Mittwoch, 24. April 2024

Judith Kessler erinnert an den Verleger und Erfinder Hugo Gernsback, der das Science-Fiction-Genre erfand

Hugo Gernsback 16. August 1884 – „The Father of Science Fiction”

Der in Luxemburg geborene Sohn des aus Deutschland stammenden jüdischen Ehepaares Berta Durlacher und Moritz Gernsbacher (der Vater war Weinproduzent) wanderte 1904 in die USA aus. Erst importierte er Radioteile aus Europa und trug dazu bei, „wireless“ (Radio) in den USA bekannt zu machen. 1908 gründete er „Modern Electrics“, das weltweit erste Magazin, dass sich mit Elektronik und dem Radio befasste, ein Jahr später die „Wireless Association of America“, die bewirkte, dass nach zwei Jahren bereits fast eine halbe Million Amerikaner am Amateurfunk teilnahmen. Ab 1925 hatte Gernsback in New York seinen eigenen Radiosender (WRNY), der 1928 auch einige der ersten Fernsehsendungen ausstrahlte.

Berühmt ist Hugo Gernsback aber vor allem dafür geworden, dass er den Begriff „Science Fiction“ prägte und ab 1926 „Amazing Stories“ herausgab, das erste Magazin, das ausschließlich SF-Kurzgeschichten abdruckte, u. a. von H. G. Wells, Jules Verne und Isaac Asimov. Ein neues Genre war geboren, die Fangemeinde wuchs und bald folgten weitere Magazine wie „Wonder Stories“, „Modern Electrics“, „Science and Mechanics“ und „Sexology“.

An den tollen Covern sieht man, es geht um schräge Erfindungen aller Art, um die Erforschung des Weltraums, um UFOs, menschliche Kolonien auf Raumschiffen, außerirdische Besucher, Killerpilze, Rieseninsekten aus dem All usw.

Gernsback schrieb auch selbst unter diversen Pseudonymen wie Beno Ruckshagg, Erno Shuckbagg, Grace Hucksnob, Grego Banshuck, Greno Gashbuck, Gus Habergock und Kars Gugenchob (u. a. den Roman „Ralph 124c 41+ = „Ralph one two four c four one“ bzw. „Ralph, one to foresee for one“ =: „Ralph, einer der für uns in die Zukunft schaut“), war aber deutlich erfolgreicher als Verleger.

Offenbar war er nicht der angenehmste Zeitgenosse: Er bezahlte seine Autoren schlecht oder gar nicht und bekam von ihnen den Spitznamen „Hugo the Rat“ verpasst. Ungeachtet dessen haben seine Magazine (nach seinem Rezept „75% Literatur + 25% Wissenschaft“) und die Gründung der Science-Fiction-Liga 1934 ganze Generationen von Jugendlichen beeinflusst, die nun unbedingt Astrophysiker, Elektroingenieur oder Astronaut werden wollten. Gernbacks Einfluss war so weitreichend, dass der berühmte Preis für Science-Fiction-Autoren bis heute seinen Namen trägt („Hugo Award“) und ein Mondkrater nach ihm benannt ist.

Gernsback trug außerdem maßgeblich zum Wachstum des frühen Rundfunks bei und ermutigte die Hörer, selbst zu experimentieren, um die Radiotechnologie zu verbessern. Er selbst hielt bis zu seinem Tod 1967 um die 80 Patente für seine Erfindungen, u. a. für die Herstellung von Trockenbatterien, eine Kombination aus elektrischer Haarbürste und Kamm, ein frühes Knochenleitungs-Hörgerät („Osophon“), eine hydraulische Fischfanganlage, beleuchtete elektrische Spiegel und Springbrunnen, variable Kondensatoren, Telefonempfänger, Kristalldetektoren, eines der ersten elektronischen Musikinstrumente, das Oszillatoren verwendete („Staccatone“) und er entwickelte 50 Jahre vor Google eine Fernsehbrille.

Mein Favorit ist aber eindeutig der „Isolator“ …

derisolator
Judith Kessler
Judith Kessler
Judith Kessler ist Sozialwissenschaftlerin, Redakteurin und Autorin mit den Schwerpunkten jüdische Migration, Gegenwartskultur und Biografieforschung.
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