spot_imgspot_img
spot_img
Samstag, 13. September 2025
spot_img

In der 2. Halbzeit spielen wir auf die Ost, oder …?

Das Geheimnis um die Platzwahl an der Brücke endlich gelüftet

Wir schreiben den ersten Spieltag der laufenden Saison beim VfL Osnabrück. Zum Pflichtspieldebüt ist die Alemannia aus Aachen an der Brücke zu Gast, beide Mannschaften betreten das Feld und nach kurzem Abklatschen treffen sich die beiden Kapitäne mit dem Schiedsrichterteam im Mittelkreis für den obligatorischen Münzwurf. Danach tauschen die beiden Mannschaften die Seiten, Aachen-Keeper Olschowsky läuft auf die Ostkurve zu, um seinen Platz im Tor einzunehmen, der ein oder andere Schmähruf fliegt ihm entgegen, so weit so unspektakulär.

Aber ganz so alltäglich war der Vorgang nicht, im Stadion reiben sich einige die Augen: Hatte nicht Neu-Kapitän Jannik Müller vom VfL den Münzwurf gewonnen und damit die Platzwahl für sich entschieden?

Ja, hatte er und danach mit einem ungeschriebenen Gesetz der Bremer Brücke gebrochen. Wir spielen eigentlich zuerst mit der Ost im Rücken und in der zweiten Halbzeit auf die Ost. Schon immer.

Was das Trainerteam oder Kapitän Müller dazu veranlasst haben mag, mit dieser „Tradition“ zu brechen, lassen wir jetzt mal außen vor. Schon beim nächsten Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken wurde wieder so entschieden „wie wir es schon immer gemacht haben“. Aber das Ganze gibt Anlass zu der Frage: Ist das auch sinnvoll? Ist der VfL stärker, wenn erst in der zweiten Halbzeit auf die Ost gespielt wird? Es nützt nichts, wir brauchen Zahlen.

Und die fördern die ein oder andere Kuriosität zutage. Zum Beispiel, dass dem VfL nach dem 1:0 Heimsieg gegen die Amateure vom BVB Anfang Februar, bei dem Wiemann gegen den Pfosten krachte, kein Tor mehr in der zweiten Halbzeit vor der Ost gelang. Dass man in eben dieser Rückrunde von den letzten acht Heimspielen nur drei gewinnen konnte und dabei jedes Mal in der ersten Halbzeit auf die Ost und in der zweiten auf die West gespielt hat. Dass wir in der letzten Zweitligasaison nach dem Heimsieg gegen den HSV am siebten Spieltag kein einziges(!) Tor mehr in der zweiten Halbzeit vor der Ost erzielen konnten, obwohl es noch sieben Mal die Möglichkeit dazu gab.

Aber nein, Jannik Müller lag gegen Aachen mit seiner Entscheidung trotzdem falsch. Schaut man sich die letzten vier Spielzeiten an, ergibt sich ein Gesamtbild, demzufolge die jahrzehntelange Seitenwahl-Tradition ihre Berechtigung hat, wenn auch nur knapp.

Pokalspiele sind mit eingerechnet, das Schalke-Spiel am Millerntor rausgerechnet, so haben wir eine statistische Größe von 79 Spielen über vier Jahre. 60 mal wurde zuerst auf die West und dann auf die Ost gespielt, nur 19 mal anders herum. Von den 60 Spielen konnten 25 gewonnen werden, 20 gingen verloren und 15 mal trennte man sich Unentschieden bei einem Gesamttorverhältnis von 85:80.

Bei den 19 Spielen ist die Bilanz ausgeglichen bei negativem Torverhältnis: acht Siege, acht Niederlagen und drei Unentschieden bei einem Gesamttorverhältnis von 25:29.

Davon abgesehen performt der VfL vor der Ostkurve definitiv besser als vor der Westkurve. Schaut man sich die 79 Halbzeiten auf beiden Seiten jeweils nur für sich genommen an, dann stehen 26 Siege, 31 Unentschieden und 22 Niederlagen bei 58:46 Toren vor der Ostkurve 23 Siegen, 33 Unentschieden und 23 Niederlagen bei 47:57 Toren vor der Westkurve gegenüber.

Was lernen wir daraus? Jannik Müller lässt dieses Experiment mit dem Seitentausch bitte weiter in der Schublade und beim Fußball gilt vielleicht doch manchmal das, was so furchtbar klingt und im Leben abseits des runden Leders den Charme von Mottenkugeln hat: „Wir haben das schon immer so gemacht und das bleibt auch so!“

spot_img
September 2025spot_img
Oktober 2023spot_img
August 2024spot_img
Okotber 2025spot_img
Juni 2025spot_img
2015spot_img
November 2020spot_img
August 2024spot_img
erscheint Oktober 2025spot_img