Eine denkwürdige Schawuot-Feier am 18. Mai 1945 in Buchenwald, fünf Wochen nach der Befreiung des Lagers (Foto)

der junge militärrrabbiner herschel schacter aus brooklyn, der sie leitete, über seinen ersten gottesdienst (am 13. oder 20. april) in buchenwald: „[in dem von der ss als kino genutzten saal] waren mindestens eintausend menschen bis unter die dachsparren gedrängt. ich stand auf einer kleinen plattform. ich hatte einen kleinen G.I. bei mir. wir legten einen gebetsschal um und begannen mit „schalom alejchem“ und langsam, aber stetig sangen und beteten wir. ich hatte kein gebetbuch, nur meine stimme. ich hatte aber etwas, das ich während meiner gesamten militärzeit mit mir herumgetragen habe – eine kleine chuppa; denn manchmal wurde der kaplan hinzugezogen, um eine trauung zu leiten. also brachte ich diesen kleinen baldachin mit, der mit den hebräischen worten „masal tow“ bestickt war, und stellte ihn auf meinen kleinen tisch, der mir als rednerpult diente. ich goss etwas traubensaft aus der kantine in einen pappbecher und rezitierte kiddusch. als der gottesdienst zu ende war, versammelten sich viele, viele menschen um mich und ich werde diese momente nie vergessen! alle sprachen jiddisch; die verkehrssprache war jiddisch: ’weißt du, wo… ist?’, ’ich habe einen onkel, der in chicago lebt‘, ’ich habe eine nichte, die irgendwo in …lebt.’ und so ging es immer weiter…“

und isaac leo kram in seinen erinnerungen: „heute abend waren alle juden zu einem festlichen gebet im kinosaal eingeladen. wegen der verschiedenen nationalitäten in buchenwald sollte der kinosaal von 18 bis 19 uhr als gebetsort für die jüdischen häftlinge dienen und ab 19 uhr sollte eine kommunistische versammlung stattfinden. daher war ich überhaupt nicht überrascht, als ich das kino betrat und an einem ende einen davidstern auf einem seidenparochet und am anderen ende rote fahnen, kleine grüne bäume, blumen und ein großes bild von stalin sah. ja, das ist buchenwald, jede nation in ihrer ecke und dennoch alle vereint durch ihre tragödie und den kampf gegen ihren gemeinsamen feind, die plage des nationalsozialismus…“

[einige jugendliche auf dem foto konnten identifiziert werden, u. a. stefan jacubowicz ganz unten am bildrand mit dem gesicht zur kamera, in der ersten reihe izak farbman, samuel stall, robert büchler und israel meir lau (der spätere aschkenasische oberrabbiner israels), in der zweiten jakub chojt und die brüder josek und baruch bekiermaszyn.]

thimc: schwawuot sameach!

Fröhliche Pfingsten oder ein schönes langes Wochenende!

ByJudith Kessler

Judith Kessler ist Sozialwissenschaftlerin, Redakteurin und Autorin mit den Schwerpunkten jüdische Migration, Gegenwartskultur und Biografieforschung.