen bedingen mangelhaft Steuerzahlungen. Die Steuereinnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände (netto) stiegen im 1. Halbjahr 2025 nur mäßig um 2,8 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 56,5 Milliarden Euro. Die Gewerbesteuereinnahmen (netto) blieben dabei mit 31,4 Milliarden Euro nahezu unverändert (+0,4 %). Die Einnahmen aus Verwaltungs- und Benutzungsgebühren stiegen dagegen kräftig um 8,2 % auf 25,1 Milliarden Euro.
Ausgabenwachstum der Kernhaushalte verringert sich von 9,2 % auf 6,6 %
Wegen der Einführung des Deutschlandtickets und der damit verbundenen größeren Abhängigkeit von öffentlichen Zuweisungen wurden ab dem 2. Quartal 2023 etwa 440 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den Berichtskreis der Extrahaushalte einbezogen, sodass der Vergleich der Kern- und Extrahaushalte in den Jahren 2023 und 2024 nur eingeschränkt möglich war. Eine isolierte Betrachtung der Kernhaushalte in diesem Zeitraum ist daher sinnvoll und zeigt, dass die bereinigten Ausgaben der Kernhaushalte zunächst vom 1. Halbjahr 2023 zum 1. Halbjahr 2024 um 9,2 % kräftig stiegen. Danach schwächte sich der Anstieg vom 1. Halbjahr 2024 zum 1. Halbjahr 2025 auf 6,6 % ab. Die bereinigten Einnahmen der Kernhaushalte stiegen vom 1. Halbjahr 2023 zum 1. Halbjahr 2024 um 3,4 %. Vom 1. Halbjahr 2024 zum 1. Halbjahr 2025 stiegen sie dann um 6,3 % und damit stärker, weil teilweise Zahlungen der Länder aus dem 2. Halbjahr 2025 in das 1. Halbjahr 2025 vorgezogen wurden.
Die Zusagen der schwarzroten Bundesregierung, die Städte und Gemeinden zukünftig mit verstärkten Zuweisungen zu helfen, dürften für manchen kommunalen Haushalt den letzten Strohhalm bedeuten.