»Fresst Gras, dann folgt auch die Brücke!«

Wie die Fans des VfL die Klatsche von Fürth verarbeiten

Das Medienecho auf die jüngste Niederlage des VfL fällt eindeutig aus: Laut OS-Rundschau geht das Team in Fürth »sang- und klanglos 4:0« ein, was auch in dieser Höhe völlig verdient sei. Für die NOZ bleibt Lila-Weiß am Freitagabend »völlig chancenlos. Kraftlos, mutlos, körperlos.« Der NDR berichtet von einem Auftritt, »der Angst macht.« Einhellig sieht man in den Sportredaktionen die Hoffnung auf den Klassenerhalt schwinden. Diesem Eindruck hat der Kommentator an dieser Stelle drei Tage nach dem Debakel nichts entgegenzuhalten. Was sollte man da noch analysieren? Wo beginnen? Die Kette von Fehlzündungen noch einmal aufrollen?

Wenn einem selbst die Worte fehlen, vielleicht ist das ein treffender Zeitpunkt, einmal auf die zu hören, die dem Geschehen auf dem Rasen Woche für Woche am nächsten stehen, im Herzen oder auf der Tribüne, – die Fans.

Und wo kann die Stimmenvielfalt der lila-weißen Follower besser eingefangen werden als im Netz. Also hat sich der Autor umgesehen im virtuellen Fantalk, der sich vom tatsächlichen Geschehen eine Meinung bildet. Fündig geworden ist er auf den Kommentarspalten von OS Rundschau (Facebook) und NOZ, im Treffpunkt lila-weiß (Facebook) sowie im Forum lilaweiss.net.

Wer sich in solchen Räumen auskennt, weiß, dass es hier verbal auch mal aus dem Ruder laufen kann, besonders nach Niederlagen manche Kragen platzen und teilweise eine Diktion gewählt wird, die als Klartext verstanden wird. Wo sollte man sonst Dampf ablassen? Da wundert es nicht, wenn ein »Tritt in den Arsch« als probates Mittel empfohlen wird, und der rhetorische Dreschflegel vom »Allerwertesten«, den sich die Akteure gefälligst »aufreißen sollten«, ist schon fast Standard. Tatsächlich sind solche Griffe ins grob Umgangssprachliche eher Randnotizen. Man sollte sich nicht täuschen. Fußball ist die wohl weltweit am meisten kommentierte Sportart und die Zahl der sich einmischenden »Experten« gigantisch. So auch in Bezug auf den VfL. Zwar liegt es in der Natur von Niederlagen, dass reflexhaft abgelästert wird, dennoch versteht sich der kommentierende Fan nicht selten als ein zwar kritischer, gleichzeitig aber konstruktiv denkendes Mitglied einer Community.

Deshalb können Einblicke in die verbalen Untiefen (über Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit wird hier weggesehen) von Fan-Foren sich zuweilen durchaus lohnen, weil sie Perspektiven erhellen, die in professionellen Reportagen – aus welchen Gründen auch immer – nicht so klar benannt werden. Hinsichtlich der Aufarbeitung des enttäuschenden Saisonverlaufs sind den Fans diese Themen besonders wichtig: Trainer, Mannschaftszusammenstellung, Wintertransfers und Finanzen. Natürlich werden auch Tipps gegeben und nicht zuletzt Fragen gestellt, die Sportredaktionen seltener einfallen.


»die ärmste S…« – Der Trainer

»Was habt ihr denn alle erwartet. Ich denke Schweine ist die ärmste S… wer soll es denn besser machen ohne Geld?«, fragt Michael beim Treffpunkt und bekommt keine Antwort. Wahrscheinlich, weil er den meisten aus der Seele spricht. Hinsichtlich der Personalie Tobias Schweinsteiger geht eine überwältigende Mehrheit davon aus, dass es »sehr dumm« wäre, »das größte trainertalent im deutschen fußball vom hof zu jagen« (lilaweiss.net). Auf die Frage »Trainer raus?« reagieren die meisten mit Unverständnis.  Der habe schließlich schon gezeigt, dass er´s kann und könne am wenigsten für das aktuelle Desaster.

Fazit: »Wirft man TS raus, dann wird das nur Geld kosten.« (lilaweiss.net)


»Profis spielen … für Geld und dann erst für eine geile Stimmung…«

Damit kommen wir den von Fanseite gemutmaßten Ursächlichkeiten für das Zweitligadilemma näher. Michael hat schon angesprochen, wie sich die Vereinsführung darin übt, gebetsmühlenartig zu wiederholen, dass es an Geld fehle.

Was man jedoch auf Fanseite nicht länger schlucken will: »Seit Jahren immer das Gleiche, keine Erneuerungen, keine Stabilität und vor Allem, warum eigentlich, nie Geld? Andere Mannschaften schaffen es doch auch, warum immer und immer wieder der VfL nicht?«, fragt einer auf noz.de und findet an gleicher Stelle deutliche Unterstützung darin, die Geschäftsführung zu hinterfragen, die » es offensichtlich nicht schafft, in dieser fußballbegeisterten Region, adäquate Sponsoren zu finden und diese zu überzeugen, in diesen Verein zu investieren. Warum schaffen das immer wieder andere Vereine mit so einer Tradition wie der des VfL, nur eben der VfL nicht?« Ein paar Klicks weiterwird im gleichen Tenor nachgebohrt: »Warum hat der VfL keinen wirklichen finanzkräftigen Sponsor(en)?? Wenn man sich die Sponsorenwand anderer Vereine ansieht, dann kennt man mindestens die Hälfte der aufgeführten Firmen, wer außer VW ist sonst noch beim VfL bekannt? Es ist ja wohl die Aufgabe der Geschäftsführung und Vereinsvorstand dafür zu sorgen, dann kann der Sportdirektor auch bessere Spieler verpflichten und der Trainer dementsprechend mehr erreichen.«

Rumms. Da sollten einigen die Ohren klingeln und sie dürfen sich nicht wundern, dass Ähnliches im Chat zu einem anderen Artikel auf noz.de geradezu gefordert wird: » Also müssen finanzstarke Sponsoren gefunden werden«.

Unisono ist aus allen Foren herauszuhören, dass man sich fragt, wie die Liga überhaupt gehalten werden soll »ohne Geld«.


»zweitligauntauglich« – die Mannschaft

Ebenso einhellig scheint die Einschätzung der Mannschaft insgesamt: »Wir haben keine Qualität in der Mannschaft. Wir können mit der Mannschaft nur ein Spiel gewinnen oder positiv gestalten, wenn alle über ihre Grenzen gehen und keine Fehler machen und der Gegner einen schwachen Tag hat.« (noz.de) Beispielhaft dafür, wie und mit wem man besonders hart ins Gericht geht, könnte dieser Kommentar stehen: »Der Kader ist einfach miserabel zusammengestellt worden. Dies ist schon vor Wochen erkennbar gewesen. Der Verantwortliche für diese Planung muss in die Wüste geschickt werden, einfach eine Katastrophe. Die Abgänge wurden nicht ansatzweise ersetzt, als Aufsteiger hätte man sich eigentlich verstärken müssen. Es wurden mittelmäßige Spieler von Absteigern geholt, außerdem Spieler die nicht fit waren oder sind.« (noz.de)

Das zielt eindeutig auf den Sportdirektor, dem seinerseits dafür jegliches Verständnis fehlt und der sich darüber aufregen kann, dass er sich dafür fast schon entschuldigen müsse, »dass wir aufgestiegen sind.« (NOZ v. 30.10.)

In den Foren sehen das nicht wenige anders. Dort wird der Hinweis Schweinsteigers auf der PK, dass die Mehrzahl der Spieler aus der 3. Liga und einige sogar aus der 4. Liga kommen, als indirekte Kritik an der Kaderplanung Amir Sharpourzadehs gedeutet. (lilaweiss.net). Das »Geschenk« vom unverhofften Aufstieg weiß man allemal zu schätzen, auf der Fan-Seele lastet nur, wie die Vereinsführung damit umgeht.


»irgendwie in die Winterpause retten«

Allen, die mit dem VfL bangen ist klar, dass wir »diesen Kader … jetzt leider nun einmal« haben. Somit fokussiert sich die Resthoffnung einzig darauf, »wenn wir in der Winterpause Geld in die Hände nehmen« (lilaweis.net), denn: »Eigentlich muss es im Winter gefühlt mindestens 3 bis 4 Transfers geben, um noch irgendwie den Turnaround zu schaffen. Die Frage ist, ob es dann nicht eventuell schon zu spät ist.« (lilaweiss.net)

Wobei die Hoffnungen bei manchen dadurch gedämpft werden, dass man weiß, wie selten es beim VfL in den letzten Jahren hingehauen hat mit den Wintertransfers. In diesem Zusammenhang erinnert sich ein User an einen gewissen Flamur Kastrati, mit dem man es 2011 beinahe geschafft hätte, wenn nicht ein Schädel-Hirn-Trauma dazwischengekommen wäre.

Einigkeit herrscht wiederum im Hinblick auf die Art und Weise, wie der VfL es nur bis zur Winterpause schaffen kann, wenn man dann noch eine Perspektive haben will:» wir müssen eine Mannschaft haben die mit Kampf und Leidenschaft und mit der Hilfe der Fans jeden Gegner vor Probleme stellt, egal in welcher Liga.« (lilaweiss.net) Die Lösung liegt, wenn überhaupt, aus Fan-Sicht in der Beschwörung altbekannter Tugenden, d.h. also » die brücke und die mannschaft müssen samstag als einheit auftreten und kiel von der ersten sekunde an zeigen, dass an der brücke nichts zu holen ist. als verschworene einheit stehen wir zu winterpause auf rang 15. (lilaweiss.net)

Im Zuge solchen Mutmachens kommt automatisch der »Allerwerteste« ins Gespräch und Appelle wie eingangs in der Schlagzeile hinterlegt. Ausbrüche der Verzweiflung von lauter Mitleidenden.

Zu Wort melden sich aber auch jene, die in taktischer Hinsicht mitdenken. So meint ein User auf noz.de: »Ein 4-3-3 in der Form scheint nicht zu funktionieren, wie TS es sich vorstellt. Einerseits zu offensiv, andererseits zu viel Gegendruck auf die Abwehr, der vom Mittelfeld nicht unterbunden werden kann.« Ein sesselfan auf lilaweiss.de meint, dass »die Doppel 6 jetzt eine sinnvolle Maßnahme wäre«, was eine Kommentatorin auf noz.de in einem Halbsatz auf den Punkt bringt: »auf 4-4-2 umstellen, mit zwei Sechsern.« Womit eine andere Stimme im gleichen Chat »zu 100% einverstanden« ist, um noch zu ergänzen: »Das Mittelfeld muss dichter stehen … Vorne braucht Engelhardt Unterstützung. Verhoek von Anfang an!«

Was auch immer davon zum Trainer oder zur Mannschaft durchdringen mag, eins ist sicher: Das Jammern und Klagen kann noch so beredt sein, am Samstag gehen doch alle wieder hin. Logo, sonst wären es ja keine Fans.

spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
Follow by Email
Facebook
Youtube
Youtube
Instagram
Spotify