Freitag, 29. März 2024

Töne um Vergebung in der Gedenkstätte Augustaschacht

Die Gedenkstätte Augustaschacht wurde wenige Tage nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine zum Spielort der Benefizveranstaltung „Töne um Vergebung“ von dem Cellisten Willem Schulz. Der Erlös ging an geflohene Menschen aus der Ukraine.

In einer Mischung aus Lesung und Musizieren performte Willem Schulz mit seinem 40 Jahre alten Cello verschiedene Impressionen und Lieder, die seine Spurensuche nach der Herkunft seines Cellos illustrierten. Er wuchs auf mit dem Cello seines Vaters, der in seiner Kindheit oft damit gespielt hatte, bis er sich ein neues kaufte und das Cello Willem Schulz schenkte. Erst durch Nachfragen und Recherchen erfuhr der Musiker, dass sein Vater im Zuge eines Einsatzes als deutscher Soldat im Zweiten Weltkrieg das Cello in einer Musikwerkstatt in der französischen Stadt Saint Quentin erbeutet hatte. Dieses Wissen ließ ihm keine Ruhe, bis er schlussendlich beschloss, die Herkunft des Cellos zu ergründen und sich auf die Suche nach Vergebung zu machen.

Gerade in der heutigen Zeit, in der wieder ein Angriffskrieg in Europa geführt wird, traf die Geschichte von Willem Schulz auf große Resonanz im Publikum. In kurzen Lesungen berichtete er von der Suche nach den Menschen in Frankreich, die das Cello ursprünglichen besaßen. Dabei nahm der Cellist das Publikum auf eine musikalische und poetische Reise durch Frankreich mit verschiedenen Charakteren und Begleitpersonen, welche ihm bei seiner Suche halfen. Während der gesamten Reise führte er sein Cello mit und spielte an verschiedensten Orten wie einem Dom, auf einer Straße oder im Inneren eines umgebauten Frachtschiffes. Durch das Erklingen seines Cellos an diesen verschiedenen Orten der Begegnung wollte er um Verzeihung bitten. Es gelang Schulz tatsächlich im Laufe seiner Reise, die Familie des Cello-Vorbesitzers ausfindig zu machen, und er durfte auch für dessen Kinder auf seinem Cello spielen. Alle Anwesenden waren von dieser Geste sehr berührt und entwickelten eine Konzertidee zusammen, die aufgrund der Coronapandemie noch nicht umgesetzt werden konnte.

Im Anschluss an die Lesung mit Musik entstand eine angeregte Diskussion zwischen Publikum und Künstler. Die große Bedeutung von offener Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte und die notwendige Arbeit, die hinter Vergebung steckt, wurde dabei immer wieder betont.

Durch Spenden konnten zweihundert Euro eingenommen werden, die der Enkelin einer ehemaligen Zwangsarbeiterin aus der Ukraine und deren zwei kleinen Kinder zukommen wird. Sie konnten vorerst nach Osnabrück fliehen und mit Hilfe der Gedenkstätten eine Unterkunft finden. Ganz im Zeichen der vom Landkreis Osnabrück geförderten Veranstaltung konnte somit einer Familie geholfen werden, deren Großmutter in Osnabrück während des Nationalsozialismus Opfer von Zwangsarbeit wurde.

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