Lagerhalle wird zur »Voodoo Lounge«

Rolling Stones Coverband begeistert Publikum in Osnabrück

Als »Europes Greatest Rolling Stones Show« angekündigt konnte sie am Samstag auf die Bühne der Lagerhalle losgelassen werden: die sechsköpfige Band »Voodoo Lounge« aus Braunschweig. Endlich – nachdem ihr Auftritt coronabedingt zweimal verschoben werden musste. Coverbands müssen damit leben, dass ihre Auftritte mehr oder weniger mit Skepsis begleitet werden. Zu groß oft Aura und Werk der Originale. Das gilt für die Stones allemal. Dementsprechend zwiegespalten sind die Erwartungen auch beim Osnabrücker Publikum, das sich am Samstagabend in die Musikhalle am Heger Tor aufgemacht hatte.

Und schon geht´s los mit dem »Street Fighting Man«. Auf die Minute pünktlich um 20 Uhr. Ein Blick über die dichten Reihen und man ahnt, dass die meisten der versammelten Fans weit vor Mitternacht konditionsmäßig am Limit sein werden. Weil aber der Ruf der legendären Vorbilder immer noch generationsübergreifend zu wirken scheint, drücken ein paar U40er zwischen den Best-und Silver-Agern das Durchschnittsalter auf gefühlt 59.

Trotzdem, die Woodstock-Generation ist hier eindeutig am Drücker und soll mit dem Opener wohl dran erinnert werden, dass sie einen nicht unerheblichen Teil ihrer Zeit auf Demos verlebt hat. Natürlich sind alle gespannt auf den Frontmann, gespielt von Bobby Ballasch. Nur bei den ersten Takten könnte man den Eindruck bekommen, man sei bei einer Karnevalssitzung, so wie der erstaunlich gelenkige Mick-Jagger-Stuntman sich windet, auf der Stelle im Stakkato trippelt, den Mund dehnt und Zähne zeigt. Man muss Angst haben, dass er nicht über eine Monitorbox stolpert oder den Gitarristen neben sich umstößt. Aber dazu ist er zu routiniert. Schnell wird klar, der Mann macht das wirklich gut. Nicht nur er. Herausstechend Janek Balke, der den Keith Richards gekonnt persifliert und ausschaut wie der junge Mick Taylor. Eine weitere Hommage im Setting ist das reduzierte Drumset, das Eric Laabs ähnlich reserviert bedient wie bis vor Kurzem Charly Watts (RIP). Drei Trommeln, drei Becken. Reicht!

Angereichert durch Dennis Czerner (Gitarre, Lap Steel), Immo Beuse (Bass) und Dirk Wachsmuth (Orgel, Piano) präsentiert sich eine Band, deren Repertoire nicht aufs Nachmachen beschränkt bleibt, sondern eigene Akzente setzen kann, ohne den typischen Stones-Sound zu vermixen. Das spürt und hört man besonders bei den älteren Stücken aus den Sechzigern. Große Klasse der »Midnight Rambler« mit dem Jagger-Double an der Mundharmonika.

Den Leuten im Saal gefällts von Hit zu Hit besser. Man merkt, wie sie Spaß haben, sich zu bewegen, im Rhythmus zu klatschen sowie – natürlich – Refrains mitzusingen und schließlich zu jaulen und zu juchzen (»Sympathy for the Devil«). Herrlich inkorrekte Verse aus »Under my Thumb«, »Brown Sugar« oder »Honky Tonk Women«, der fiktiven Ur-Mutter aller abgebrühten Schlampen. Dazu »Sister Morphine«, das den quirligen Bobby schon früh zum Kiffen verführt habe. Egal, wichtiger ist, dass er den Jagger-Move zehnmal besser hinkriegt als Maroon 5 oder Christina Aguilera. Deshalb kann man der Augsburger Allgemeinen Recht geben: Aus einer gewissen Distanz würde man kaum unterscheiden können, wer denn nun der wahre Jagger sei.

Die Stimmung überträgt sich von der Rampe aufs Parkett. Ganz nach Geschmack von Mick alias Bobby, der verrät, dass das Spektakel als interaktives Konzert gedacht sei. Bemerkungen, die zeigen, wie die Band ihre Rolle sieht, dass den sechs coolen Buddys immer bewusst ist, dass sie nicht die Stones sind, sondern sie nur spielen. Aber das mit ganzer Hingabe.

Die Zugabe ist nicht obligatorisch, sondern wird zu Recht vielstimmig gefordert.

Mit ihr kommt »Angie« zum Zuge, und erinnert daran, dass Stones-Fans nicht genuin männlich sind. Die Jungs von Voodoo Lounge wissen das und schenken den Ladies eine Version zum Ankuscheln.

Am Ende die große Verbeugung – in einer Reihe, Arm in Arm.

Im nächsten März werden sie ihren Tour-Bus wieder nach Osnabrück lenken. Bis dahin auf ein Neues: »Start me up!«

Fotos: OR / Ralph GehrkeFotos: OR / Ralph Gehrke
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