2023 verstarb die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Osnabrücker Künstlerin Hiltrud Schäfer. Die Familie beschloss, anlässlich der Bestattung Spenden einzusammeln und diese für einen Kunstpreis zur Verfügung zu stellen.
Am 1. März 2025 war es dann so weit: nach intensiver Zusammenarbeit mit den „Freunden der Kunsthalle e. V.“, der Familie Hiltrud Schäfer und der Kunsthalle Osnabrück vergibt der Verein „Dreidimensional e. V.“ unter Federführung von Dagmar von Kathen einmalig den Hiltrud-Schäfer-Preis, dotiert mit 10.000 Euro und paritätisch verteilt an vier Preisträger*innen.
Stadtrat Wolfgang Beckermann hält die Einführungsrede und ist begeistert über das ehrenamtliche Engagement der Osnabrücker Kunstszene, deren Protagonist*innen es möglich gemacht haben, diesen Preis auszuloben und weit über die Grenzen Osnabrücks hinaus bekannt zu machen.
So kamen insgesamt 178 Bewerbungen zusammen von Künstlerinnen und Künstlern aus Osnabrück und Umgebung, aber auch aus Oldenburg, Hannover, Bremen, Bielefeld, Münster und anderen Städten Nordwestdeutschlands.
Die fünfköpfige Jury habe es wahrlich nicht leicht gehabt, eine Auswahl zu treffen – so ist es bei vier Preisträger*innen geblieben, die nun für einige Wochen das Kirchenschiff des ehemaligen Dominikanerklosters, in dem sich die Osnabrücker Kunsthalle befindet, und den Ausstellungsraum der Skulptur-Galerie direkt gegenüber bespielen dürfen.
Beckermann betont, dass es diesen Kunstpreis jedoch nicht ohne Hiltrud Schäfer geben würde, die über Jahrzehnte in und um Osnabrück außerordentlich kreativ, neugierig, engagiert gewirkt und ihren Wirkungskreis im Laufe der Jahre immer mehr erweitert hat. Zu ihrem Gedenken ist parallel zu den Preisträger-Arbeiten im Umgang um den Innenhof der Kunsthalle eine eigene Ausstellung über ihr Schaffen entstanden.
Die Preisvergabe wird eingeleitet von Jan Gerrit Schäfer, stellvertretend für die Familie Schäfer, die mit diesem Preis den Namen von Hiltrud Schäfer lebendig halten möchte.
Durch Spenden zur Trauerfeier, Kunstverkäufe und öffentliche Fördermittel ist ein Grundstock in Höhe von 25.000 Euro zusammengekommen, für den nun nach langen Diskussionen über das „Wie“ und „Was“ der Kunstpreis entstanden ist. Für die künstlerische Leitung der Durchführung konnte Annette Hans gewonnen werden.
Schlussendlich einigte man sich auf 10.000 Euro Preisgeld, das paritätisch unter vier Preisträger*innen aufgeteilt werden sollte plus einer Materialzulage, hinzu kommen natürlich Kosten für Organisation und Durchführung, so dass man nun sehr stolz sei, heute den Hiltrud-Schäfer-Preis vergeben zu können.
Allerdings wird es erst einmal bei dieser einmaligen Aktion bleiben, da die Geldmittel ebenso erschöpft sind wie die Organisatoren. Sollten sich aber Personen berufen fühlen, für eine Fortführung dieses Preises zu sorgen, können diese sich vertrauensvoll an Familie Schäfer wenden.
Nun aber zu den Gewinnern und Gewinnerinnen:
Jeder Preisträgerin, jedem Preisträger war ein Laudator, eine Laudatorin zugeteilt, die in launiger Weise Künstler*in und Werk vorstellten.
Nicola Dicke wurde von Manfred Blieffert geehrt für ihre Arbeit „Kindheitstraum“, die zur Zeit in der Skulptur-Galerie zu sehen ist. Er habe sich während des Aufbaus der Modeleisennbahnen durch das Spiegelkabinett an seine Kinderzeit erinnert gefühlt, daran, dass so lange gebaut wurde, bis auch die letzte Weiche, die letzte Kurve verlegt war und endlich der Zug starten konnte.
Nicola Dicke habe es außerdem geschafft, den vorgegebenen Raum der Galerie mit ihrer Installation vollständig auszufüllen. (Anmerkung der Autorin: Schauen Sie abends, wenn es schon dunkel ist, dort vorbei, dann erwachen die Spiegelungen durch die Lichter der Projektoren erst richtig zum Leben und werfen die Schatten der Kindheit an die umliegenden Wände.)
Henriette Uhlhorn stellt die Arbeit „Ablaufkelch“ von Janina Fritz vor, die im Kirchenschiff zu bestaunen ist und hat eine kleine Anekdote dazu parat: Als Kind habe sie immer mit ihrer kleinen Schwester zusammen gebadet, durfte aber immer erst als zweite in die Wanne einsteigen. Da bleib natürlich nur die unbequeme Seite mit dem Stöpsel, der sich dann im Anschluss noch minutenlang als Abdruck auf dem Oberschenkel abzeichnete.
Janina Fritz hat nun den unter dem Stöpsel liegenden Ablaufkelch in solche Dimensionen vergrößert und als Keramik gebrannt, dass es schon eines Riesen bedarf, um einen Abdruck zu hinterlassen.
Die Arbeit der Gruppe Stumpf (Jan Neukirchen und Christian Lohre) mit dem Titel „stagerunner“ stellt Afra Creutz vor. Bei dieser Installation handelt es sich um einen umprogrammierten Saugroboter, der unermüdlich innerhalb eines abgegrenzten Bereichs des Kirchenschiffs seine Runden dreht, ab und zu Strom nachtankt oder sich von störenden Besuchern abwendet, aber auch Linien auf dem Boden hinterlässt.
Afra Creutz sieht eine meditative Installation – bei der Beobachtung des eigenständig agierenden Roboters kommen Fragen auf nach dem Wohin und Wieso, nach Raum und Zeit.
Und last but not least: die riesige Installation von Olga Grigorjewa mit dem Namen „Highleid“ (Lebenshöhepunkte und Leiden des tiefen Falls), die von Juliane Schickedanz präsentiert wird. Olga Grigorjewa glänzt immer wieder mit einer Prise Humor und Hintersinn, wie auch dieses Mal. Die Arbeit wird zur Ausstellungseröffnung zusätzlich von einer herrlichen, von Ironie geprägten Performance durch Sänger Daniel Gloger unterstrichen, der einen ebenfalls zur Arbeit gehörenden Dialog vorträgt, untermalt von Gesang und Geräuschen. („Harry und Sally“ lassen grüßen – Dialogpartner sind Dinge, die in der Installation als Keramiken zu finden sind, aber im wirklichen Leben …)
Neben dem Erlebnis einer tollen Ausstellungseröffnung bleibt nun noch für einige Woche eine sehenswerte Ausstellung an zwei benachbarten Orten:
In der Kunsthalle noch bis zum 30. März 2025, in der skulptur-Galerie von bis zum 15. April 2025