Donnerstag, 4. Juli 2024

Großes Interesse an Butterwegges Thesen

 

Feierabendgespräch zum Thema „Ungleichheit, Armut und Reichtum“
Schon vor Beginn der Veranstaltung am 20.06.2024 waren alle Plätze besetzt, sodass weitere Stühle aufgestellt werden mussten, um den etwa 80 Interessierten Platz zu bieten.

Nach der Vorstellung durch die Osnabrücker Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der Gruppe Die Linke, Heidi Reichinnek, begann Prof. Dr. Christoph Butterwegge seinen lebhaften Vortrag, der sich mit der Entwicklung der Armut und Ungleichheit seit den 80ern beschäftigte.

In dieser Zeit war ein Ansteigen der Kinderarmut festzustellen: „Mit der Einführung von Hartz IV verdoppelte sich die Kinderarmut, denn Hartz IV schaffte die Arbeitslosenhilfe ab und halbierte die staatliche Unterstützung z.B. für eine/n gutverdienende/n Facharbeiter*in.“ Die Umbenennung von Hartz IV in Bürgergeld änderte an dieser Entwicklung wenig. Vielmehr wuchs die sozioökonomische Ungleichheit laut Butterwegge ständig weiter an. In den letzten Jahren, so der Referent, ging die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander: Während die Einkommensschwachen unter steigenden Preisen litten, verzeichneten Gold und Aktien auch während der Inflation hohe Wertgewinne.

Heute besitzen 1% der Bevölkerung über 35 % des Vermögens in Deutschland, die fünf reichsten Familien zusammen allein 250 Milliarden Euro, mehr als die ärmere Hälfte der Gesamtbevölkerung. Damit verbunden ist politische Macht, die eine progressive Sozialpolitik ebenso verhindert wie die Wiedererhebung der Vermögensteuer. Gleichzeitig wachsen sowohl relative Armut als auch absolute Armut, die Letztere durch Obdach- und Wohnungslosigkeit aufgrund explodierender Mieten, Räumungsklagen und Zwangsräumungen bedingt.

Als Beispiel für extreme Ungleichheit nennt Butterwegge, dass wegen einer zeitweilig drohenden Verschärfung der Erbschaftsteuer für Firmenerben von deutschen Großunternehmern an 90 Kinder unter 14 Jahren 29,4 Milliarden Euro „verschenkt“ wurden – nur um die Erbschaftsteuer später zu umgehen: „Wer die Armut bekämpfen will, muss an die Vermögen der Reichen ran!

Die Armut der einen begründet den Reichtum der anderen.“ Ursachen der wachsenden Armut sind aber nicht nur auf der Einnahmeseite zu finden, sondern auch bei den Ausgaben: „Während für Rüstung immer mehr Geld zum Fenster hinausgeworfen wird, kürzt man stärker bei den Sozialausgaben.“

Zum Abschluss formulierte Butterwegge Forderungen, um die wachsende Spaltung der Gesellschaft zu bremsen und langfristig zu verringern:

15 €Mindestlohn, Tarifbindung und Allgemeinverbindlichkeit stärken, Befristungen und Leiharbeit verbieten oder zumindest stark einschränken und die Basis der Beiträge für den Sozialstaat verbreitern. Er machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass sich die Politik der AfD trotz anderer Behauptungen nur an den Interessen der Reichen orientiere.

Anschließend stellten die Zuhörer*innen, darunter viele Jüngere, Fragen zu karitativen Einrichtungen wie der Tafel, zur Geldspende der Millionenerbin Marlene Engelhorn und zur Forderung nach Gehaltsobergrenzen. Butterwegge stellte fest, dass karitative Arbeit zwar notwendig ist, aber nichts an den bestehenden Verhältnissen ändert. Zu Frau Engelhorn merkte er an, dass er eine solche Summe vor allem für alternative Medien zur Verfügung gestellt hätte, um eine Stimme gegen die Narrative der Herrschenden zu unterstützen. Zum Abschluss machte Butterwegge klar, dass er von Gehaltsobergrenzen wenig halte, aber eine korrekte Besteuerung fordere: „Wenn man viel verdient oder vermögend ist und deshalb viel Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern zahlt, macht Solidarität erst richtig Spaß.“

Zum Schluss gab es noch einen Hinweis auf das nächste Feierabendgespräch: Save the date: 10.12.2024, Thema „Mindestlohn in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen“.

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