Osnabrücker Queer-Beirat begrüßt Beratungsstelle – und kritisiert Nicht-Beteiligung des Landkreises
Die Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle für queere Menschen und ihre Angehörigen in Osnabrück, die im August eröffnet werden soll, wird vom Queer-Beirat der Stadt als Schaffung eines wichtigen Schutz- und Begegnungsraumes begrüßt. Auch die Möglichkeit der öffentlichen Beteiligung an der Auswahl des Trägers (die auf den Verein Kompetent und Queer e.V. gefallen ist), lobt der Beirat.
„In einer Zeit, in der Queerfeindlichkeit gesellschaftlich wie politisch zunimmt, ist eine spezialisierte, sichere und professionelle Anlaufstelle wichtiger denn je, wie auch der Ratsbeschluss ‚Queeres Leben in Osnabrück sicherer und sichtbarer machen‘ verdeutlicht.“, teilt das Gremium in einer Pressemitteilung mit. Dabei wird hervorgehoben, dass die Beratungsstelle als erste in Osnabrück gezielt auf die Bedürfnisse queerer Menschen ausgerichtet sei. Die Einrichtung soll queeren Menschen bei verschiedensten Themen zur Seite stehen – von Coming-out über Erfahrungen mit Homo-, Trans- und Interfeindlichkeit bis zu weniger beachteten Aspekten wie queerem Leben im Alter und im Kontext von Flucht und Migration. Auch bei bürokratischen Herausforderungen, z. B. im Rahmen geschlechtsangleichender Maßnahmen, ist Unterstützung vorgesehen.
Umso mehr kritisiert der Queer-Beirat die Entscheidung des Landkreises, sich nicht an der Beratungsstelle zu beteiligen. Damit bleibe das Angebot den über 350.000 Einwohner*innen des Landkreises Osnabrück verwehrt – obwohl es gerade für sie wichtig wäre: Im ländlichen Raum fehle es an Sichtbarkeit, niedrigschwelligen Hilfen und Begegnungsorten oder Safe Spaces für die queere Community. Isolation und Diskriminierung träfen queere Menschen hier deshalb häufig besonders hart. Deshalb teilt der Beirat weder die Einschätzung vom Landkreises, dass es nur einen geringen Bedarf zu dem Thema gebe – noch die, dass dieser von den bereits vorhandenen kirchlichen Trägern bereits erfüllt werde.
Zwar begrüßt der Beirat ausdrücklich das Engagement christlicher Träger wie der Diakonie und des Bistums Osnabrück in Georgsmarienhütte und Bersenbrück, weist aber darauf hin, dass besonders trans* und inter* Personen kirchlich getragene Angebote häufig meiden. Deswegen fahren viele Ratsuchende aus Osnabrück und Umgebung bislang nach Münster, wo es eine konfessionsunabhängige Beratungsstelle gibt – was auch die vom Landkreis angeführten „überschaubaren“ Beratungsanfragen erkläre.
Angesichts der Zahl queerfeindlicher Straftaten, die (bei hoher Dunkelziffer) zwischen 2022 und 2023 um fast 50 % gestiegen ist, befürchtet der Queer-Beirat, dass queere Menschen aus dem Landkreis bei der Beratungsstelle in der Stadt Osnabrück abgewiesen werden müssen – eine verpasste Chance, zumal im Landkreis mehr als doppelt so viele Menschen leben wie in der Stadt, während queere Begegnungsorte und Safe Spaces dort noch seltener sind. Um Diskriminierung und Gewalt wirksam zu begegnen, brauche die queere Community mehr Schutz, bessere Beratung und stärkere Prävention.
Vor diesem Hintergrund fordert der Beirat den Landkreis Osnabrück und Landrätin Anna Kebschull auf, ihre Haltung zu überdenken, sich an der queeren Beratungsstelle zu beteiligen und den Dialog mit der Stadt Osnabrück wieder aufzunehmen – „Für mehr Sichtbarkeit, Schutz und Unterstützung queerer Menschen in der gesamten Region.“