Vor vollem Haus las am letzten November-Sonntag der bekannte TV-Journalist, Autor und Musiker Reinhold Beckmann aus seinem neuen Werk „Aenne und ihre Brüder“. Darin skizziert Beckmann den Lebensweg seiner Mutter Aenne und ihrer vier Brüder nach dem Ersten Weltkrieg bis zur NS-Zeit. Moderiert wurde die Lesung von der Journalistin Anna Engelke, die in den Lesepausen mit Beckmann und dem weiteren prominenten Gast, Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, über jeweilige Erinnerungen an Familien, an die Umbruchszeit und über die Parallelen zu heute sowie über die aktuelle Lage in der Ukraine sprach.
Im aktuellen Buch des bekannten TV-Journalisten, Autors und Musikers wird die Geschichte seiner Familie erzählt, die in einem kleinen, katholisch geprägten niedersächsischen Dorf die Jahre des Nationalsozialismus durchlebte. Im Zentrum steht Beckmanns Mutter Aenne, deren vier Brüder im Krieg starben und die selbst ein von harter Arbeit geprägtes Dasein führte. Das Buch beruht auf Erinnerungen der Mutter und basiert außerdem auf Briefen der Brüder, die sie ihrem Sohn Reinhold später in einer Schuhschachtel vermacht hat. Die hinterlassenen Briefe drehen sich, so Beckmann, offenbar mehr um Alltägliches, aber auch um den Krieg. Man bekommt durch den Vortragenden einen durchaus ausgiebigen Eindruck von den besagten jungen Männern, die wohl keine überzeugten Nazis waren, deren Berichte über den Krieg durch Beckmann jedoch auch kritisch hinterfragt werden. Man hätte allerdings gerne mehr über das Dorfleben und den jüngsten Bruder der Mutter erfahren, der erst kurz vor Kriegsende eingezogen wurde.
In einer bewegenden Biografie berichtet Beckmann insbesondere über die Geschichte seiner Mutter Anna-Maria, genannt Aenne. Ihre vier Brüder hießen Franz, Hans, Alfons und Willi. Die Geschichte der Gemeinschaft spielt im kleinen katholischen Dorf Wellingholzhausen, wo die Familie Haber lebte. Eine wichtige Rolle der Erzählungen spielt auch deren Familienoberhaupt, Schuhmachermeister Mathias, der mit seinem Zwillingsbruder Baltasah im Ersten Weltkrieg aus Frankreich zurückgekehrt war. Im weiteren Verlauf des Abends berichtete Beckmann nicht nur allgemein über Zeit des Nationalsozialismus in Reich und Heimatdorf, sondern auch über die Enttarnung des damaligen Chefredakteurs Josef Burgdorf in Osnabrück, der unter dem Tarnnamen ILEX in der sozialdemokratischen Tageszeitung Freie Presse scharfe Kritik am Nationalsozialismus geäußert hatte.
Über die NS-Zeit hat Reinhold Beckmann besonders ausgiebig mit seiner Mutter Aenne gesprochen. In der Veranstaltung ergänzte der Autor immer wieder das Gelesene mit kleinen Anekdoten aus persönlichen Berichten seiner Mutter. Im Gespräch mit Bundesverteidigungsminister Pistorius sprach Anna Engelke anschließend im Rahmen einer Dreierrunde auch über dessen Biografie, über die aktuellen Umfragezahlen der AfD und über den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine. Jener Krieg, so die allgemeine Erkenntnis, macht das besagte Buch besonders aktuell.