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Montag, 21. April 2025
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Roncalli in Osnabrück

Weihnachtslaune untem Circuszelt

Roncalli und die Osnabrücker Weihnachtszeit: In der Hasestadt zählt es schon zur Gewohnheit, dass beides gut harmoniert. Dies wiederum beruht auf gegenseitiger Zuneigung, wie Zirkuschef Bernhard Paul schon im letzten Jahr betont hat. Beide Seiten haben sich also gefunden. Wenn alles klappt, wird Roncalli im nächsten Jahr zum zehnten Mal in der Gartlage gastieren.

Roncalli, Weihnachten 2024: Paris ist allgegenwärtig. Foto: OR
Roncalli, Weihnachten 2024: Paris ist allgegenwärtig. Foto: OR

Einmaligkeit als Dauerschleife

Roncalli wäre nicht Roncalli, wenn sich vorjährige Programmteile, noch weniger diejenigen des Vorjahres, stumpf wiederholen würden. Die OR hatte 2023 wie 2022 über den jeweiligen Auftritt berichtet. Ganz im Gegenteil: Alles scheint nur auf den allerersten Blick vertraut. Trotzdem ist das Programm, aufgeführt vor 1.400 Besuchenden, bis ins Detail, neu wie fesselnd. Der einzige Evergreen: Die Manege entfachte wieder mal ein wahres Feuerwerk von Kunst, Akrobatik, Magie wie ungezwungener Unterhaltung – und alles mit bewusstem Verzicht auf Tiere jeglicher Art. Mit Tierquälerei erkaufte Dressurnummern sind bei Roncalli schon lange tabu.

Das aktuelle Programm ist den Vorgängerspektakeln nur in einem Punkt treu geblieben: Es ist die gekonnte Symbiose zwischen Zirkusprogramm und überlieferter Hochkultur. Der Unterschied ist, dass uns bildende Kunst nicht von der Galeriewand anschaut, sondern zum Leben ins Rampenlicht versetzt wird. Die Hochachtung ist dabei beidseitig. Bereits der legendäre Andy Warhol hatte das Roncalli-Manegenuniversum den „wundervollsten Circus der Welt“ genannt. Mit „ARTistART“ knüpft das Circus-Theater Roncalli an das  auch in Osnabrück umjubelte Vorgängerprogramm „All for ART for All“ an. Darbietungen großer Künstler der Geschichte finden ihre Route in die grell erleuchtete Manege. Frisch eingerahmt unter der Zirkuskuppel verschmelzen Heroen der Pinselkunst wie Rembrandt, Keith Haring, Frida Kahlo, Pablo Picasso oder Henri de Toulouse-Lautrec mit Darbietungen des Roncalli-Ballets. Heraus kommt ein völlig neues Gesamtkunstwerk. Gepaart wird es mit charmanter Clownerie und der magischen Roncalli-Atmosphäre.

Rembrandts Mann mit dem Goldhelm. Bei Roncalli ist er quicklebendig. Foto: OR
Rembrandts Mann mit dem Goldhelm. Bei Roncalli ist er quicklebendig. Foto: OR

Paris in Osnabrück

Einen Rahmen des bunten Geschehens boten markante Orte der französischen Hauptstadt. Permanent erstrahlte ein Eiffelturm. Assoziationen an den Montmartre oder an das berühmte Cancan des Moulon Rouge komplettierten die Avancen an den westlichen Nachbarn. Alles bildete den idealen Hintergrund für den gewollten Brückenschlag zur klassischen Kunst. Und der gelang grandios:  Mit dem Programm „Art ist Art“ präsentierte Roncalli seinen Besucherinnen und Besuchern, was man dem Publikum öffentlich versprochen hatte: „Die wohl magischste Hommage an die Kunstwelt, die ein Circus je geboten hat.“

Konkret wurden solche Ankündigungen natürlich erst, nachdem das Publikum auf die Stars der Manege und deren brillantes Feuerwerk blicken konnte. Drehen wir den Scheinwerfer also auf die Magier der Zirkuskunst.

Losts gekonnte Luftakrobatik. Foto: OR
Losts gekonnte Luftakrobatik. Foto: OR

Erzählbrillanz und Körperkunst im Rampenlicht

Als doppelt beleuchteter Dauerbrenner des Abends entpuppte sich Duo „Full House Comedy„. Als solches sorgte das Paar Gaby Schmutz und Henry Camus nicht nur für eine kontinuierliche Programmmoderation. Zusätzlich stellten beide immer wieder heraus, dass sie zugleich wahre Virtuosen der Akrobatik und des Musizierens sind. Daneben agierten sie als meisterhaftes Erzähl-Duo, welches das Publikum in eine fiktive Paris-Reise entführte und einzelne Auftritte als artistische Stationen ihrer persönlichen, 25 Jahre zurückliegenden Hochzeitsreise präsentierten.

Als Clown, der immer wieder im Scheinwerferlicht agierte, sorgte beispielsweise Devlin Bogino mit seiner roten Hotelpagenmütze für laute Lacher. Erinnerungen an Filmclown Charlie Chaplin wurden wiederum wach, sobald Professor Wacko mit gekonnten Slapstick-Nummern auf dem Trampolin agierte.

Klassische Zirkus-Artistik präsentierte das Quartett Lost mit der waghalsigen Luftakrobatik, das eine atemberaubende Sprungkraft an den Tag legte. Die „Azizovs“ praktizierten weit mehr als klassische Turnkunst am russischen Barren. Justin Philadelphia bewies einmal mehr, warum er schon seit Kindheitstagen die Roncalli-Familie bereichert. Sähe man seine athletisch-akrobatischen Darbietungen, kombiniert mit Hilfe seiner blauen Stange, nicht, würde man nie darauf kommen, was man mit einem solchen, simpel anmutenden Gegenstand eigentlich machen kann.

The 4 Supkas. Foto: OR
The 4 Supkas. Foto: OR
In Europa konkurrenzlos: Fußjonglage mit Emma Philips. Foto: OR
In Europa konkurrenzlos: Fußjonglage mit Emma Philips. Foto: OR
Fahrrad-Act mit Fabricio Lapa. Foto: OR
Fahrrad-Act mit Fabricio Lapa. Foto: OR

Kein Roncalli-Event ohne Menschen, die das Publikum mit dem Werfen, Fangen und Jonglieren von großen Ringen in einen Schwindel versetzen. Dies gelang gekonnt der Gruppe „The 4 Supkas“.  „Fussjonglage“ vom Feinsten präsentierte wiederum sehr anmutig Emma Philips, einzige Künstlerin der westlichen Welt, welche diese chinesische Kunst beherrscht. Dazwischen immer wieder das Roncalli-Ballett, deren Mitglieder mit farbenfrohen und fantasievollen Kostümen brillierten.

Kyle Fowler, voll drin im "Cloud Swing". Foto: OR
Kyle Fowler, voll drin im „Cloud Swing“. Foto: OR

Kurzum: Der Gang unter die Kuppel des Roncalli-Circus in der Gartlage lohnt sich. Moderner Zirkus wie dort hat mit Gauklern der Historie nur die Geschichte gemein. Roncalli ist der lebendige Beweis, dass uralte Kulturformen eine Zukunft haben. Vom 14. Dezember bis zum 5. Januar wird dem Osnabrücker Publikum auf jeden Fall weiter eine Mischung aus Artistik und Humor präsentiert.

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