Judith Kessler erinnert an die Antifaschistin Judith Auer, die am 27. Oktober 1944 enthauptet wurde

Am 27. Oktober 1944 wird die Antifaschistin Judith Auer in Plötzensee enthauptet, ein Foto ihrer Tochter Ruth in der Hand.

Judith Vallentin, geboren 1905, kam mit ihren Eltern, der Vater ein jüdischer Schriftsteller, die Mutter eine begabte Pianistin, und ihren vier Geschwistern als Kind aus Zürich nach Berlin. Die Eltern starben früh, sie wuchs bei einer anderen jüdischen Familie auf, begann Musik zu studieren und schloss sich der kommunistischen Bewegung an.

Judith heiratete den KPD-Redakteur Erich Auer, bekam ein Kind und brach ihr Studium ab. Sie verteilte Flugblätter, betätigte sich als Kurierin, schloss sich der Widerstandsgruppe um Anton Saefkow an, versteckte Franz Jacob, ein Mitglied der Gruppe, und arbeitete bis zu ihrer Verhaftung am 7. Juli 44 im Kabelwerk Oberspree als Einkäuferin.

Vor dem „Volksgerichtshof“ antwortete Auer auf die Frage des Richters, ob sie bei ihrem Tun denn nicht an ihre Tochter gedacht habe: „Eben darum, weil ich an meine Tochter denke, bin und bleibe ich Kommunistin“. So steht dann auch im Schluss Protokoll der Verhandlung, in der sie und zwei Mitangeklagte zum Tode verurteilt wurden: „Bei der Auer handelt es sich um eine gefährliche, unbelehrbare Kommunistin.“

Die erhaltene Kartei zu Hinrichtungen von Gefangenen des Frauengefängnisses Barnimstraße enthält dagegen den Vermerk (vermutlich von einer Gefängnis-Fürsorgerin): „Zart von Natur, dabei tapfer und reif in seltenem Ausmaße. Voll überströmender Liebe zur 15j. Tochter, der sie in der Abschiedssprechstunde das Urteil verheimlichte. Voll Güte. Überzeugungstreu, tapfer und beherrscht bis z. Ende.“

Judith und Erich Auers Tochter Ruth (der Vater war inzwischen im Strafbataillon 999) überlebte den Krieg in einer Ostberliner Datsche. Nach der „Wiedervereinigung“ gab es Bestrebungen, die Straße, die 1973 in Berlin-Lichtenberg nach Judith Auer benannt worden war, umzubenennen, was aber an den Protesten ehemaliger Verfolgter des Naziregimes schließlich scheiterte.

 

Judith Kessler
Judith Kessler
Judith Kessler ist Sozialwissenschaftlerin, Redakteurin und Autorin mit den Schwerpunkten jüdische Migration, Gegenwartskultur und Biografieforschung.
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