Große Unzufriedenheit mit Scholz
Geringer Vorsprung von Merz bei K-Frage
Mehrheit gegen finanzielle Hilfen für Autoindustrie
Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und jetzt in Brandenburg haben die Ampelparteien teilweise heftige Niederlagen einstecken müssen und auch die CDU hat schlecht abgeschnitten. Gleichzeitig hat mit der Nominierung von Friedrich Merz zum Kanzlerkandidaten der Union der Bundestagswahlkampf begonnen.
Die aktuelle bundespolitische Stimmung ist durch eine anhaltend große Unzufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung und des Bundeskanzlers gekennzeichnet: So sagen nur 35 Prozent, dass sie mit der Arbeit von Bundeskanzler Olaf Scholz zufrieden sind (nicht zufrieden: 58 Prozent; Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils „weiß nicht“). Die Arbeit der Bundesregierung beurteilen lediglich 31 Prozent positiv (negativ: 64 Prozent). Allerdings glaubt auch nur eine Minderheit von 34 Prozent (Sept. I: 38 Prozent), dass es die CDU/CSU besser machen würde, wenn sie an der Regierung wäre (schlechter: 16 Prozent; kein Unterschied: 46 Prozent).
Streit in der Ampel nach den Landtagswahlen
Nach den zum Teil sehr schlechten Ergebnissen für die an der Bundesregierung beteiligten Parteien bei den Landtagswahlen erwarten 49 Prozent, dass der Streit innerhalb der Koalition noch zunehmen wird, 43 Prozent gehen hier von einer unveränderten Situation aus und nur 5 Prozent erwarten, dass es zu weniger Streit kommen wird.
K-Frage
Angesichts dieser ambivalenten Situation aus Unzufriedenheit und fehlender Alternative zeigt die Frage, wen man lieber als Bundeskanzler hätte, kein so eindeutiges Bild: Vor die Wahl gestellt, sich zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz entscheiden zu müssen, sprechen sich 37 Prozent für Scholz aus und 43 Prozent für Merz; 20 Prozent können oder wollen sich da aber nicht festlegen.
Alternativen als Kanzlerkandidaten
Für beide Parteien glauben jeweils Mehrheiten, dass es attraktivere Kandidaten gäbe: So meinen 71 Prozent, dass die SPD mit einem anderen Kanzlerkandidaten als Scholz größere Chancen bei der Bundestagswahl hätte und nur 23 Prozent, dass das nicht der Fall wäre. Bei entsprechender Nachfrage sagen insgesamt 47 Prozent, dass die SPD mit Boris Pistorius erfolgreicher wäre und 18 Prozent meinen mit einem anderen Kandidaten oder einer anderen Kandidatin. Bei der Union glauben 24 Prozent, dass die CDU/CSU ein besseres Ergebnis mit einem Kanzlerkandidaten Hendrik Wüst erzielen würde und 23 Prozent setzen auf Markus Söder. 9 Prozent sehen da einen anderen Kandidaten oder Kandidatin und 30 Prozent meinen, dass es niemanden gäbe, der besser als Merz dafür geeignet wäre.
Top Ten: Friedrich Merz mit deutlichen Imageeinbußen
Dass sich so viele bei der K-Frage nicht entscheiden können, liegt auch daran, dass beide Konkurrenten um das Amt des Bundeskanzlers negativ bewertet werden.
Bei der Beurteilung von Politikerinnen und Politikern nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius weiter unangefochten auf Platz eins. Er wird auf der Skala von +5 bis -5 mit einem Durchschnittswert von 1,8 (hier und im Folgenden Vergleichswert aus September I: 1,8) eingestuft. Auf Platz zwei liegt mit 1,1 Hendrik Wüst, der von den Befragten wieder zu den zehn wichtigsten Politikern gerechnet wird. Mit deutlichem Abstand folgen dann Markus Söder mit 0,0 (0,2), Friedrich Merz mit minus 0,5 (minus 0,1), Robert Habeck, auch er mit minus 0,5 (minus 0,8), Annalena Baerbock mit minus 0,7 (minus 0,9), Olaf Scholz, ebenfalls mit minus 0,7 (minus 0,9), Sahra Wagenknecht mit minus 1,1 (minus 1,1) und Christian Lindner mit minus 1,3 (minus 1,1). Weiter deutlich im Negativbereich verbleibt Alice Weidel mit minus 2,6 (minus 2,7).
Projektion
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 16 Prozent (plus 1), die CDU/CSU nur noch auf 31 Prozent (minus 2) und die Grünen kämen auf 12 Prozent (plus 1). Die FDP würde 4 Prozent, die AfD 17 Prozent und die Linke 4 Prozent (alle unverändert) erreichen, das BSW läge bei 8 Prozent (plus 1) und die anderen Parteien zusammen bei 8 Prozent (minus 1), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen würde. Bei einem solchen Ergebnis würde es reichen für eine Koalition aus Union und SPD oder ganz knapp für eine Koalition aus Union und Grünen.
Finanzielle Hilfen für die Autoindustrie
Im Rahmen der Umstellung auf mehr E-Mobilität ist die deutsche Autoindustrie in eine Absatzkrise geraten. Kurzarbeit bis hin zu Werksschließungen auch im Zulieferbereich drohen. In der Bundesregierung gibt es Überlegungen, ob und wie man mit finanziellen Anreizen der Branche helfen könnte. Eine deutliche Mehrheit von 57 Prozent spricht sich jedoch gegen eine finanzielle Unterstützung der Autoindustrie aus (dafür: 38 Prozent).
Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah
In den letzten Wochen haben die Kampfhandlungen zwischen der schiitischen Hisbollah-Miliz und Israel zugenommen. Die Schuld dafür geben 15 Prozent hauptsächlich Israel, 19 Prozent der Hisbollah und 55 Prozent meinen, es seien beide Seiten gleichermaßen dafür verantwortlich.
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 24. bis zum 26. September 2024 bei 1.348 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch und online erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: SPD 19 Prozent, CDU/CSU 31 Prozent, Grüne 18 Prozent, FDP 2 Prozent, AfD 13 Prozent, Linke 4 Prozent, BSW 8 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 18. Oktober 2024.