Gesichter meiner Stadt: Viorica Bodnar – „Alle international hier!“

Diese neue Serie bildet das multikulturelle und internationale Leben in Osnabrück und Umgebung ab. In dem vor einigen Jahren gegründeten Jugendmedienprojekt treffen Schülerinnen und Schüler auf Menschen in unserer Region, die aus verschiedenen Regionen der Welt nach Osnabrück & Umzu gekommen sind, führen Interviews und schreiben Porträts. Die Vielfalt der Region soll durch viele verschiedene Porträts hier lebender Menschen mit Migrationshintergrund gezeigt werden. Dabei geht es nicht nur um Erfolgsgeschichten, sondern auch um ganz Alltägliches. Die Osnabrücker Rundschau veröffentlicht in loser Reihenfolge Porträts, die Schülerinnen und Schüler der Ursulaschule Osnabrück im Profilkurs „Welt der Medien“ (Jahrgangsstufe 9) für GESICHTER MEINER STADT geschrieben haben.

 

Viorica Bodnar (Rumänien)
„Alle international hier!“
von Alina Westerheide

„Ich bin ein sehr positiver Mensch. Wenn ich was falsch gemacht habe, versuche ich, wieder nach vorne zu gucken und es besser zu machen.“ Das beschreibt die 49-jährige Veronica Bodnar ziemlich gut. Sie trägt eine schwarze Nike-Jacke, blaue Jeans und eine Brille zu ihrem geflochtenen Zopf. Eigentlich heißt sie Viorica, doch sie möchte lieber mit dem „deutscheren“ Namen Veronica angesprochen werden. Die gebürtige Rumänin wohnt auf einem Milchviehbetrieb in Wellingholzhausen in der Nähe von Melle.

In ihrer kommunistisch geprägten Kindheit und Jugend lebte Veronica mit ihrer Familie in einem Haus auf dem Land. Als sie älter war, zog die gelernte Tischlerin in eine kleine Wohnung in die Stadt Targu Jiu. Diese Wohnung lag im achten Stock und war mit einem Aufzug zu erreichen, der allerdings oft kaputt war. Das war besonders schlimm, als Veronica mit ihrem Sohn Florian schwanger war.

Veronica arbeitete fünf Jahre in einer großen Fabrik, dann ein paar Jahre in einer Glasfabrik. Nach der Trennung von ihrem Mann half sie in einem Restaurant aus. In ihrer Freizeit hat sie sich mit vielen Freundinnen verabredet, um Kaffee zu trinken oder am Fluss zu liegen und sich zu unterhalten. Mit 21 Jahren kam die dunkelhaarige Rumänin mit ihrem jetzigen Ex-Mann zusammen und heiratete diesen. Sie haben einen gemeinsamen 29-jährigen Sohn namens Florian, der zusammen mit seiner mongolischen Frau Munkhotgon in Bielefeld wohnt. Veronica fügt schmunzelnd hinzu: „Alle international hier!“

Als ihr Sohn Florian groß war, sind viele ihrer Freundinnen ins Ausland gegangen und haben dort gute Erfahrungen gemacht. Also wollte Veronica es auch versuchen. Ihr Plan war es eigentlich, nach Italien auszuwandern, doch dort hat sie keinen freien Platz gefunden; sie entschied sich für Deutschland. Mit einem Transporter, der jede Woche zwischen Rumänien und Deutschland pendelt, kam sie 2007 ohne große Unsicherheiten nach Neuenkirchen.

Zu der Zeit war es schon möglich, ohne Visum über die Grenzen zu gelangen. „War wie eine Reise innerhalb von Rumänien; von einer Stadt in die andere!“ Sie erzählt, dass am Anfang alles ungewiss war, weil sie keine feste Arbeitsstelle hatte. „War alles ein Hin und Her.“ Dann hörte sie, dass auf einem Milchviehbetrieb in Wellingholzhausen eine Arbeitskraft gesucht wird. Daraufhin bewarb sie sich mit Maria, einer Frau aus ihrem Heimatdorf, und bekam den Job.

Deutsch lernte die Rumänin durch das Fernsehen: Wenn sie ein Wort nicht kannte, suchte sie dies im Wörterbuch und bekam dadurch einen immer größer werdenden Wortschatz. „So konnte ich mal merken, was gesagt wurde und was das bedeutet. Auch wenn ich nicht den ganzen Satz verstanden habe.“ Ihr Sohn besuchte sie mit 18 Jahren in seinen Sommerferien das erste Mal. Ebenfalls nach Deutschland ausgewandert ist er aber erst nach seinem Schulabschluss 2015.

Ihre heutigen Aufgaben auf dem Hof bestehen darin, die Kühe zu melken, die Kälber zu füttern und im Haushalt unter die Arme zu greifen. Sie hat auf dem Hof sogar einen eigenen Garten und ein Gewächshaus für Blumen und Gemüse. Manchmal kocht sie für die Familie auf dem Betrieb rumänische Gerichte wie zum Beispiel gefüllte Paprika oder verschiedene Gemüsepfannen, die von allen immer gerne gegessen werden.

Auf dem Hof hat sie eine eigene kleine Wohnung und ein Zimmer im großen Wohnhaus der Familie. „Ich würde schon sagen, das ist mein erstes Zuhause jetzt hier, weil ich hier am längsten gewesen bin“, erzählt sie. „Eigene Tiere habe ich nicht, aber ich habe einen Hund, der fast so wie ein eigenes Tier ist.“ Dabei handelt es sich um den schwarz-weißen Hofhund Mia, der nachts oft vor ihrer Tür liegt oder ihr den ganzen Tag nachläuft.

In ihrer Freizeit trifft Veronica sich oft mit ihrem Sohn und seiner Frau oder mit ihrem Bruder Dionisie, um gemeinsam zu grillen oder auf Konzerte zu gehen. Viele ihrer Verwandten, die sie zwei Mal im Jahr besucht, leben noch in Rumänien. Wegen der Ähnlichkeit zu ihrem Heimatland fühlt die landwirtschaftliche Aushilfe sich in Wellingholzhausen sehr wohl und kann deshalb schon so lange hier ohne Heimweh leben. Im Vergleich zu ihrem alten Leben hat sie dort mehr gearbeitet und kann hier ihr Geld auch etwas sparen und muss nicht von Monat zu Monat leben. Ihre Auswanderung nach Deutschland und so ziemlich alles in ihrem Leben würde sie immer wieder so machen: „Mein Sohn ist glücklich, meine Schwiegertochter ist glücklich, insofern ist alles gut!“

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