Osnabrücker Wohnungsgesellschaft: SPD-Fraktionsvorsitzende Susanne Hambürger dos Reis geht massiv auf Distanz zu OB Pötter
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass es diametrale Unterschiede unter demokratischen Parteien vor der Kommunalwahl 2026 gibt. Ein zentraler Dissenz besteht in der kommunalen Wohnungsbaupolitik. Soll man fehlenden oder massiv überteuerten Wohnraum für Menschen, wie OB Katharina Pötter meint, in neoliberaler Manier vorwiegend dem sogenannten freien Markt überlassen? Oder der soll der demokratisch gewählte Rat auch mit eigenen Mitteln aktiv werden, wie es die Landesverfassung verlangt?
Die OR dokumentiert hierzu folgend ein vielbeachtetes Statement, das die SPD-Fraktionsvorsitzende und WiO-Aufsichtsratsvorsitzende Susanne Hambürger dos Reis soeben in der SPD-Mitgliederzeitung „Freie Presse“, Ausgabe September 2025, veröffentlich hat.
„Fernab der Lebensrealität vieler Menschen“
Die Aussagen der Oberbürgermeisterin dazu, dass die Stadt die Wohnungsgesellschaft WiO nicht dauerhaft subventionieren könne, sind ein Schlag ins Gesicht für die Menschen, die sich für den Bürgerentscheid engagiert haben und für alle, die in unserer Stadt bezahlbaren Wohnraum suchen. Die Vision der Verwaltungsspitze in Sachen Wohnungsbau ist inhaltsleer und völlig fernab der Lebensrealität der Menschen.
Investoren das Bauen zu erleichtern, wie von Frau Pötter vorgeschlagen, ist doch nur eine von vielen Stellschrauben, an denen es zu drehen gilt. Bei steigenden Lebenshaltungskosten, aber keinen höheren Löhnen, drohender Altersarmut – vor allem unter Frauen – ist Wohnen ein Menschenrecht für alle.
Zumal sich die Anzahl der Sozialwohnungen auf dem Sinkflug befindet. Diese Tatsachen müssen wir ernst nehmen. Wohnen muss bezahlbar sein und in einem attraktiven Lebensumfeld stattfinden. Gerade hier hat die Kommune Verantwortung. Genauso wie Land und Bund. Wohnen ist keine Privatangelegenheit, wie Frau Pötter zu unterstellen versucht.
Ein Gebot der Verfassung
Vielleicht sollte man sie auf etwas hinweisen: In Artikel 6a der niedersächsischen Verfassung heißt es: „Das Land wirkt darauf hin, dass jeder Mensch Arbeit finden und dadurch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und dass die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist.“ Da die Kommunen staatsrechtlich Teil der Länder sind, gilt diese Regelung also auch für die Stadt Osnabrück!
Wenig bis gar kein Verständnis habe ich für die Aussage der Verwaltungsspitze, es hänge davon ab, welchen Anteil ihres Einkommens die Durchschnittsverdiener bereit sind, für die Miete auszugeben. Junge Familien können bspw. bei einem Durchschnittseinkommen von 3.700 Euro brutto (Kinder befinden sich noch in der Ausbildungsphase, man hat vielleicht noch pflegebedürftige Eltern…) nicht auf großen Fuß leben, geschweige denn einen überproportionalen Anteil des Einkommens für Miete ausgeben.
Es geht nicht darum, wozu ich bereit bin, sondern was ich mir leisten kann! Die Aussagen der OB gehen völlig an der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger vorbei.
Quadratmeterpreisen von bis zu 18 Euro
Wir haben seit Jahren ein ernsthaftes Problem auf dem Wohnungsmarkt. Inzwischen sind wir im Neubaubereich bei Quadratmeterpreisen von bis zu 18 Euro angekommen. Das werden wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht einfach hinnehmen und weiter an Lösungen arbeiten.
Es muss immer noch möglich sein, dass man anspart für das eigene Haus, für die Bildung der Kinder oder für das Alter. Das wird aber schwierig bei hohen Mieten. Wenn es schon für den Durchschnittsverdiener herausfordernd ist, wie geht es dann der Bevölkerung mit geringen und mittleren Einkommen?
Richtig ist, dass die Baukosten durch den Ukrainekrieg aus dem Ruder gelaufen sind. Sie müssen gesenkt werden. Wie schaffen wir das? Das serielle, modulare Bauen ist ein Instrument, das in Zukunft eine wichtige Rolle in der Kostensenkung spielen kann.
Einladung von Bauministerin Verena Hubertz
Damit beschäftigen wir uns sehr intensiv. In meiner Funktion als Fraktionsvorsitzende der SPD und als Aufsichtsratsvorsitzende der WiO habe ich unsere Bundesbauministerin Verena Hubertz nach Osnabrück eingeladen. Thema wird der Kabinettsbeschluss zum Wohnungsbau-Turbo sein. Dieser wurde mit der Verlängerung der Mietpreisbremse am 28.05.2025 beschlossen. Dieser Beschluss geht nun in den Bundestag, anschließend in den Bundesrat. Schnelles und einfacheres
Bauen von Wohnungen ist das Ziel, langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen der Vergangenheit angehören. Städte und Gemeinden können entscheiden, in welchem Umfang sie diese geplanten Neuregelungen nutzen. Dass Land und Bund unterstützen müssen, ist völlig klar. Vor allem bei kommunalen Unternehmen wie Wohnen in Osnabrück, der WiO.
Engagiertes WiO-Team stärken
Dieses junge Unternehmen befindet sich im Aufbau. Ausgestattet mit einem guten, engagierten, dynamischen Team, das alles daran setzt, bezahlbaren Wohnraum für geringe und mittlere Einkommen zu realisieren.
Dies schafft auch Werte in Form von Gebäuden, die wahrscheinlich hundert Jahre stehen werden. Das Ziel muss es sein, dass sich das Unternehmen zukünftig trägt und aus eigener Kraft in Gebäude (re)investiert werden kann. Aber eine dauerhafte Subventionierung aus dem städtischen Haushalt kategorisch auszuschließen, ohne die entstandenen Werte anzuerkennen, ist ignorant.
Zumal, wie von Frau Pötter oftmals suggeriert wird, die Entscheidung nicht bei der Oberbürgermeisterin liegt, sondern in der Hand des Rates.
Wie geht die Verwaltungsspitze mit dem Bürgerentscheid um? Wie soll die Vision aussehen?
Man stellt sich ja schon die Frage, wie die Verwaltungsspitze mit dem Bürgerentscheid umgeht und ob diese Aussagen für die Zukunft bedeuten, dass nach dem Bau von 1000 Wohneinheiten Schluss mit kommunalem Wohnungsbau ist?
Das ist sicher nicht im Sinne derer, die sich für die Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft engagiert und derjenigen die in dem Bürgerentscheid dafür gestimmt haben. Im Sinne der SPD ist dies mit Sicherheit auch nicht.
Muss man sich nicht der Aktualität der Zeit stellen? Wie sieht das Wohnraumversorgungskonzept im Jahre 2035 aus? Wo ist da die Vision der Oberbürgermeisterin für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt Osnabrück, Frau Pötter?
Eine kommunale Wohnungsgesellschaft dank des Bürgerentscheids in Osnabrück zu haben, ist die Antwort an die Menschen, die es schwer auf dem Wohnungsmarkt haben. Sie schafft Werte und befindet sich auf dem richtigen Weg, weil sie Wohnraum diskriminierungsfrei für alle Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stellt.
Tochterunternehmen wertschätzen statt entwerten
Oftmals heißt es von der Verwaltungsspitze, man solle unser Osnabrück nicht schlecht reden. Wenn wir das alle berücksichtigen würden, wäre es gut, wenn gerade unsere Oberbürgermeisterin mit gutem Beispiel vorangehen würde und ihr Tochterunternehmen nicht entwertet, sondern vielmehr wertschätzt.
Schade, dass das nicht der Fall ist. Am Wohnraum und, wie ihr sicherlich mitbekommen habt, auch beim ÖPNV will Frau Pötter sparen, aber bei anderen Projekten ist anscheinend genug Geld vorhanden. Auf die Erklärungen hinsichtlich der Prioritätensetzung bin ich sehr gespannt.