spot_imgspot_img
spot_img
Montag, 31. März 2025
spot_img

Romantische Liebe und die raue Wirklichkeit eines Lebens auf der Straße

Lisa Winter liest aus ihrem semidokumentarischen Roman „Der Rinnsteinfischer“ und trägt Vagabundenlieder vor

Mit „Der Rinnsteinfischer“ legt die Sängerin und Autorin Lisa Winter ihren ersten Roman vor. Inspiriert wurde sie von einem ihrer Vorfahren: dem Autor, Herausgeber, Schauspieler, Aktivisten Gregor Gog, in den 1920er Jahren als „König der Vagabunden” mit linkspolitischer Agenda eine bekannte Figur des öffentlichen Lebens. Nicht die einzige in ihrem Roman.


Ein Roman und seine zeitgenössischen Hitergründe

Der Maler Hans Tombrock tritt auf, der später Weggefährte und Mitarbeiter Bertolt Brechts und nach dem Krieg Kunstprofessor in Weimar werden sollte. Peter Weiss würdigte ihn in seinem Roman „Die Ästhetik des Widerstands”. Erwähnung finden auch Maler wie Max Ackermann, Gerhart Bettermann, Hans Bönninghausen, Schriftsteller wie Heinrich Mann, Maxim Gorki, Theoror Plivier, die Schauspielerinnen Marlene Dietrich, Fritzi Massary, Jo Mihaly und andere Zeitgenossen Gregor Gogs. Unter dem Nationalsozialismus wurde auch Gregor Gog verfolgt. Unter abenteuerlichen Umständen gelang ihm die Flucht aus dem KZ über den vereisten Bodensee in die rettende Schweiz.

Am 4.4.2025 wird Lisa Winter ihr Romandebüt im Rahmen der Literaturreihe „Die Lese-Rampe” vorstellen und zur Gitarre Vagabundenlieder vortragen. Einen Eindruck vermitteln Programmausschnitte auf Youtube unter https://www.youtube.com/watch?v=NTVOcF1GWXI und auf Facebook (frei zugänglich) unter https://www.facebook.com/share/r/16FkXG4UHZ/

Neben ihren Soloaktivitäten singt Lisa Winter in der Formation Antamoon, mit der sie die mehrsprachige CD „Nearer Than My Breathe“ veröffentlicht hat. Das Album enthält Eigenkompositionen, ferner Kompositionen von Jon Foreman, der Israelin Sarit Hadad und anderen.


Zum Inhalt

Das wilde Leben des Gregor Ambrosius Gog würde Stoff für gleich mehrere Romane abwerfen. 1891 in Schwerin geboren, ging er zur Marine, stand im Ersten Weltkrieg zweimal vor dem Kriegsgericht, wurde dreimal in eine sogenannte Nervenheilanstalt eingewiesen.

Einige Jahre später trifft man ihn in Stuttgart und Urach unter Künstlern, Literaten und Lebensreformern. Er veröffentlicht Artikel und Bücher wie „Vorspiel zu einer Philosophie der Landstraße. Aus den Notizen eines Vagabunden“. Vagabunden werden sein Lebensthema, die Tippelbrüder, Wandervögel und Außenseiter, die von der wirtschaftlichen Not auf die Straße gezwungen wurden oder aber bewusst auf ein bürgerliches Dasein verzichten. Für sie gab es sogar ein eigenes Presseorgan, „Der Kunde“, die erste Straßenzeitung Europas. Gog fungierte als Schriftleiter und übernahm die Herausgeberschaft, nachdem der Gründer des Blattes, Gustav Brügel, auch er ein Landstreicher, wegen einer Erzählung über eine homosexuelle Liebe von der Justiz belangt wurde und sich ins Ausland absetzte. Zu seinen Lebzeiten nannte man Gog, der Künstler und Literaten förderte, den „König der Vagabunden“.

Pfingsten 1929 konnte Gog in Stuttgart eine lang gehegte Idee verwirklichen: den ersten internationalen Vagabundenkongress. Namhafte Literaten wie Erich Mühsam, Maxim Gorki, Knut Hamsun und Sinclair Lewis grüßten brieflich aus der Ferne.

Rund um dieses Ereignis wob die Autorin Lisa Winter ihren Roman „Der Rinnsteinfischer” mit einer erdachten Liebesgeschichte, aber zahlreichen authentischen Figuren und Ereignissen. Die Verlegerstochter Carola Prosse wird Zeugin, wie der vagabundierende Maler Hans Tombrock – später Weggefährte und Mitarbeiter Bertolt Brechts, bereits literarisch gewürdigt in Peter Weiss’ Roman „Die Ästhetik des Widerstands“ – auf offener Straße wie im Rausch ein neues Bild kreiert. Die beiden werden ein Paar, zum großen Ärger von Carolas Vater. Der will die standeswidrige Verbindung beenden und nimmt dazu die Hilfe seiner Freunde von der SA in Anspruch.

Carola Prosse und ihr Vater sind erfundene Figuren in einem historischen Umfeld. Lisa Winter ist eine Großnichte Gregor Gogs und hat sich intensiv in die außergewöhnliche Lebensgeschichte ihres Vorfahren eingearbeitet: „Ich liebe es, alles Mögliche zu recherchieren (das Wetter, die Lebensbedingungen aus der Froschperspektive, alte Industrieanlagen, geschichtliche Ereignisse etc.) Irgendwann, wenn ich dann voll genug bin, kann ich schreiben …“

„Der Rinnsteinfischer“ ist bis in die Details authentisch, besonders in der Sprache, darunter das Rotwelsch des fahrenden Volkes. In einem angehängten Glossar werden rare Begriffe wie „Lampenschieber“, „Rabattentreter“ oder „Schrumpelgemeinde“ erklärt und Erläuterungen geliefert zu den in der Handlung erwähnten Institutionen, Vereinen, Verbänden und historischen Figuren.

Lisa Winter ist eine bühnenerfahrene Sängerin. Sie begann mit Chansons, schreibt mittlerweile eigene Songs. Als Vokalistin der Formation Antamoon veröffentlichte sie die mehrsprachige CD „Nearer Than My Breathe“. Im Rahmen der Lesung wird sie authentische Vagabundenlieder vortragen.


Zum Veranstalter und zur Veranstaltung

„Die Lese-Rampe” wird gefördert von der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung in Kooperation mit dem Literaturbüro Westniedersachsen. Termin der Lesung ist der 4. April 2025, Beginn: 20 Uhr. Ort ist der „Unikeller“, Neuer Graben 29, Osnabrück. Der Eintritt ist frei. Reservierungen (empfohlen) per Mail an lese-rampe@gmx.de

spot_img
März 2025spot_img
Oktober 2023spot_img
August 2024spot_img
August 2024spot_img
April 2025spot_img
erscheint Oktober 2025spot_img
November 2020spot_img
2015spot_img
Follow by Email
Facebook
Youtube
Youtube
Set Youtube Channel ID
Instagram
Spotify