Liebe alleskommentierende Nervensägen,
ich weiß, es gibt sie, diese Fachleute für alles, die Expert*innen für Virologie, Ernährung, Bildung, Psychologie, Architektur, Tief- und Hochbau, fürs Klima, die Bundesliga und das Leben als solches – also kurz: Weltenerklärer*innen. Natürlich haben sie vor allem auch mehr Ahnung als sämtliche Politprofis, egal in welchem Ressort, und sie zeigen uns Unwissenden, wo es im Leben langgeht.
Diese Allwissenden müssen nur eine Überschrift lesen und schon ist ihnen klar, worum es sich im Artikel dreht, ob mit oder ohne Zahlschranke ist dabei logischerweise völlig egal. Diese polyvalenten Nervensägen findet man bundesweit überall und lokalbezogen in den Kommentarspalten der NOZ und erst recht bei der Hasepost, wo sich immer wieder Dinos mit Intelligenzphobie in grenzdebiler Einfältigkeit um den dümmsten Facebook-Post des Tages duellieren.
Vom Stammtisch direkt ins Internet
Natürlich wissen diese Nervensägen ganz genau, wie das funktioniert mit dem Internet, indem man gegenteilige Meinungen mit an Blödheit nicht mehr zu übertreffenden GIFs oder, je nach Bedarf, mit Grinse- oder Wutsmileys bestückt, um die restliche Welt wissen zu lassen: „Seht nur her! Ich hab‘s voll drauf, Leute! Eigentlich könnte ich die Autorin dieses Artikels in Grund und Boden schreiben, aber sie ist es doch gar nicht wert …“
Früher saßen diese armen Wichte am Tresen in der Eckkneipe und laberten bei steigendem Alkoholkonsum dem Wirt oder Saufkumpanen mit ihren Stammtischweisheiten eine Blase ans Ohr. Was sollten sie auch sonst tun? Ein anderes Publikum gab es nach ein oder zwei gescheiterten Beziehungen für sie ja nicht, falls es überhaupt irgendein anderer Mensch mit einem dieser Misanthropen jemals ausgehalten haben sollte.
Seit es die AfD und die Querdenker*innen gibt, treten diese Jammergestalten in diversen Foren hin und wieder sogar ganz offen mit Klarnamen auf, mit Vorliebe allerdings immer noch mit dem ein oder anderen Sechserpack hinter Fake- oder Mehrfachprofilen, ein Motor oder ein Auto muss da schon mal als Avatar herhalten, um stellvertretend seine Liebe zu Stars der rechtsradikalen Szene, zu Kampfhunden, RT Deutsch und frei wildernden Möchtegernrockbands zu bekunden. Das einzige Ziel dieser blau-braunen Gruseltruppe ist es, Aufmerksamkeit zu schüren, ihre rechtsradikale Gülle zu verbreiten, Diskussionen zu zerstören und hin und wieder die ein oder andere entzückende Hassbotschaft ins Netz zu kotzen.
„Unwissenheit erzeugt viel häufiger Selbstvertrauen als Wissen …“
… schrieb einst Charles Darwin. Schon damals stieß er auf das Phänomen, dass inkompetente Menschen dazu neigen, ihre Fähigkeiten zu überschätzen. Die beiden Psychologen David Dunning und Justin Kruger gaben diesem Effekt zur Jahrtausendwende einen Namen. Sie wiesen nach, warum unwissende Menschen sich in ihrer Selbstwahrnehmung für allwissend halten, sich gegenüber Kritik oder Verbesserungsvorschlägen aber verschließen, ohne sich ihrer mangelhaften kognitiven Fähigkeiten bewusst zu sein.
Dies erklärt auch den Begriff „gefährliches Halbwissen“. Inkompetente Menschen tendieren gleichzeitig dazu, die Fähigkeiten anderer zu unterschätzen. So fordern sie Gegner heraus, denen sie schlichtweg nicht gewachsen sind. Im Falle des Scheiterns werden dann mit Vorliebe äußere Umstände, die „Lügenpresse“ oder die böse Politik für das eigene Versagen verantwortlich gemacht.
Der Dunning-Kruger-Effekt
oder
Warum haben uninformierte Menschen oft eine falsche Selbstwahrnehmung?
Dunning und Kruger konnten im Rahmen ihrer Forschung einerseits Darwins berühmtes Zitat bestätigen und durch Untersuchungen belegen, dass inkompetente Menschen tatsächlich ihr eigenes Können maßlos überschätzen. Um nämlich unsere eigene Kompetenz richtig einzuschätzen, werden die gleichen Fähigkeiten benötigt, mit denen wir uns Fachwissen aneignen können.
Einfacher gesagt: Nur wenn man sich seines Wissens und Unwissens bewusst ist, kann man zum Beispiel das notwendige Fachwissen erlangen, um die Komplexität eines Automotors oder eines Herzens ausreichend zu erfassen. Das aber ist anstrengend und ohne die Lust am Lernen zum Scheitern verurteilt.
»Ich weiß, dass ich nichts weiß.« (Sokrates)
Albert Einstein hat den berühmten Satz des Sokrates »Ich weiß, dass ich nichts weiß« etwas komplexer formuliert: »Je mehr ich weiß, desto mehr erkenne ich, dass ich nichts weiß.« Ich würde ergänzend sagen: »Ich weiß, dass ich nichts weiß, aber das zumindest weiß ich ganz genau.«
Im Gegensatz zu dummen Menschen stellen kluge Menschen sich und ihr eigenes Wissen ständig in Frage. Und warum? Weil sie stets dazulernen wollen und wissen, dass sie eben niemals alles wissen können.
Dumme Menschen hingegen halten sich für klug, und das ist das eigentliche Problem: Sie wissen nicht um ihre eigene Unzulänglichkeit. Ihre penetrante Dummheit treibt sie sogar zu negativen Höchstleistungen an und das Internet bietet ihnen die geeignete Plattform, weil sie dort selbst für abstruseste Verschwörungstheorien Gleichgesinnte finden.
Brüllaffen
Sie interessieren sich einen feuchten Kehricht für wissenschaftliche Erkenntnisse, sind Klimaleugner, Impfgegner, Wissenschaftsfeinde und scheren sich einen Teufel um medizinische Errungenschaften oder Sterbestatistiken.
„Feinstaub? Ach, ist doch alles Quatsch. Isso!“
„Seit wann wird schönes Wetter als Klimakatastrophe bezeichnet?“
„Und wenn ich den Lauterbach schon sehe! Der hat doch keine Ahnung!“
„In den Intensivbetten liegen doch nur geimpfte Schlafschafe!“
„Massentierhaltung? Na und? Hauptsache, es schmeckt!“
„Und Freiwild und die Onkelz sind überhaupt keine Nazis!“
„Und damit eins klar ist: Solange ich lebe, heißen die Dinger Negerküsse! Haste gehört? NEGERküsse!“
„Und seit wann darf ich nicht mal mehr ZIGEUNERschnitzel sagen?“
Immer dümmer
Die kleine Nervensäge aus Schweden wurde in den vergangenen Monaten und Jahren nahtlos durch Annalena Baerbock und Christian Drosten durch Karl Lauterbach ersetzt und immer wieder wird Sahra Wagenknecht als Kronzeugin der Anklage aufgerufen. Werte AfDler*innen, wisst ihr eigentlich, dass die Wagenknecht bei den Linken ist?
Und die dummen Gören von FfF sollten natürlich lieber zur Schule gehen, statt zu schwänzen. Schließlich hätte es ihnen, den Allwissenden, auch nicht geschadet. Das mag ja sogar sein, doch dann hätten diese intellektuellen Kollateralschäden nicht zur, sondern lieber in die Schule gehen sollen, zumal sie doch laut eigener Aussage die „Schule des Lebens“ oder die „Baumschule“ besucht haben und mit Vorliebe unter ihre Kommentare: „Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten“ setzen. Das Ganze garniert mit vorgefertigten Meinungstafeln, deren Ursprung zumeist auf dummdreisten AfD- oder querdenkenden Reichsbürger-Foren bei telegram zu finden ist. „Das wird man doch noch mal sagen dürfen!“
Diese Brüllaffen, die bar jeder Sachkenntnis ihre Thesen am Tresen verbreiten, gab es schon immer, allerdings noch ohne Satzzeichen-Tourettesyndrom, und ihr lauthals verkündetes Unwissen verfing sich in den wabernden Rauschwaden und säuerlich ätzenden Alkoholfahnen der Eckkneipe, heute verteilt es sich ungefiltert und grenzenlos im Internet. Und solange das trotz aller Sonntagsreden ungehindert geschieht, darf man sich gern über einiges wundern, aber bestimmt nicht über den steten Stimmenzuwachs der AfD.
Isso!!!!!!!!!!11!!!!!!!!!! MUssmanwissen1111111122222222!!!!!!