„Die gegangen sind“ ist ein kleines großes Theaterstück über Milliarden Geschichten im Allgemeinen und über Auswanderungsgeschichten im Besonderen, das aktuell im Osnabrücker emma-Theater aufgeführt wird.
Die Vorlage zu „Die gegangen sind“ stammt von AnaÏs Clerc und Yazan Melhem und ist mit dem Osnabrücker Dramatiker*innenpreis ausgezeichnet worden, der vom Theaterverein Osnabrück e. V. nun bereits zum fünften Mal ausgeschrieben wurde.
„Stell dir vor ….“ – diese drei Worte begleiten die Zuschauerinnen und Zuschauer durch das knapp eineinhalbstündige Stück und versetzen sie in die Lebenswirklichkeiten, in die Geschichten von Menschen, die ihre ursprüngliche Heimat verlassen haben, verlassen mussten.
„Stell dir vor … – du bist Kind und siehst dein Pferd auf einer grünen Weide“ beginnt das erste Kapitel des Buchs, der Geschichte eines Lebens von Milliarden.
„Stell dir vor … – du hast nur noch Sekunden, um dir zu überlegen, was du mitnehmen musst, bevor dein Zuhause im Bombenhagel zu Schutt und Asche zusammenfällt.
„Stell dir vor … – du musst laufen, und laufen und laufen mit deiner kleinen Schwester an der Hand, bis du dann endlich nach Tagen irgendwo angekommen bist, wo du ausruhen kannst.
„Stell dir vor … – was die Überlebenden in deiner Heimat gesehen haben müssen.
Und dann: warten! Warten auf Essen, warten auf ein Boot, warten auf einen Platz im Camp, warten auf dem Amt.
So minimalistisch das Bühnenbild und die Kleidung der Akteurinnen und Akteure auch ist (grau in grau), so beeindruckend ist das Spiel, das sie auf der Bühne zeigen: mal allein, mal im Chor zu dritt, zu viert, zu sechst, mal im schnellen Wortwechsel. Lua Mariell Barros Heckmanns, Otiti Engelhardt, Sascha Maria Icks, Thomas Kienast, Hannah Walter und Manuel Zschunke zeigen ihr ganzes schauspielerisches Können.
Faszinierend und gleichzeitig erschreckend sind die Gedankenreisen, auf die die Autoren AnaÏs Clerc und Yazan Melhem die Zuschauer mitnehmen.
„Stell dir vor …“, dass dies die Aufgabe von Theater, Kunst und Literatur wäre. Aufrütteln und unterhalten, zum Lachen bringen und zum Nachdenken anregen, wie in längst vergangenen Zeiten als Hofnarr den Spiegel vorhalten.
Einfach hingehen: Es gibt für die nächsten Vorstellungen am 04.05.2023, am 18.05.2023 und am 30.05.2023 jeweils und 19.30 Uhr im emma-Theater noch Karten. Tickets: www.theater-osnabrueck.de/spielplan-detail
(Titelfoto: Uwe Lewandowski, von links: Lua Mariell Barros Heckmanns, Hannah Walther, Otiti Engelhardt, Thomas Kienast (hinten), Sascha Maria Icks, Manuel Zschunke)