Ein Interview mit Andreas Bernard vom Hotel Walhalla
Am ersten September veranstaltete das Romantik.Hotel Walhalla in der Altstadt einen Tag der offenen Tür. Interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten sich unter anderem in renovierten Hotelzimmern, im Wellnessbereich bis hin zur „Olle Use Essbar“ umschauen oder in einer der zahlreichen geführten Hotel-Touren alles zeigen und erklären lassen. Im Gespräch, das wir kürzlich mit Geschäftsführer Andreas Bernard führten, beleuchten wir die spannende Schnittstelle zwischen Hotellerie, Kunst und Kultur.
Die Bedeutung kreativer Impulse für das soziale und wirtschaftliche Leben einer Stadt steht im Mittelpunkt des Interviews. Dabei wird diskutiert, wie lokale Hotels durch Partnerschaften mit kulturellen Institutionen und innovativen Ideen einen Beitrag leisten können, um Osnabrück als Anziehungspunkt für Künstler und Kulturschaffende zu etablieren. Aus aktuellem Anlass erkundigen wir uns, wie Herr Bernard zu einer Kultur- und Tourismusabgabe steht, die vergangene Woche Dienstag bei der Ratssitzung von der Mehrheitsgruppe Grüne/SPD/Volt eingebracht worden ist.
Die Fragen sind fett, die Antworten von Andreas Bernard schmal aufgeführt.
Guten Tag Herr Bernard, in der Ratssitzung am Dienstag hat die Mehrheitsgruppe um Grüne/SPD und Volt die Verwaltung beauftragt, zu prüfen, ob in Osnabrück ab dem 01.01.2026 eine Kultur- und Tourismusabgabe auf Übernachtungen eingeführt werden soll. Wie stehen sie zu dieser Abgabe und inwieweit wurden sie im Vorfeld in die Pläne einbezogen?
Sie fragen, ob wir als Hoteliers in diesen Vorschlagsprozess eingebunden waren? Nein, ich war und bin es nicht und mir ist leider auch nicht klar, welche Ziele mit einer solchen Abgabe verfolgt werden sollen. Ein großes Manko in dieser Stadt – man hätte die Kompetenz der Ansprechpartner vor Ort, jedoch nutzt man sie nicht, sondern schlägt eine populistische Maßnahme vor, ohne mit dem „Geldgeber“ einmal über den Sinn und die mögliche Verwendung von Mitteln zu diskutieren.
Welche Rolle spielt ihrer Meinung nach Kunst und Kultur für das soziale und wirtschaftliche Leben einer Stadt?
Kunst und Kultur spiegeln, richtig eingesetzt, die Seele einer Stadt wider. Sie erscheinen einem “Nicht Interessierten Menschen” als überflüssig, aber sie geben uns Luft für Kreativität, Besinnung, innere Ruhe und Zeit zum Nachdenken. Ohne Kunst und Kultur wird der Geist nicht inspiriert und uns fehlt etwas wichtiges Menschliches. Es ist wie eine Stadt ohne Gastronomie. Stellen Sie sich vor, Sie möchten sich in der Stadt aufhalten und es gäbe dort keine Aufenthaltspunkte. Sie würden es dort nicht lange aushalten. Eine Stadt braucht die Vielfalt aus Einzelhandel, Gastronomie, Kultur und urbanem Wohnen, sonst wird es nie funktionieren.
Wie kann die lokale Hotellerie zur Förderung von Kunst und Kultur in der Stadt beitragen, beispielsweise durch die Unterstützung von Künstlerresidenzen oder Partnerschaften mit kulturellen Einrichtungen?
Ich mag den Begriff “Förderung” nicht so sehr. Eigentlich sollte alles aus eigener Kraft bestehen können. Das gilt für Einzelhandel, Gastronomie, Kultur und Wohnen gleichermaßen. Wenn das Angebot gut ist, wird es sich aus sich selbst heraus tragen und stellt seine Daseinsberechtigung unter Beweis. Zugegebenermaßen wird es bei der Kunst und Kultur auch manchmal Aspekte geben, die eine gewisse Förderung bedürfen – aber bitte nicht ausschließlich.
Wie würden Sie den aktuellen kulturellen Status in Osnabrück beschreiben? Gibt es bestimmte Stärken oder Schwächen?
Ich glaube wir haben Stärken in Form großer Kompetenzen und Schwächen in Form viel zu weniger Interessenten unserer Ausstellungen. Es wäre doch großartig, Ausstellungen bieten zu können, die ein großes Publikum in unsere Stadt locken.
In der aktuellen Ausstellung von der Kunsthalle: “Kinder hört mal her” hat die Osnabrücker CDU im Vorfeld zum Boykott aufgerufen. Ist aus Ihrer sich Sicht Provokation ein Mittel, um Menschen in eine Ausstellung zu holen?
Ich glaube, dass das eine das andere nicht ausschließt. Ich habe die aktuelle Ausstellung nicht gesehen. Ich habe bislang Positives wie auch Negatives gehört. Neulich habe ich mit einer älteren Dame gesprochen, die die Ausstellung / Performance gesehen hat. Sie berichtete, dass die Ausstellung an sich sehenswert war, aber ob die da alle nackt herumlaufen müssten, fand sie befremdlich.
Kunst kann auch das als Provokation haben. Insofern würde ich sagen, dass beides seine Berechtigung hat. Schlussendlich ist entscheidend, dass das Interesse geweckt wird. Solange es Menschen gibt, die sagen “Ich will das sehen und erleben, das provoziert meine Gedanken” ist das für mich konstruktiv. Selbst bei einer Blockbuster-Ausstellung mit Rembrandt oder Chagall wird es Menschen geben, die sie unterschiedlich beurteilen. Letztendlich brauchen wir Kunst die begeistert.
Welche Maßnahmen wurden in der Vergangenheit unternommen, um bekannte Künstler in unsere Stadt zu locken und wie beurteilen sie die Entwicklung?
Die internen städtischen Maßnahmen kenne ich nicht und kann nur das beurteilen, was ich als Bürger erlebe. Ich bin ein kunstinteressierter Mensch, aber bei weitem kein Kenner.
Aber was unserer Stadt sicher guttun würde, wären wirklich große Namen. Ich will ihnen ein Beispiel nennen, was mich bewegt, in eine Stadt zu fahren, um eine Ausstellung zu besuchen. Mich begeistern Künstler wie William Turner, ausgestellt in Münster, Rembrandt in Berlin oder Amsterdam, oder Nolde in Seebüll, van Gogh oder damals “der blaue Reiter” in Bremen, Klimt und Hundertwasser in Dortmund, Ausstellungen über Werke von Max Beckmann und Pablo Picasso in Hannover, Richter, Baselitz, …;
Ich habe Herrn Kässens vom Museumsquartier diese etwas abfällig „Blockbuster Ausstellungen“ nennen gehört, aber sie bewegen Menschen, Städte zu besuchen.
Auch Osnabrück könnte sowas hinbekommen. Dazu bräuchten wir eine gute Vorlaufzeit. Meiner Meinung wäre das eine Aufgabe für unsere Museumsleitung, sich dieser Herausforderung zu stellen. So könne man schauen, welcher Künstler hat ein Jubiläum, einen Jahrestag, welcher hat einen Todestag. In dieser Stadt gibt es sicher Experten, die helfen können.
Dann wäre die Frage, wo wir ausstellen. Wir könnten zum Beispiel die Nussbaumausstellung für ein halbes Jahr abhängen. Was spricht denn dagegen? Damit würden wir Nussbaum nicht disqualifizieren, sondern wir nutzen das Haus, das Daniel Liebeskind entworfen hat und eine große Aufmerksamkeit bekommen könnte. Mit dem Museumsquartier und der Villa_ Forum für Erinnerungskultur und Zeitgeschichte könnte man viel machen.
Wie würden Sie die Qualität und Vielfalt der Unterkünfte bei der Rolle der Entscheidung von Künstlern und Kulturschaffenden einschätzen, unsere Stadt zu besuchen und was bringt sie der Stadt?
Das Angebot ist absolut vielfältig und ausreichend, hier kann jeder finden, wonach er sucht.
Eine besondere Ausstellung wird in der Regel mindestens sechs Monate gezeigt.
Davon hat der Einzelhandel, die Hotellerie und die Gastronomie mehr als von Konzerten, die uns Tagesbesucher bringen.
Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen dabei, große Künstler in diese Stadt zu bringen?
Vermutlich gibt es eine Vielzahl von Gründen, aber Künstler suchen eine Bühne und Zuschauer; je mehr Zuschauer da waren, umso mehr Künstler möchten kommen. Auch kleine Städte haben eine Chance, große Kunst ausstellen zu können. Dafür braucht es Kompetenz und den Willen.
Wie wichtig ist die lokale Infrastruktur, wie z.B. Galerien, Theater und Museen, für die Anziehungskraft einer Stadt auf internationale Künstler?
Ich glaube, Künstler brauchen kompetente Ansprechpartner in der Stadt. Das beginnt mit den “Ausstellungsmachern” und geht über alle anderen Themen hinweg. Alles ist für sich ist wichtig und Osnabrück hat viel zu bieten.
Wie kann die Stadtverwaltung mit dem Marketing Osnabrück, in Kooperation mit der lokalen Kunstszene und der Wirtschaft agieren, um ein attraktives kulturelles Umfeld zu schaffen?
Nehmen wir das Beispiel Morgenland Festival: Seit 20 Jahren hat sich dieses Musikfestival weltweit in der Künstlerszene einen sehr erfolgreichen Namen gemacht. Dahinter stecken Menschen wie Michael Dreyer, die sich mit Kompetenz und Engagement dafür einsetzten, dass diese Vernetzung stattfindet.
Michael Dreyer hat angekündigt, nach 20 Jahren zum letzten Mal organisiert zu haben. Wie sehen sie die Zukunft des Morgenlandfestivals bezüglich der Qualität?
Das kann ich schwer beurteilen. Ich glaube, dass das Fest zum einen in dieser Stadt sehr etabliert ist, was dafür sprich es weiter zu entwickeln. Je nachdem, wer das Festival in Zukunft leiten wird, ist es enorm wichtig, dass Engagement und Kompetenz nicht nachlassen.
Welche Rolle spielen kulturelle Festivals und Veranstaltungen bei der Gewinnung renommierter Künstler – oder braucht Osnabrück gar einen neuen Veranstaltungsort?
Bevor wir darüber nachdenken, Geld für neue Museen auszugeben, sollten wir prüfen, was wir haben und nutzen können. Da fallen mir Häuser wie das Dominikanerkloster oder das Museumsquartier ein, die fürs Erste großartig wären.
Gibt es spezifische Beispiele oder Vorbilder anderer Städte, die erfolgreich große Künstler angezogen haben? Und was können wir von ihnen lernen?
Anhand der Beispiele von großen Ausstellungen, die ich bereits aufzählte, braucht es den Willen und die Kompetenz, so etwas zu schaffen. Ein gut vernetzter Ansprechpartner und Koordinator im Auftrag der Stadt könnte viel bewegen, glaube ich.
Könnten Sie sich mit dem Walhalla vorstellen, stärker in kulturelle Veranstaltungen und Festivals eingebunden zu werden, um Besuchern und Künstlern ein einzigartiges Gesamterlebnis zu bieten?
Ja und nein – wenn jeder seinen Job gut macht, ist allen geholfen. Sicher könnten wir im Zusammenhang mit Ausstellungen werben. Das hilft in der Regel beiden Seiten.
Was würden Sie als die drei wichtigsten Schritte bezeichnen, die wir unternehmen sollten, um unsere Stadt zu einem Magneten für Künstler von Weltrang zu machen?
Bis wir ein Magnet für Künstler mit Weltrang werden, wird noch viel Wasser die Hase hinunter fließen, aber jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt.
Wir brauchen Kompetenz und den Willen
Prüfen, welche eigenen Ressourcen wir haben
Prüfen mit welchen Partnern wir das schaffen können.