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Donnerstag, 7. August 2025
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BAFÖG-Geförderte werden „offiziell“ weniger, aber …

4 % weniger Geförderte im Jahr 2024 – trotz wachsender Einkommensprobleme bei den Studis

Seit die damalige, SPD-geführte Bundesregierung unter Willy Brandt das BAFÖG gegen konservativen Widerstand auf den Weg brachte, sollte dies zunächst ein zentraler Schritt sein, um mehr Studierende aus Arbeitnehmerhaushalten eine Studiermöglichkeit zu eröffnen. Mehr Chancengleichheit schien zunächst gewährt. Seit Jahrzehnten jedoch verweigern neoliberal ausgerichtete Bundesregierungen eine bedarfsgerechte Angleichung an die sozialen Verhältnisse.


BAFÖG: zu Beginn war es eine echte Erfolgsgeschichte

1972 wurden noch – sage und schreibe – 44,6% der Studierenden durch BAföG gefördert (270.000 BAföG-EmpfängerInnen bei damals 606.000 eingeschriebenen Studierenden). Auch der Kreis der Anspruchsberechtigten wurde im Laufe der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich erweitert. Neben Studierenden wurden auch Auszubildende, SchülerInnen und andere anspruchsberechtigt.

Alle zwei Jahre fand eine Überprüfung der Bedarfssätze statt (Novellierung des Gesetzes), dies gilt auch heute noch. Trotz verschiedener Forderungen nach einer Dynamisierung des Anspruchs gem. allgemeiner Preissteigerung und studentischem Warenkorb oder eines zielgerichteten Ausbaus in Richtung Grundeinkommen, passiert dahingegend nahezu nichts – eher das Gegenteil.

1974 wurde ein verpflichtendes Grunddarlehen trotz massiver Proteste eingeführt, das jeweils unabhängig von der wirklichen Förderhöhe von jedem/jeder BAföG-EmpfängerIn aufzunehmen ist. Die Höhe des Darlehensanteils stieg bis 1977 auf bis zu 150,- DM. Das Grunddarlehen war unverzinst zurückzuzahlen. Nur wer einen höheren BAföG-Anspruch hatte, bekam noch einen Zuschuss.

Immer mehr Studis sind deshalb seit Jahrzehnten gezwungen, nebenher zu arbeiten. Im Jahr 2024 haben nur noch 612 800 Personen monatliche Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 22 800 oder 4 % weniger Geförderte als im Vorjahr. Damit sank die Zahl der BAföG-Geförderten auf den niedrigsten Wert seit dem Jahr 2000, nachdem sie in den Jahren 2022 und 2023 leicht angestiegen war.

Die Kritik, die vor allem linke Studi-Organisationen seit vielen Jahren an AFÖG-Regelungen äußern, bleibt trotz minimaler Verbesserungen durch die frühere Ampel-Regierung bestehen. Die FDP blockierte seinerzeit jede echte Verbesserung – und von Kanzler Merz wie von der Union ist derzeit auch nichts Positives zu erwarten.

Die versprochene Strukturreform, um Bildungsungerechtigkeit und Armut effektiv zu bekämpfen blieben stets aus. Die Bedarfssätze wurden zuletzt um lediglich 5% erhöht, was angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten insbesondere in den Städten als unzureichend empfunden wird und weiterhin unter dem Existenzminimum des Bürgergelds liegt.

Auch eine zuletzt vorgenommne Erhöhung der Freibeträge um 5,25% in Bezug auf das Einkommen der Eltern reichte bei weitem nicht aus, um den Kreis der Berechtigten ausreichend zu erweitern, da mittlerweile nur noch weniger als 11% der Studierenden BAföG erhalten.

Das Einkommen, dass bedürftige Studis erhalten, ist ohnehin nicht üppig: BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger erhielten im Jahr 2024 durchschnittlich 635 Euro pro Monat, das waren 5 Euro weniger als im Vorjahr. Die Ausgaben des Bundes für die BAföG-Förderung sanken im Vergleich zum Vorjahr um 9 % oder 316 Millionen Euro auf 3,1 Milliarden Euro.


Fast acht von zehn BAföG-Geförderten im Jahr 2024 waren Studierende

Im Jahr 2024 waren 79 % der nur noch kleinen Minderheit von BAföG-Geförderten Studierende (483 800). 21 % waren Schülerinnen und Schüler (129 000). Studierende erhielten monatlich im Durchschnitt 657 Euro an BAföG-Förderung. Bei Schülerinnen und Schülern lag der durchschnittliche monatliche Förderbetrag bei 539 Euro. Die Höhe des individuellen Förderbetrags ist unter anderem abhängig von der besuchten Ausbildungsstätte (zum Beispiel Berufsfachschule oder Hochschule), der Unterbringung (bei den Eltern oder auswärts) sowie vom Einkommen der Geförderten und ihrer Eltern.


Weiterhin höherer Frauenanteil unter den BAföG-Geförderten

BAföG-Geförderte waren im Jahr 2024 häufiger weiblich als männlich, typischerweise unter 25 Jahre alt und wohnten mehrheitlich nicht bei ihren Eltern. So war ähnlich wie in den Vorjahren der Frauenanteil unter den Geförderten mit 59 % größer als der Männeranteil (41 %). Zwei Drittel der Geförderten (67 %) waren unter 25 Jahre alt. 71 % der Geförderten wohnten nicht bei ihren Eltern.


Förderung mit neuer Studienstarthilfe größtenteils aufgrund von Bürgergeld-Bezug

Immer stärker wird eine Interessengleichheit von bedürftigen Studis mit anderen Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Ab dem Wintersemester 2024/2025 wurde die „Studienstarthilfe“ als neues Förderinstrument im BAföG eingeführt. Dabei handelt es sich um einen einmaligen finanziellen Zuschuss zum Studienbeginn in Höhe von 1000 Euro. Die Studienstarthilfe richtet sich an Personen unter 25 Jahren, die vor Beginn des Studiums bestimmte Sozialleistungen beziehen und sich erstmalig für ein Studium immatrikulieren. Die Förderung mit Studienstarthilfe erfolgt unabhängig von einem möglichen monatlichen BAföG-Bezug. Im Jahr 2024 wurden 10 700 Personen mit einer Studienstarthilfe gefördert. Der Bund wendete dementsprechend 10,7 Millionen Euro für die Studienstarthilfe auf.

Der Anspruch auf Studienstarthilfe begründete sich meist mit Leistungen nach SGB II („Bürgergeld“), welche 61 % der Studienstarthilfe-Geförderten vor Studienbeginn bezogen. Bei 21 % der Studienstarthilfe-Geförderten lag der Bezug von Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz zugrunde, bei 16 % der Bezug von Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz. Ähnlich wie bei den BAföG-Geförderten war der Frauenanteil unter den Studienstarthilfe-Geförderten mit 57 % höher als der Männeranteil (43 %).


Forderungen aus ASten und linken Hochschulgruppen

Linke Studi-Organisationen wie die Juso-Hochschulgruppen sowie die ASten der niedersächsischen Hochschulen fordern eine umfassendere Strukturreform, die die Lebensrealität der Studierenden besser berücksichtigt. Notwendig sind aus deren Sicht:

  • Erhöhung der Bedarfssätze und Wohnpauschale: Eine sofortige und regelmäßige Anpassung an die steigenden Lebenshaltungskosten, denn der Wohnort des Studiums trägt massiv zur sozialen Differenzierung bei.
  • Verbesserte Rückzahlungsbedingungen: Eine Reduzierung der Rückzahlungsbeträge und flexiblere Bedingungen – mit dem Ziel, wieder zu einem Vollzuschuss zu kommen.
  • Entbürokratisierung und Ausweitung der Berechtigten: Vereinfachte Antragsverfahren ohne zusätzliche bürokratische Hürden und höhere Freibeträge, damit mehr Studierende BAföG bekommen.
  • Zinsen des KfW-Studienkredit senken: Studierende, die auf den KfW-Studienkredit angewiesen sind, tun dies nicht gerne. Jedoch amerikanische Verhältnisse mit so hohen Zinsen fördern, das ist unverhältnismäßig, zumal es sich um einen Bildungskredit handelt und dieser während der Pandemie aktiv von der Regierung zinsfrei angeboten worden ist.

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