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Samstag, 10. Mai 2025
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80 Jahre Kriegsende – auch in der Schule ein wichtiges Thema

Veranstaltung in der Möser-Realschule

In der Möser-Realschule wurde das Thema „80 Jahre Kriegsende“ mit Fokus auf aktuellen Extremismus-Debatte beleuchtet. Schüler*innen diskutierten mit Expert*innen die Fragestellung „Ist unsere Sicherheit in Gefahr?“

Im Rahmen des Programms zum 80. Jahrestag des Kriegsendes beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler der Möser Realschule am vergangenen Donnerstag innerhalb einer Projektwoche intensiv mit der Frage nach der Sicherheit in Deutschland. Unter dem Titel „Unsere Sicherheit in Gefahr?“ organisierten die Lehrkräfte einen Projekttag, der es den Jugendlichen ermöglichte, sich in Arbeitsgruppen mit verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen.

Neben Vertreterinnen der „Omas gegen Rechts“, der Bundeswehr und der Osnabrücker Polizei stand den Schülerinnen auch die Bundestagsabgeordnete der Linken, Heidi Reichinnek, für Fragen zur Verfügung. In ihrem Grußwort betonte Reichinnek, wie wichtig es ist, auch außerhalb der Projektwoche für unsere Demokratie starkzumachen, sich für Toleranz und Vielfalt einzustehen, damit man in vielen Jahren eine starke und kämpferische Demokratie.

Der Projekttag bot den Jugendlichen eine einzigartige Gelegenheit, ihre Fragen und Sorgen direkt an Expert*innen zu richten. In den verschiedenen Arbeitsgruppen wurden angeregte Diskussionen geführt. Die „OMAS GEGEN RECHTS“ berichteten von ihren Erfahrungen im Kampf gegen rechte Ideologien und betonten die Wichtigkeit von Zivilcourage und Wachsamkeit.

Für die Bundeswehr erläuterte Hauptmann Zilz den Schüler*Innen die Rolle der Streitkräfte im Kontext der nationalen Sicherheit und beantwortete Fragen zu aktuellen Bedrohungen und Herausforderungen. Auch die Osnabrücker Polizei stand den Schülerinnen Rede und Antwort und gab Einblicke in die polizeiliche Arbeit im Bereich der Extremismusprävention und Gefahrenabwehr.

Ein besonderer Höhepunkt war für die Schüler*innen das vielfach gewünschte Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Heidi Reichinnek. Die Politikerin der Linken stellte sich den Fragen der Jugendlichen zum Thema Sicherheitspolitik, den Ursachen von Extremismus und den Möglichkeiten einer friedlichen und gerechten Gesellschaft. In einer offenen und engagierten Gesprächsrunde konnten die Schüler*innen ihre Perspektiven einbringen und mit einer Bundespolitikerin direkt in den Austausch treten.

Der Projekttag zeigte eindrücklich, wie wichtig es ist, junge Menschen frühzeitig in gesellschaftspolitische Debatten einzubinden und ihnen unterschiedliche Perspektiven auf komplexe Themen zu ermöglichen. Die intensive Auseinandersetzung mit der Frage nach der Sicherheit in Deutschland trug dazu bei, das Bewusstsein der Schüler*innen für aktuelle Herausforderungen zu schärfen und sie zu einem kritischen und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Thema zu ermutigen.


Interview mit Heidi Reichinnek

Wir hatten im Anschluss die Möglichkeit, mit Heidi Reichinnek über aktuelle Herausforderungen, den Koalitionsvertrag und weitere Themen zu sprechen. Das Interview wurde vor der offiziellen Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geführt.

Heidi Reichinnek. Foto: Grötemeyer/OR
Heidi Reichinnek. Foto: Die Linke / Olaf Krostitz


Inwiefern hat deine Erfahrung im Stadtrat  deine jetzige Arbeit im Bundestag geprägt?

Die Arbeit im Stadtrat war eine gute Vorbereitung. Dort habe ich gelernt, wie man Inhalte in Ausschüssen berät und wie man später im Rat die Themen öffentlich diskutiert und abgestimmt hat. Außerdem habe ich dort gelernt, wie man Anfragen an die Verwaltung stellt. Im Bundestag ist das alles etwas komplexer, weil es viel mehr Ansprechpartner*innen gibt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Zusammenarbeit mit demokratischen Parteien. Das bedeutet nicht nur die Zusammenarbeit mit Parteien, die inhaltlich nahestehen, wie in unserem Fall SPD und Grüne, sondern auch darüber hinaus. Als ich 2016 in den Rat kam, war die Zusammenarbeit, besonders mit der CDU nicht einfach. Mit der FDP hingegen war der Kontakt gut, weil sie hier sehr sozialliberal war und einige gute Themen eingebracht hat. Bei der CDU musste man sich erst Respekt erarbeiten.


Verfolgst du heute noch die Themen, die im Rat besprochen werden?

Hauptsächlich über meine Stadtratsfraktion mit Henry und Nicole, die hervorragende Arbeit leisten und hoffentlich bei der nächsten Kommunalwahl deutlich mehr Stimmen erhalten. Aber auch über die Medien bekomme ich viel mit, was mich gelegentlich auf Ideen bringt, zum Beispiel einen Antrag für mehr Parkbänke am Rubbenbruchsee zu stellen. Ich würde gerne häufiger beim Jugendhilfeausschuss dabei sein, aber das ist organisatorisch leider nicht möglich.


Kommen wir zur Bundestagswahl. Wie fällt dein erstes Fazit im Hinblick auf die Ergebnisse in den neuen Bundesländern aus?

Die anderen Parteien haben noch keine gute Strategie gegen die AfD gefunden. Es wird zu wenig Wert darauf gelegt, eine soziale Politik zu machen, die an den Alltagsproblemen der Menschen anknüpft. Wir haben im Wahlkampf unter anderem das Thema bezahlbare Mieten aufgegriffen, indem wir nicht nur geredet, sondern zugehört haben. Wir waren an über 600.000 Haustüren und haben gefragt, welche Themen die Menschen beschäftigen, um konkrete Hilfe anzubieten. Zum Beispiel über Mieter*Innen-Stammtische, Sozialberatung, Mietwucher- und Heizkostenrechner. In Berlin-Lichtenberg, wo Beatrix von Storch angekündigt hatte, die letzten roten Hochburgen blau zu färben, sind wir mit Ines Schwerdtner angetreten. Sie war an den Haustüren, bot Spezialsprechstunden an und sagte: „Ich helfe euch.“

Dabei stellte sich die Frage, was Frau von Storch für die Menschen tut, außer Reden zu schwingen. Sie war ja kaum da. Das zeigt, dass man die AfD mit einer solchen Politik zurückdrängen kann. Das ist natürlich eine große Herausforderung, dies von Städten auf den ländlichen Raum zu übertragen, weil dort andere Themen im Mittelpunkt stehen, andere Entfernungen zurückzulegen sind und andere Vernetzungswege vorhanden sind. Es muss unser Ziel als Linke sein, ansprechbar zu bleiben, zuzuhören und konkretes Handeln auszuweiten, besonders im Osten.


Ehrenbürger Hans-Jürgen Fip hat bei einer Ausstellungseröffnung im Erich Maria Remarque Friedenszentrum im Gespräch mit Dr. Jürgensen gesagt, dass er seine Meinung zur Brandmauer insoweit überdacht hat, als man sich inhaltlich mit der AfD auseinandersetzen muss und die Wähler*innen, die diese Partei gewählt haben, nicht für immer hinter dieser Mauer zurücklässt. Wie ist dein Standpunkt dazu?

Dabei stellt sich mir die Frage, wo Herr Fip seine Brandmauer zieht. Ich ziehe meine Brandmauer gegenüber den Mitgliedern und den Personen, die in den Parlamenten sitzen. Niemals gegenüber den Wählerinnen, was ich auch immer vertreten habe.

Ich bleibe weiterhin im Gespräch mit den Menschen, die die AfD wählen. Ich möchte wissen, was sie dazu bringt, diese Partei zu wählen und wie wir eine gemeinsame Lösung finden können. Viele Menschen, die die AfD wählen, sind nicht rechtsextrem. Diese Menschen sind frustriert und sehen dort einen Weg, ihrem Frust Ausdruck zu geben.

Ich teile das nicht und möchte dem auch keine Absolution erteilen. Es gibt keine Legitimation, die AfD zu wählen, aber man muss mit den Menschen im Gespräch bleiben. Aber gegenüber den Leuten, die in den Parlamenten sitzen, die sich für diese Ideologie entschieden haben, muss und will ich die Brandmauer aufrechterhalten. Bei den Wählerinnen ist es anders, klar.

Ich verteidige die Brandmauer gegen diese Partei im Parlament und ihr Programm und nicht gegenüber den Leuten, die sie wählen. In jeder Gesellschaft gibt es einen gewissen Prozentsatz, der ein geschlossenes, rechtsextremes Weltbild hat. Aber auch hier bin ich dafür, dass man weiterhin mit Radikalisierungsprävention oder Ähnlichem versucht, die Leute zurückzuholen.


Findest du, dass es einfacher ist, Protestwähler zu erreichen als Menschen, die sich voll und ganz mit der Ideologie dieser Partei identifizieren?

Diese Leute holt man nur ab, wenn man ihr Leben verbessert beziehungsweise, wenn man ihnen konkret sagt, dass diese Partei rechtsextrem ist und Menschen ausgrenzt. Das ist kein Kavaliersdelikt, das man mal eben als legitimen Protest machen kann. Damit stärkt man eine Partei, die diese Demokratie aushöhlt, die die Zivilgesellschaft bekämpft und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt. Die Wähler müssen wissen, wen sie da wählen und ob sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren können.


Wo siehst du die Situation von Osnabrück in diesem Bezug?

Dafür, dass die AfD hier nicht aktiv ist, keinen Kreisverband hat und bei Podiumsveranstaltungen wegdemonstriert wurde, was richtig ist, steht Osnabrück vergleichsweise gut da. Man muss sich fragen, woran das liegt.

Das liegt an der starken Zivilgesellschaft in dieser Stadt. Wenn hier der Tag gegen Rassismus, der Erster Mai und viele weitere Aktionen stattfinden, bei denen sich Kirchen, Gewerkschaften, die Omas gegen Rechts und der Exilverein engagieren, dann zeigen sie, dass sie für eine tolerante und vielfältige Gesellschaft stehen. Das macht meiner Meinung nach einen großen Unterschied aus.


Kurz vor der Wahl hat der CDU-Kandidat Dr. Middelberg zur Protestwahl gegen Links aufgerufen. Wie hast du dies wahrgenommen und wohin tendiert die CDU mit solchen Aktionen?

Bei der CDU gab es ja auch führende Politiker wie Jens Spahn oder Philipp Amthor, die sagten, man müsse die AfD als ganz normale Partei ansehen. Man solle ihnen Ausschussvorsitze oder Bundestagsvizepräsidenten gewähren, wobei ich mich frage, wo das endet. Heute der Ausschussvorsitz, morgen der Bundestagsvizepräsident und dann eine Regierungsbeteiligung?

Ich habe da einen fundamental anderen Standpunkt. Ich halte es für sehr gefährlich, weil Rechtsextreme stark werden, wenn andere demokratische Parteien deren Themen aufgreifen und sie damit legitimieren. Das sollte die CDU im Hinblick auf die Geschichte eigentlich wissen. Eine Demokratie überlebt die Einbeziehung von Rechtsextremen nicht.

Der erste Politiker, der nach 1945 von Nazis ermordet wurde, war ein CDU-Politiker hier aus Osnabrück. Vielleicht sollte sich die CDU, vielleicht gerade Herr Dr. Middelberg, noch einmal damit beschäftigen. Ich weiß, dass Matthias bekannt dafür ist, dass er provoziert. Er ist ein kluger Kopf. Er sollte wissen, wann eine Provokation angemessen ist und wann nicht.


Wie sehen bestimmte soziale Aspekte aus dem Koalitionsvertrag aus, wie zum Beispiel die Wiedereinführung der Sanktionen bei der Grundsicherung? Siehst du da ein Radikalisierungspotenzial bei den Betroffenen, die durch die Maßnahmen mit den Erwerbslosen über einen Kamm geschoren werden, die Arbeitsangebote komplett verweigern?

Meine Hauptkritik am Koalitionsvertrag ist, dass die sozialen Fragen wieder komplett ausgeklammert werden. Der Koalitionsvertrag bietet keine Lösungen für die Fragen unserer Zeit. Das beginnt mit Mieten und Wohnen, wo die Mietpreisbremse um vier anstatt zwei Jahre mit einigen kosmetischen Veränderungen verlängert werden soll.

Aber die Mietpreisbremse hat ja zu der Situation geführt, in der wir uns befinden. Wir brauchen einen Mietendeckel, wir brauchen Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Dies steht so nicht im Koalitionsvertrag. Es gibt viele Ausflüchte und Formulierungen, aber keine konkreten Zahlen. Man hätte den sozialen Wohnungsbau auch über das 100-Milliarden-Investitionsprogramm fördern können, was aber nicht geschehen ist.

Dann noch das Thema Löhne und Renten: Die SPD feiert sich, dass 15 Euro Mindestlohn im Vertrag stehen. Tun sie aber nicht, was selbst Friedrich Merz gesagt hat, als er sagte, dass dies die Mindestlohnkommission aushandeln soll. Ohne politischen Impuls werden die Arbeitgeber die Gewerkschaften überstimmen können.


Bei einer Informationsveranstaltung der SPD, wo die Parteispitze Fragen der Genoss*Innen zum Koalitionsvertrag beantwortet hat, sagte Lars Klingbeil, dass bei einem negativen Ergebnis nicht erneut mit der CDU nachverhandelt würde. Aus seiner Sicht gäbe es nur die Alternative: Minderheitsregierung oder Neuwahl. Welche der beiden Optionen wären aus Deiner Sicht besser?

Ich finde es etwas erpresserisch von Lars Klingbeil, dass er sich schon so kategorisch den Mitgliedern gegenüber positioniert hat. Eine Neuverhandlung wäre insofern eine Option, als die SPD dann sagen könnte, dass sie keine Mehrheit bekommen. Sie muss zentrale Punkte, für die sie sich im Wahlkampf stark gemacht hat, in diesem Koalitionsvertrag durchsetzen.

Was ihnen nicht gelungen ist, wobei ich mir wünschen würde, dass die SPD etwas kämpferischer wäre, weil die CDU auf sie angewiesen ist. Andererseits gibt es Aussagen wie von Jens Spahn Richtung AfD. Am Ende muss sich die CDU entscheiden, auf welcher Seite der Geschichte sie stehen will.

Es nimmt aus meiner Sicht eine Möglichkeit, die ich durchaus für sinnvoll erachtet hätte, drei Punkte, welche auch immer, nachzuverhandeln, die uns wichtig sind. Wenn zum Beispiel ein Mindestlohn von 15 Euro, das Rentenniveau auf 53 Prozent und Kindergeld und Kinderfreibetrag vereinheitlicht würden, damit in diesem Land jedes Kind gleich viel wert ist. Dies wären drei Punkte, die ich nennen würde.


Wie sehen deiner Meinung nach die nächsten vier Jahre für Deutschland aus, falls SPD und CDU/CSU zusammen regieren?

Unsozial, aber das ist nicht neu. Für uns ist es wichtig, dass wir die sozialen Themen auf die Agenda setzen, dass wir eigene Vorschläge machen, damit sich die anderen Parteien dazu positionieren müssen. Warum ist man gegen den Mietendeckel, warum will man den Mietwucherparagrafen nicht schärfen, warum ist man nicht bereit, Kindergeld und Kinderfreibetrag anzugleichen oder warum setzt man nicht das Rentenniveau auf 53 Prozent fest und viele weitere Themen?

Wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass wir den Menschen konkret helfen. So wollen wir die Sozialberatung ausbauen, wir gehen weiterhin an die Haustüren, wir werden den Mietwucher-Rechner in anderen Städten ausbauen, den es in Hannover schon gibt, und wir werden das Meldeportal gegen Mindestlohnbetrug, damit die Leute sich wehren können, angehen.

Das alles werden wir angehen und schauen, wo wir den Menschen helfen können. Auf diesem Wege werden wir versuchen, progressive Mehrheiten zu bekommen, damit die Bürger*innen in vier Jahren eine andere Option haben. Dafür müssen wir alle daran arbeiten, genauso wie die SPD und die Grünen.

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