Todesstoß oder neue Osnabrücker Familienbildungsstätte?
Kommentar zum Jahresthema mit der Ausstellung von Sophia Süßmilch im Kirchenschiff und den verschiedensten Workshops, Aktionen, Lesungen und Vorträgen in den kommenden Monaten.
Zunächst einmal: Es gibt überhaupt nichts daran zu rütteln, dass die Kunstfreiheit ebenso wie die Pressefreiheit durch das Grundgesetz geschützt ist und künstlerische Aktionen, auch wenn sie in einer kommunalen Einrichtung stattfinden, politisch weder verboten werden können, noch einer Erlaubnis bedürfen (immer natürlich unter dem Vorbehalt, dass bestehende Gesetze eingehalten werden). Alles andere wäre Zensur – das hatten wir schon mal und wollen wir nie wieder! Im Falle der Osnabrücker Kunsthalle liegt die Verantwortung für die Ausstellungen ausschließlich bei den beiden Direktorinnen.
Und jetzt kommt trotzdem das große ABER, und zwar:
- Die Kunsthalle Osnabrück wirbt damit, Begegnungsraum für Menschen unterschiedlichen Alters zu sein, aber die große, raumfüllende Ausstellung im Kirchenschiff, das eigentliche „Herzstück“ der Kunsthalle, wird von der Leitung selbst als „nicht kindgerecht“ eingestuft. Bleiben hier also zur gemeinschaftlichen Besichtigung nur der Innenhof und der neu gestaltete Veranstaltungsraum.
- Eine Kunsthalle ist per Definition (Duden) ein öffentliches Gebäude, in dem Werke der bildenden Kunst ausgestellt werden. So weit – so klar, aber: wieso finden zum Jahresthema laut Programmheft vom 15. Juni 2024 bis zum 23. Februar 2025 lediglich 2 Ausstellungen im Kirchenschiff und je eine im Innenhof und eine im Veranstaltungsraum statt?
- Das Jahresthema lautet „Kinder, hört mal alle her!“, aber über den Jahresverlauf finden dutzende Veranstaltungen statt, wie „Another Tech ist possible: Alternative KI-Zukünfte Denken“, Vortragsreihe „Lern-Spiel-Raum“, Quizabend „Besser Wissen“, „Kuscheltier-OP“ usw. Was hat das mit dem Ausstellungsthema und entsprechender Kunstvermittlung zu tun? Hier übernimmt die Kunsthalle eindeutig Aufgaben bereits bestehender Einrichtungen wir Familienbildungsstätten, Uni, Stadtteilzentren usw. Warum?
- Es sollte nach meinem Verständnis auch Ziel der Kunsthallenleitung sein, interessierte Menschen von außerhalb „anzulocken“, aber das Programm besteht hauptsächlich aus kurzen Veranstaltungen, die im Wesentlichen für Osnabrücker*innen in Frage kommen dürften. Wer also von z. B. Bremen aus zum Jahresprogramm einmal hier war (womöglich noch mit Kindern, die dann nicht mit ins Kirchenschiff genommen werden können / sollten), kommt bis nächsten Sommer nicht wieder.
- Genauso sieht es mit Ausflügen für Klassen zur Kunsthalle aus – welcher Lehrer, welche Lehrerin will sich das antun und ggf. noch Ärger mit den Eltern einheimsen. Dabei wäre eine gute Kunstvermittlung wirklich eine schöne Sache.
Im Gegensatz zu konservativen Kräften, denen die Kunsthalle schon seit Jahren ein Dorn im Auge ist, wünsche ich mir jedenfalls deren Fortbestand, aber auch Antworten auf viele Fragen.