Liebe Freundinnen und Freunde der klaren Kante!
Die Sommerferien sind vorbei. Der Alltag killt die letzten Urlaubsfreuden. Und die Tageslektüre der „NOZ“ versteht sich dabei – auch dank von Machern wie Burkhard Ewert und Michael Clasen – als verlässlich rechtsdrehender Durchlauferhitzer.
Gleich zwei Themen nehmen wir in unserer ersten Nachsommerausgabe zum Anlass, auf die Kolleginnen und Kollegen im schmucken Hochhaus am Berliner Platz zu blicken. Fast alle verrichten dort einen sehr redlichen und soliden Job – werden dabei aber oft arg am Gängelband gehalten. Aktuell gärt es besonders an den Tischen etlicher Redaktionsgespräche. Jener „Gärung“ widmen wir deshalb unseren ersten Bericht.
Keine Angst: Unser „Clasenkampf“ musste wieder ein wenig innehalten. Doch spätestens seit der Online-Ausgabe vom 19. August durften wir wieder fündig werden: Trump als angeblicher Friedensfreund, über den deutsche Medien „Häme“ verbreiten. Echt jetzt! Kurzum: Rechtsverteidiger Michael Clasen hat uns wegen groben Foulspiels wieder einmal einen Elfmeter beschert, den wir gern verwandeln.
Zeitenwende bei der NOZ: Frustbeulen am Sommerhimmel
Blicken wir zurück: Gute alte Zeiten, in denen in Osnabrück parteipolitisch unterschiedlich ausgerichtete Tageszeitungen um das Lesepublikum stritten, sind schon lange vorbei. Die Neue Osnabrücker Zeitung agiert seit Oktober 1967 mit Alleinstellungsmerkmal und dabei ist sie keinen einzigen Tag unter Anfangsverdacht geraten, sich am progressiven Teil der Leser*innen auszurichten. Das wiederum bleibt aber legitim – und darf gern Teil einer demokratischen Debattenkultur sein, die unsere Stadt und unseren Staat auszeichnen soll.
Auch die dezidiert linken Autoren dieser Zeilen betonen: Integre konservative Journalist*innen, die ihr Handwerk von Berichterstattung, Recherche und Kommentar verstehen, besitzen seit ehedem eine legitime Existenzberechtigung.
Und unverändert gilt ja der Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes seit 1949:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
So weit, so gut.
Aktuell jedoch rumort es in den NOZ-Räumen dermaßen, dass frühere Konfliktlinien im Team oder mit Teilen des Lesepublikums zu meditativen Sitzungen mutieren. Und das ist – im Sinne einer demokratischen Debattenkultur – mehr als ein betriebsinternes Problem. Es geht uns alle an.
Fast ein halbes Dutzend Kündigungen mit ähnlicher Ansage
Dies erfuhren wir mittlerweile von einzelnen Menschen, die das interne Treiben besonders gut kennen und mit solider Berufserfahrung koppeln können: Mindestens fünf, also fast ein halbes Dutzend von bisherigen Redaktionsmitgliedern hat nach unseren Infos gekündigt! Alle von ihnen, Namen werden hier natürlich nicht genannt, besitzen jeweils einen unbestritten einwandfreien journalistischen Leumund.
Allen, die bislang geschmissen haben und mögliche weitere, die noch schmeißen werden, dürfte nach unseren Informationen der abgrundtiefe Frust über die politische Gesamtlinie gemeinsam sein. Die wiederum zieht sich, so berichten uns mehrere Insider*innen, seit Arbeitsaufnahme des neues Chefredakteurs Burkhard Ewert offenkundig bis in die letzte Pore der Einzelredaktionen hinein.
Die Genannten dürften, so erwarten es Insider, womöglich nicht die letzten sein, die Redaktion und Verlagshaus den Rücken kehren. Nicht wenige Interne, bei denen wir nachgefragt haben, munkeln sehr nachvollziehbar, dass die genannten Kündigungen nur die Spitze des Eisbergs darstellen könnten.
Die Metapher des Eisbergs dürfte dabei selten treffender gewählt worden sein als bei Jan Dirk Elstermann, Burkhard Ewert und Michael Clasen. Eiszapfen, die sich wie Damoklesschwerter über den Autor*innen von Beiträgen erheben, scheinen die Wirklichkeit trotz Symbolsprache durchaus zu treffen. Bereits das Tropfen jener Zapfen dürfte die Kreativität des Textens bei jedem, der sich darunter befindet, massiv einschränken. Ganz zu schweigen von dem Moment, in dem ein solcher Zapfen hinunterrast.
Was der OR mittlerweile auf den erwähnten Pfaden persönlich zugetragen wurde, ist vor allem dies: Seit Burkhard Ewert den Takt vorgibt, als Brandbeschleuniger dienen ihm der ultrarechte Haudrauf und „Chef vom Dienst“ Michael Clasen im harmonischem Zusammenspiel mit Verleger Jan Dirk Elstermann, erachten offenbar nicht nur alle, die bereits gekündigt haben, die Stimmung im Hause für unerträglich, sondern auch etliche der sonstigen rund 150 Redakteur*innen
Folgt dem personellen ein inhaltlicher Aderlass?
Dem personellen Aderlass dürfte das folgen, was auch in anderen Arbeitsbereichen den Alltag prägt: Wo Menschen wegfallen, ist deren Arbeit von anderen zu erledigen. Greift auch bei denen angesichts zunehmender Mehrarbeit und rasant schwindender Motivation zusehends der Frust um sich, darf sich das noch vorhandene Lesepublikum auf massive Qualitätsverluste einstellen. Dies wiederum darf auch ein alternatives Medium wie die OR nicht kalt lassen. Denn Debattenkultur entsteht nun mal auf der Basis sauber recherchierter Fakten und dem Verzicht auf jede Art von Manipulation.
Muss man angesichts der Monopolisierungstendenzen im Medienwald und der Abstinenz jüngerer, social-media-affiner Leser*innnen eigentlich noch näher beleuchten, warum diese Entwicklung so dramatisch sein kann?
Eigentlich müssten spätestens jetzt auch diejenigen aufgeschreckt sein, die eine Blattproduktion auch aus wirtschaftlichen Aspekten beleuchten. Denn niemand, insbesondere auch die Redaktion der OR-Redaktion, wünscht sich eine Stadt ohne eigene Tageszeitung in Print- wie Online-Format und engagierte Redaktionen in einzelnen Sparten.
Einer der Betroffenen, den wir fragten, sagte dies: Es gebe Autor*innen von Artikeln, die bereits bei der Ankündigung ihres Beitrags gesagt bekommen „Ich möchte aber nicht wieder lesen, dass …“ Die weitgehende Unabhängigkeit von Berichterstattung, Recherche und Meinung scheint danach also wie im alten Rom nicht gerade selten von erhobenen oder gesenkten Daumen der Menschen auf der Empore abzuhängen.
Neue Tochter dirigiert am Götterhimmel der Eisheiligen
Durch interne Ablaufänderungen sind Autorinnen oder Autoren eingesandter Beiträge nicht einmal mehr sicher, was daraus in der altbekannten Printausgabe wird. In welcher Länge, mit welchem Inhalt und mit welchen Überschriften Beiträge präsentiert werden, entscheiden am Ende wenige Macher*innen der neu gegründeten Gesellschaft NOZ/mh:n PAGE GmbH. Jene wiederum sollen offiziell zwar nur Seiten gestalten, müssen aber, so unsere Infos, hier in allererster Linie offenkundig auch Vorgaben der Chefetage befolgen.
Arbeitsintern gibt es ein radikales Umkrempeln von Arbeitsverträgen. In anderen Zeitungen noch gültige Tarife sind bei der NOZ schon lange Fehlanzeige. Mit der Gründung der neuen Tochtergesellschaft bündelt die Unternehmensgruppe NOZ/mh:n MEDIEN ihre Kompetenzen in der Printproduktion – von der redaktionellen Planung bis zur technischen Umsetzung.
Seit dem 1. Juni 2025 fasst die neue Gesellschaft alle wesentlichen Kompetenzen der redaktionellen Produktion somit unter einem Dach zusammen – von der Blattplanung über die inhaltliche Konzeption bis hin zur technischen Umsetzung – und entmachtet die eigentlichen Beitragsautor*innen von der finalen Präsentation dessen, was diese wichtig gefunden hätten. Schon mal bemerkt, dass Artikelinhalt und Überschrift zuweilen deutlich auseinanderklaffen? Seit PAGE hat dies durchaus eine Art Methode.
Einher geht alles mit neuen, tarifrechtlich zukünftig offenbar viel schlechteren Arbeitsverträgen. Aktuelle Kolleg*innen, die zur Page gegangen sind, haben ihre arbeitsvertraglichen Rechte und Gehälter – auch infolge eines massiven Einsatzes des Deutschen Journalistenverbandes – noch mitnehmen können. Für neue wird dies schwieriger. Wer sich als widerborstig zeigt, dem oder der droht eine „Strafversetzung“ in redaktionelle Gefilde, in welche nur wenige der Betroffenen unter normalen Umständen wechseln würden.
Als erklärte Rot-Grüne könnten Schreiber wie die Autoren dieses Beitrags genüsslich die Hände reiben – getreu dem Motto: „Dann wechselt als Lesepublikum doch zu uns oder zu allen anderen Medien, denen eine demokratische, soziale und ökologische Entwicklung am Herzen liegt!“ Unabhängig davon, dass wir uns nicht aus Versehen als Magazin bezeichnen, da wir die Arbeit einer Tageszeitung gar nicht leisten können und wollen.
Triumphgefühle oder abgenudelte Sätze wie „Das haben wir doch schon immer so gesagt“ helfen allerdings nicht weiter. Denn angesichts des weltweiten Erstarkens rechter Tendenzen bleibt Wachsamkeit die oberste Maxime: Wehret den Anfängen!
Clasenkampf trotzt der „Häme“ gegen Trump
Sollte Trump noch einen deutschen Laudator zur Erlangung des Friedensnobelpreis benötigen, schlägt ihm die KOZ-Post jetzt ganz feierlich NOZ-Haudrauf Michael Clasen vor. Denn falls Trumps aktuelle Versuche scheitern, das norwegische Votum des dortigen parlamentarischen Auswahlgremiums etwa über günstige Zölle für die Nordländer einzusacken, wäre der Osnabrücker Friedenskämpfer für Recht und Ordnung vielleicht „die letzte Patrone“, die sich für die absurde Egatterung der begehrten Trophäe abschießen ließe.
Auch aktuell zeigt sich der erklärte Trump-Versteher Michael Clasen wieder begeistert für seine Mission. „Trump will Frieden, aber was wollen Merz und Selenskyj?“ überschreibt der NOZ-Kämpfer gegen alles Linksverdächtige am 19. August seinen Kommentar, der bereits in seiner Überschrift Zeugnis über die Denkweise des NOZ-Rechtsaußen ablegt. Originalton seines Traktats:
Trump zeigt damit klare Führung und scheint das Kunststück vollbracht zu haben, von Putin als Friedensvermittler akzeptiert zu werden. Dies ist bemerkenswert, da die USA, insbesondere unter der Biden-Administration, erheblich zur aktuellen Lage auf dem Schlachtfeld beigetragen haben.
Geht es noch? Erheblich „zur aktuellen Lage auf dem Schlachtfeld beigetragen“ hat doch wohl eher Diktator Putin, oder? Zwar räumt Clasen ein, dass jener „diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begonnen hat“, aber was folgt daraus? Wieso nennt Clasen nicht die beharrliche Weigerung Putins, einen Waffenstillstand vor jeglichen Friedensgesprächen erst einmal zu ermöglichen?
Zugegeben: Auch Sozialdemokrat Rolf Mützenich wurde seinerzeit von Befürworter*innen massivster Aufrüstung – von CDU-Kiesewetter über Markus Lanz und Carlo Masala bis zu Frau Major – beharrlich des Verrats gegeißelt und, völlig irre, als „Putin-Versteher“ denunziert. Mittlerweile ist die Forderung nach einem Waffenstillstand sogar NATO-Position. Nur eben nicht die des Aggressors Wladimir Putin, der brutaler denn je die ukrainische Zivilbevölkerung mit Bomben und Granaten in deren Wohnviertel terrorisiert und täglich Menschen umbringt.
Clasen befremdet von „unverständlicher Häme“ gegen Trump
Clasen wiederum versteht die Welt nicht mehr, wenn er auf Trump-kritische Medien blickt. Kostprobe: „Gleichzeitig überziehen bis heute Teile der Medien den US-Präsidenten mit unverständlicher Häme, die befremdet.“
Nur zur Erinnerung: Die angeprangerte „Häme“ speist sich ja keineswegs aus aktuell diskutablen Versuchen Trumps, über seine guten Drähte zu Diktator Putin zum Frieden im Ukraine-Krieg beizutragen. Die allermeiste „Häme“ gegen Trump resultiert tatsächlich aus dessen täglichem Lügenembargo und Faktenverdrehungen, herausgepustet von ihm selbst, von seinen Vasallen, von rechtsextremen Mainstreams oder über willige Social-Media-Agitatoren. Die Methode Trump basiert auf dem täglich neuen Versuch, demokratische wie rechtssaatliche Prinzipien der USA auszuhebeln. Alles begleitet vom stumpfen Leugnen der globalen Klimakrise, die den gesamten Erdball rasant weiter in die Katastrophe führt.
Auch weitere Stichworte wie Selbstamnestie, die Gleichschaltung des Secret Court, künstliche Wahlkreiszuschneidungen zugunsten der Republikanischen Partei, die Freilassund und Ehrung von Capitolsturm-Putschisten bis hin zum Aufmarsch der Nationalgarde gegen missliebige demokratische Bundesstaaten sind bedrohlich. Sie sollten eigentlich auch konservativen Demokraten den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Bei Clasen nicht. Bei ihm scheint jener Kampf gegen das tief verhasste „Woke“ eher Euphorie auszulösen und in missionarisch anmutende Jubelartikel einzumünden.
Und falls Trump wider Erwarten tatsächlich ein vollumfänglicher Friedensengel sein soll, darf man da, wie Clasen, isoliert allein auf den Ukraine-Krieg blicken? Wer glaubhaft Kriege ächten und Aggressoren in den Arm fallen will, muss dies weltweit tun – oder sollte lieber schweigen.
Wo Trump zigtausende von Menschenleben egal sind, ist dies keine Erwähnung wert
Zur vollständigen Wahrheit gehört: Misst nicht gerade Trump mit zweierlei Maß? Brennt es nicht auch andernorts in der Welt? Und warum sagt Clasen dazu nichts, wenn er über „Häme“ gegen Trump philosophiert?
Im Gaza-Streifen unterstützt Trump aktuell den menschenverachtenden Massenmörder Netanjahu und negiert viele zehntausende unschuldige zivile Todesopfer, Männer, Frauen und Kinder, der israelischen Rechtsaußenregierung. Schlimmer noch: Trump teilt Netanjahus völkerrechtswidrige Siedlungspolitik im Westjordanland und das Ziel einer ethnisch begründeten Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung – von dort wie im Gaza-Streifen.
Diese menschenverachtende Politik ist sogar noch ins Makabre zu steigern: Trump und Netanjahu, beide wollen die Gaza-Küste, zynischer geht es nicht, in eine Riviera des Nahen Ostens verwandeln. Wahrscheinlich mit protzigen Villen an den Stränden, in denen wenige der tolerierten palästinensischen Menschen als willige Arbeitssklaven den milliardenschweren Villenbesitzern aus Trumps und Netanjahus Oligarchie die Parks pflegen.
Wann gehen Trump-Versteher wie Clasen eigentlich mal auf dessen Totalstopp aller humanitären Hilfen der Entwicklungszusammenarbeit ein, die vermutlich allein im südlichen Afrika Millionen von Aidskranken aufgrund verweigerter Medikamente das Leben kosten dürfte?
Kurzum: Clasens unaufhörliche Lobpreisung des US-Präsidenten speist sich aus Rosinchen, die er akribisch aus einem längst verdorbenen Brei demokratie- und menschenfeindlicher Trump-Politik fischt. Prost Mahlzeit! Würg … Kozpost