Liebe OS-Kids,
zum Glück liebe auch ich es, ab und an zu schleichen! Doch natürlich nicht bäuchlings auf der Erde, so, wie eine Blindschleiche. Ich meine an dieser Stelle die gemütliche Geschwindigkeit, mit der ich oft im Wald und in der Natur unterwegs bin. Wäre das nicht so, hätte ich diese wunderschöne Schleiche auf dem Waldweg sicher übersehen. Und das wäre sehr schade gewesen, weil ich euch sonst nicht darüber berichten könnte. Schaut euch nochmal das Beitragsbild an, seht ihr, wie schön die Blindschleiche in der Sonne glänzt?
Spannende Fakten
Der lateinische Name lautet: Anguis fragilis und bedeutet übersetzt: „zerbrechliche Schlange“. Na nu? Dieser Name führt ja genauso in die Irre, wie ihr Aussehen. Denn obwohl sie auf den ersten Blick einer Schlange zum Verwechseln ähnelt, ist die Blindschleiche eine Echse ohne Beine (und Arme). Wenn die Schleiche aber mal zum Tierarzt gehen – äh schleichen würde und dort ließe der ein Röntgenbild machen (ihr wisst schon, ein Foto von den Knochen) dann könnte ihr der Arzt anhand ihres Skeletes zeigen, dass ihre Ur-Ur-Urahnen Gliedmaßen, also Arme und Beine hatten. Die Verwandtschaft aus der Dinosaurierzeit dürfte ihr aber ziemlich egal sein, denn sie kommt bestens zurecht.
Schlangen und doppelte Nasen
Im Vergleich zu Schlangen ist die Blindschleiche etwas langsamer, das liegt an den Knochenplättchen, die sich unter ihren Schuppen befinden. Eine Schleiche macht ihrem Namen eben alle Ehre und schleicht am liebsten gemächlich, es sei denn, sie muss sich vor Fressfeinden in Sicherheit bringen. Weitere Unterschiede zu Schlangen sind: Sie hat Augenlieder, kann also blinzeln und beim Züngeln muss sie den Mund etwas öffnen. Das Züngeln selbst (einfacher formuliert: zusätzliches Riechen mit der Zunge) ist wiederum eine Gemeinsamkeit mit Schlangen, Eidechsen und anderen Reptilien. Sie besitzen eine Art Super- oder „Doppelnase“, wie mein Drache Valentin nun sagen würde. Egal, wie man den weiteren Geruchserkenner (in Fachsprache übrigens: Jakobsonsches Organ) nennen mag, da man am Boden zumeist nicht sonderlich weit sehen kann, ist diese praktische Superkraft perfekt für alle, die hier schleichen, kriechen oder schlängeln.
Extrawissen: auch Katzen, Hunde, Pferde und weitere Tiere besitzen dieses Organ und somit Supernasenkräfte.
Zerbrechlich
Der erste Teil des lateinischen Namens, „anguis“, bedeitet Schlange und ist also nicht richtig. Der zweite Teil, „fragilis“, aber heißt zerbrechlich und das kann man als passend bezeichnen. Denn zerbrechlich ist die Schleiche in der Tat. Falls sie nicht schnell genug entkommen kann, hat sie einen super Trick; sie wirft ihr Schwanzende ab. Das zappelt herum und lenkt die Aufmerksamkeit des Räubers darauf. Die Blindschleiche kann sich in Sicherheit bringen. Eidechsen wenden diesen Trick auch an, bei denen wächst aber ein neuer Schwanz heran. Bei der Blindschleiche bleibt ein Stumpf zurück. Deswegen solltest du es vermeiden, die Blindschleiche hochzunehmen oder hinten am Schwanz zu ziehen, wäre doch schade, wenn sie dann vor lauter Schreck ein Stück von ihrem Hinterteil einbüßen müsste. Das kann sie sich schließlich besser für die Begegnung mit einem ihrer Fressfeinde aufheben. Davon hat sie jede Menge; alle größeren Vögel, Igel, Fuchs, Dachs, Iltis, Schlangen, Wildschweine und sogar die Erdkröte, um hier mal einige zu nennen.
Versuche fünfmal hintereinander schnell den folgenden Zungenbrecher zu sagen:
Sieben schleichende Schleichen schleichen um sieben schlüpfende Schleichen herum.
Woher kommt die deutsche Bezeichnung Blindschleiche?
Die Blindschleiche wurde früher auf Althochdeutsch Plintslicho genannt. Das Wort plint steht für blenden, leuchten und funkeln, was sehr treffend ist, denn wie alle wechselwarmen Tiere kann die Schleiche ihre Körpertemperatur nicht alleine regeln, so wie unser Körper das kann. Sie braucht die Sonne um sich aufzuwärmen und natürlich auch ein schönes Schattenplätzchen um sich gegebenenfalls abzukühlen. Im Schatten haben wir Menschen kaum eine Chance sie zu entdecken, im Laub oder Dickicht ist sie perfekt getarnt. Die einzige Chance, sie zu entdecken, ist, wenn sie auf einem Weg oder einem anderen gut einsehbaren Ort ein Sonnenbad nimmt. Da dabei das Sonnenlicht auf ihren kupferfarbenen Körper fällt, scheint sie zu leuchten oder eben zu blenden. Deshalb haben die Leute ihr früher diesen eigentlich sehr verdienten Namen gegeben. Aber wie vieles andere auch, verändert sich die Sprache im Laufe der Zeit. Irgendwann wurde aus Plint blind und aus slicho schleiche; eine Blindschleiche, die trotz ihres Namens sehr wohl sehenden Auges durch die Welt zu schleichen vermag.
Kurzer Steckbrief:
Name: Blindschleiche (Anguis fragilis)
Familie: Schleichen, Großfamilie: Echsen, übergeordnete Art: Reptilien
Vorkommen: verbreitet in ganz Europa, bevorzugt in Mischwäldern
Länge: zwischen 40 und ca. 55cm
Alter: kann in Gefangenschaft über 50 Jahre alt werden (wow!)
Nachkommen: durchschnittlich 8 bis 12 Jungtiere pro Wurf und Weibchen; sie kommen in durchsichtigen Eihüllen zur Welt, die kurz nach der Geburt zerreißen
Besonderheit vor der Partnerwahl: die Männchen sind ausdauernde Ringkämpfer
Lieblingsspeise: Schnecken und Regenwürmer
Lieblingsjagdzeit: die frühen Morgenstunden und die Dämmerung
Fressfeinde: viele! Eigentlich fast jedes Tier, was größer ist und ein hungriges Maul oder einen harten Schnabel hat (oje!)
Andere Gefahren: schwindender natürlicher Lebensraum und Reifen jeglicher Art (Auto/Forstfahrzeug/ Fahrrad)
Den Winter: verbringen Blindschleichen mit mehreren Artgenossen zusammen in frostgeschützten Erdlöchern, ist aber dennoch nicht viel los in den WG’s, die Tiere befinden sich in der Winterstarre
Sie freut sich über: Holzstapel, unaufgeräumte Gartenecken, Komposthaufen
So, nun seid auch ihr echte Experten, was diese bei uns heimischen und besonderen Tiere angeht. Es folgt ein Video mit mir, einer Blindschleiche und meinem Drachen Valentin. Wenn ihr alles gelesen – beziehungsweise euch vorlesen lassen habt, werdet ihr die von Valentin gestellte Rätselfrage mit Leichtigkeit beantworten können.
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Bleibt gesund, neugierig und fröhlich!
Eure Tina Birgitta Lauffer