Ich bin der schreibende Igel in der OR-Redaktion und verantwortlich für das Projekt „Das isso! Muss man wissen!“. Gepackt hat mich die Schreiberei, weil ich mich vor einiger Zeit dem Lesen einer quälenden Lektüre unterworfen habe. Sie nennt sich mit Zweitnamen ebenfalls „Post“, ist auch online unterwegs und besitzt als Vornamen nicht mich, sondern den eines hastig nagenden Langohrs. Ein Igel ist bekanntlich viel schneller und cleverer als dieser stets gehetzte Vierbeiner, der bei jeder Gelegenheit vor vermeintlich grünen Jägern oder roten Reitern in kopflose Panik gerät. Aber anstatt sich zu verziehen, plustert er sich dummdreist auf, und wenn jemand so aufgeblasen daherkommt, steche ich gern zu.
IGELPOST – die Online-Satirebeilage der OR – 2/24 – 3. Jahrgang
Die neue Igelpost – von Mal zu Mal billiger
Möser-Droschke nach Unfall mit Totalschaden!
War ein Grüner beteiligt?
Normalerweise steuert die Hasenpost wenig dazu bei, dass ich meinen verdienten Winterschlaf durch Parolen des Osnabrücker Kampforgans Ewiggestriger und Vorurteilsbeladener unterbrechen müsste. Die ewige Hetze gegen alles, was in Hasenaugen rot-grün erscheint, kennen wir zur Genüge.
Wüste, mit Schaum vor den Hasenbeißern hinausgepfefferte Schimpftiraden gegen den Stadtbaudezernenten gehören längst zum schlechten Ton, auch altbekannte Vorurteile gegenüber moderner Kunst sind wir schon dermaßen gewohnt, dass man das Lesen aller Hasspost-Kommentare auf Überschriften zusammenschrumpfen könnte. Das sparte jede Menge Zeit für Sinnvolles, für Schlaf beispielsweise.
Ich weiß nicht, wie es euch dabei geht. Mich jedenfalls macht Hasenzorn mittlerweile eher müder als wach. Als Beweis dafür erscheint demnächst eine Igelpost, in der wir die vor absurden Stereotypen strotzenden Kommentare des Hasen und seines blindwütig mösernden Gehilfen der letzten Monate des vergangenen Jahres Revue passieren lassen. Glaubt uns: ätzende Langweile pur. Wie lange schon kommt da nichts Neues mehr? Oder etwa doch?
Hase rügt Untoten, wenigstens ein bisschen …
Jetzt aber ist es ausgerechnet dem untoten Pseudo-Möser gelungen, meine verdiente Winterruhe zu stören. Was niemand erwartet hätte: Der Ideologe mit dem Innovationsgeist einer verschütteten Gruft aus dem 18. Jahrhundert hat sich selbst übertroffen! Was war passiert? Wolfgang Niemeyer alias Justus Möser, Ex-BOB-Pressesprecher und Möchtegernkolumnist der Hasepost, hat es tatsächlich geschafft, Osnabrücks großartige Kundgebungen, Manifestationen und Demos gegen Rechts dermaßen verzerrt in die grenzdebile Pfanne ultrarechter Wahrnehmung zu hauen, dass sich selbst Hasenpost-Chef Heiko Pohlmann in seinem Vorwort gezwungen sieht, vorsichtig auf Distanz zum Gruft-Ideologen zu gehen.
Richtig gelesen? Tatsächlich! Und man glaubt, seinen Augen nicht zu trauen:
„… Zustimmung wird womöglich aus einem (politischen) Lager kommen, dem ich mich nicht zugehörig fühle und von dem ich mich bereits jetzt distanziere“, schickt Heiko Pohlmann seinem sonst hofierten Wut-Möser voran. Er wagt dies, bevor jener seinen Sermon mit dem üblichen „Guten Abend“ beginnen darf. Pohlmann wäre aber nicht Pohlmann, wenn er die ultrarechte Seite seiner Fanbase nicht auch mit ein paar süßen Stückchen braunen Zuckers bediente. Kostprobe (O-Ton):
„So wurde der Begriff ‚Deportation‘, wie er in der Resolution des Osnabrücker Stadtrates im Zusammenhang mit dem Potsdam-Treffen genannt wird, tatsächlich auf dem Treffen in einem Potsdamer Hotel nicht verwendet – das mussten inzwischen u.a. auch Correctiv selbst und das Rechercheteam der ARD einräumen, …“, klopft er seinem untoten Nach-Kommentator am Ende doch wieder versöhnlich auf die klapprigen Schulterblätter.
„Deportation“ – eine übertriebene Wortwahl?
Deportation? Nur zur Erinnerung: Die deutschen Nazis hatten auch immer nur von „Arbeitslagern“ und „Transporten“ gesprochen, wenn sie Vernichtungslager meinten. Auch die Gettos, die braune Rassisten angelegt hatten, sollten nach außen wie friedliche Varianten von Stadtteilen wirken, in denen die darin eingesperrten Menschen eben „unter sich“ blieben. Jahrelang hatten nationalsozialistische Propagandaschreiber auch nur von „freiwilliger Ausreise“ geschwafelt, wenn sie Jüdinnen, Juden und Andersdenkende mittellos über die Grenzen gejagt haben. Alle, die sich nur minimal mit der Geschichte befassen, wissen, dass derartige Maßnahmen zum Schluss glasklare Deportationen waren, obwohl sie lange Zeit nie so hießen. Aber kann man in Hasenpost-Kommentaren der Hauptideologen historisches Wissen erwarten?
Im makabren Sinne wäre es wohltuend gewesen, sich weiter mit gewohnten Weisheiten eines Heiko Pohlmanns auseinanderzusetzen. Denn was seinen Zeilen aus der muffigen Feder Pseudo-Mösers folgt, toppt den Hasenpost-Chef tatsächlich um Längen. Pohlmann erscheint dagegen geradezu als lupenreiner Demokrat, wenn auch nur mit einem ausgeprägten Hang zur Grobrhetorik.
Möser 2.0 – verdeckt im Ratssitzungssaal
Was war geschehen? Der Untote hatte sich tatsächlich in die Möser-Wirkungsstätte des 18. Jahrhunderts, also in das örtliche Rathaus begeben. Ob im Gruft-Outfit oder unsichtbar – das tut hier nichts zur Sache. Dort im alten Rathaus ist offenkundig passiert, was biologisch unmöglich ist: Ein Untoter wurde noch bleicher als zuvor! Schuld daran war die – allein mit Enthaltung des AfD-Vertreters einstimmig beschlossene – Ratsresolution gegen Rechts.
Möser 2.0 wittert im Text seither Furchtbares. Kostprobe: „Nun also kam, was zu erwarten war: die Manifestierung des grünen Parteiprogramms in Wortform.“
Äh? Blicken wir auf den angeprangerten Text, dessen Einleitung den weiteren Geist der Lektüre wiedergibt: „Osnabrück ist bunt und vielfältig. In unserer Stadt leben, arbeiten und lernen Menschen aus über 140 Ländern friedlich zusammen.“ Und weiter: „Unsere Stadtgeschichte ist maßgeblich von Zuwanderung geprägt. Ohne sie wäre Osnabrück nicht das, was es heute ist.“
Zum Schluss heißt es: „Der Rat der Stadt Osnabrück stellt sich vor seine Bürgerinnen und Bürger. Niemand in unserer Stadt und in unserem Land, egal welcher Herkunft, muss Angst haben vor Deportation, Verfolgung und Unterdrückung. Wir verteidigen das Grundgesetz, seine Werte und die der Friedenstadt gemeinsam und solidarisch. Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Im Ernst: Sagen das etwa nur Grüne? Müssen wir ernsthaft daran erinnern, dass alle demokratischen Ratsfraktionen, die CDU-Oberbürgermeisterin wie auch Menschen der Stadtverwaltung gemeinsam am Resolutionstext mitgewirkt haben?
Selbsternannter Kronzeuge „demokratischer Legitimation“
Egal. Der Denker aus Mösers Gruft geifert weiter und kann sich offenkundig nicht einkriegen. So klingen seine Worte aus der voraufklärerischen Mottenkiste:
„Die Deklaration von Osnabrück als ‘sicheren Hafen’ und das Bekenntnis zum Leitbild einer rigorosen ‘offenen Willkommenskultur’. Standardpositionen der ‘Seebrücke e.V.’, einer Flüchtlingsorganisation, die keinerlei demokratische Legitimation besitzt. (…) Dazu das Betonen der Vorbildfunktion eines ‘Runden Tisches der Religionen’ als einzig zulässige Form des Dialoges und der öffentlichen Kommunikation.“
Geht es noch? Die „Seebrücke“, die Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken rettet, wohl auch der „Runde Tisch der Religionen“, der Angehörige aller in Osnabrück relevanten Glaubensrichtungen zusammenführt, sie alle besitzen keine demokratische Legitimation? Und was ist mit dem „Eckigen Tisch der Atheisten“? Müssen sie erst als Liste bei Wahlen antreten, um dann, mit Parlamentssitzen ausgestattet, „demokratische Legitimation“ zu besitzen? Soll das wirklich im Namen eines verstaubten Ideologen definiert werden, der zu Lebzeiten Demokratie verabscheute und stattdessen Leibeigenschaft als tolle Idee empfand?
Wüterich entlarvt Spaltungsversuch
Zurück zum Wüterich. Der Gruftsprech ist mit seinem Latein noch lange nicht am Ende. Wenn Untote erst einmal in Fahrt kommen, dann so richtig. Besonders in Rage scheinen ihm sachlich richtige Bemerkungen zum mittlerweile hohen Anteil von Osnabrückerinnen und Osnabrückern mit Migrationshintergrund zu bringen. Gab es ja auch im 18. Jahrhundert noch nicht – wenige „Mohren“ als Leibdiener ausgenommen. Egal. An besagter Stelle geifert der selbsternannte Rächer der Entehrten und Beleidigten besonders:
„Hier wird auf billigste Art und Weise die Osnabrücker Bürgerschaft gespalten. In oberlehrerhafter Diktion versuchen die Verfasser dieser Resolution den Eindruck zu erwecken, als gäbe es so gut wie keine eingefleischten Osnabrücker Bürger mehr.“
Hä? Wo soll das stehen? Wer behauptet so etwas? Wieso stochert ein untoter BOBler mit dem Möser-Krückstock blindlings im Nebelmeer herum? Und was genau sind eigentlich „eingefleischte Osnabrücker Bürger“? Und wieso nur Bürger? Es heißt doch bestimmt „Bund Osnabrücker Bürger*innen“, oder etwa nicht?
Oder wollte Niemeyers Möser nur die beiden BOB-Ratsmitglieder kritisieren, diese Ratsresolution für Demokratie, Solidarität und Vielfalt mit unterschrieben zu haben, obwohl der BOB-Vorsitzende, ein gewisser Dr. Steffen Grüner, der stellvertretende Vorsitzende der niedersächsischen Werteunion ist? Diese Werteunion, von der sich wichtige Mitglieder mit der AfD und faschistischen Identitären an einen Tisch setzen, hat mit ihrem rechtradikalen Wirken immerhin entschieden dazu beigetragen, dass Millionen Menschen auf die Straße gehen und sogar Resolutionen verfassen.
Ein Grüner in der WerteUnion? Kann man sich nicht ausdenken. Hier auf dem Wimmelbild der Mitgliederversammlung der WU am 20.01.2024 in Erfurt, auf der u. a. die „Abspaltung von den Unionsparteien“ erklärt wurde. Vier Reihen direkt hinter Maaßen der BOB-Vorsitzende Grüner – Quelle: X-Account Hans-Georg Maaßen.
Als das Ratsmitglied Kalla Wefel vor der Abstimmung auf diese Tatsache hinwies und klarstellte, eine Unterschrift der BOB-Fraktion unter diese Resolution sei auch wegen des Verhaltens von Bobbyisten im Internet unglaubwürdig, wurde dies von Seiten der CDU und OB Katharina Pötter eher als Unruhestörung denn als Aufklärung gewertet. In der NOZ hingegen wurde dieser Vorfall erst gar nicht erwähnt, während das BOB-Zentralorgan den wahren Grund, nämlich Grüners Mitgliedschaft in der WerteUnion, bei der Berichterstattung einfach außen vor ließ.
Geisterfahrer aus der Gruft
Am Ende seiner Tiraden ist der Federkieltexter dermaßen in Fahrt, dass ihm bei seinen Formulierungen wohl selbst schon schwindelig wird. Völlig aus der Bahn geraten, irrt er richtungslos zwischen links und rechts durch sein Leib- und Magenorgan. Originalton:
„Wenn im Osnabrücker Schlossgarten gegen rechts demonstriert wird, demonstrieren die Demonstranten dann nicht auch gleichzeitig gegen links? Und was wäre die Resolution des Osnabrücker Stadtrates, die erkennbar linke Positionen vertritt, dann eigentlich noch wert? Und warum stimmen alle Ratsmitglieder (außer dem AfD-Vertreter) einer erkennbar grün-linken Resolution ohne nähere Prüfung bedenkenlos zu? Ich frage für einen Freund!“
Der inflationäre Spruch „Ich frage für einen Freund!“ ist an Einfältigkeit nicht mehr zu überbieten, da fehlt nur noch „Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten“. Immerhin scheint er ja einen Freund zu haben. Egal, lassen wir die Empörung über Pseudo-Mösers Weisheiten – denn ist von jemandem etwas Sinnvolles zu erwarten, der offenbar auf den Namen eines Obrigkeitsideologen des 18. Jahrhunderts, der nie für „demokratisch Legitimes“ eingetreten ist, auch noch stolz ist? Anscheinend weiß er es einfach nicht besser.
Und woher soll der Hase wissen, was ein Grüner ist oder was Untote bar jeder KI-Unterstützung aus einer Gruft umtreibt? Sein Name ist und bleibt nun mal Hase und der weiß auch hier wieder einmal von nichts.