Montag, 15. Januar 2024

Die Revolution im Iran – Frauen. Leben: Freiheit?

Gastbeitrag von Karin Detert

„Diese Bewegung oder diese Revolution im Iran hat anders als die Studenten- und Massenproteste in 1999 und 2009 alle gesellschaftlichen Schichten, Frauen und Männer, Junge und Alte in allen Regionen und Ethnien in unserem Land erreicht“, erklärte Hasti Hosseyni, politische Aktivistin im Rahmen einer Podiumsdiskussion der Osnabrücker SPD. Diese Einschätzung wurde auch von den beiden anderen Iran-Expertinnen, Ye-One Rhie, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Aachen und Annahita Maghsoodi von der FDP Osnabrück unterstützt.

Im letzten Jahr waren landesweite Proteste gegen die autoritäre islamische Regierung des Landes ausgebrochen. Auslöser war der durch Polizeigewalt herbeigeführte Tod von Jina Mahsa Amini in Teheran im September 2022. Sie war von der islamischen Sittenpolizei festgenommen und misshandelt worden. An den Folgen ist sie nach wenigen Tagen verstorben. Anders als häufig in der Vergangenheit hatten ihre Familie, ihre Freunde, die behandelnden Ärzte und andere diese Ermordung durch die Sittenpolizei nicht aus Angst verschwiegen, sondern öffentlich gemacht. Allerdings sind die ersten Journalistinnen, die über die Festnahmen und den Tod von Mahsa Amini berichteten, noch immer im Gefängnis und der behandelnde Arzt ist verschwunden. Als Zeichen der Solidarität mit Amini und aus Protest gegen die Rechtlosigkeit der Frauen und die rigide islamische Kleiderordnung protestierten Frauen zu Tausenden in zahlreichen Städten des Iran, indem sie ihre Kopftücher abnahmen, diese verbrannten oder sich öffentlich die Haare abschnitten. Annahita Maghsoodi berichtete, dass inzwischen auch Männer bewusst gegen die Kleiderordnung verstoßen, indem sie Kopftücher und kurze Hosen tragen.

Der Widerstand gegen das autoritäre islamistische Regime und die Revolutionsgarden, die das ganze öffentliche und teilweise auch das private Leben kontrollieren, ist groß. Die Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie erläuterte „Den Wunsch diese Revolutionsgarden auf die internationale Terrorliste zu setzen kann ich gut verstehen, aber das fällt in die Zuständigkeit der EU. Deutschland setzt sich für eine stärkere Positionierung innerhalb der EU ein. Am Ende müssen aber alle 27 Staaten ausnahmslos zustimmen.

Frau Rhie berichtete von Patenschaften zwischen Bundestagsabgeordneten für politische Gefangene im Iran, die Misshandlungen und Folter in den Gefängnissen im Iran ausgesetzt und vom Tode bedroht sind. Auch Frauen und Jugendliche erfahren in der Haft Folter und systematische Vergewaltigungen. Die Paten können die öffentliche Aufmerksamkeit für Gefangene und den Druck auf die staatlichen Vertreter der Islamischen Republik Iran erhöhen. Auf Nachfrage der Moderatorin Dr. Julia Schwanholz schilderten die Expertinnen, dass sie nur mittels persönlicher Kontakte Informationen, Fotos oder Videos über die Situation im Iran erhalten könnten, denn in den öffentlichen Medien des Landes darf über die Proteste nicht berichtet werden. Die Zensur ist überall und das Internet wurde unterbrochen, so dass auch die sozialen Medien kaum genutzt werden können. Allen die sich bei den Protesten engagieren droht Gefahr, auch im Ausland. „Wir sind uns bewusst, dass wir unser Leben riskieren“, erklärten die Iran-Aktivistinnen.

„Falls die Revolution im Iran erfolgreich ist, wird dies große Auswirkungen auf den gesamten Nahen Osten haben“, waren sich die Diskutantinnen einig, „denn seit Jahren unterstützt der Iran massiv Hamas, Hisbollah, Huthi u. a. finanziell und mit Waffen.“ Ziel der Frauen im Iran ist nicht nur die Aufhebung der islamischen Kleiderordnung, sondern das Ende ihrer Rechtlosigkeit sowie der staatlichen und erlaubten häuslichen Gewalt.

Mit den Worten „Ob diese von den Frauen ausgegangenen Proteste als eine feministische Revolution in die Geschichte eingeht“ werden wir erst in einigen Jahren erfahren, schloss Julia Schwanholz die gut besuchte Veranstaltung im Gemeindesaal der Marienkirche.

Die Organisatorin des Abends und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Kersti Götzke zog eine positive Bilanz des Osnabrücker Abends: „Besonders freut mich, dass es uns gelungen ist, die gefahrvollen Situation und das entrechtete Leben der Frauen im Iran in den Fokus zu rücken und damit auch unsere Solidarität zum Ausdruck zu bringen.“

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