Zum 227. Geburtstag von Heinrich Heine
Hans ohne Land (1854)
Leb wohl, mein Weib, sprach Hans ohne Land,
Mich rufen hohe Zwecke:
Ein andres Waidwerk harret mein,
Ich schieße jetzt andre Böcke.
Ich laß dir mein Jagdhorn zurück, du kannst
Mit Tuten, wenn ich entfernet,
Die Zeit vertreiben; du hast ja zu Haus
Das Posthorn blasen gelernet.
Ich laß dir auch meinen Hund zurück,
Daß er die Burg behüte;
Mich selbst bewache mein deutsches Volk
Mit pudeltreuem Gemüthe.
Sie bieten mir an die Kaiserkron’,
Die Liebe ist kaum zu begreifen;
Sie tragen mein Bild in ihrer Brust
Und auf den Tabackspfeifen.
Ihr Deutschen seid ein großes Volk,
So simpel und doch so begabet!
Man sieht Euch wahrhaftig nicht an, daß Ihr
Das Pulver erfunden habet.
Nicht Kaiser, Vater will ich Euch sein,
Ich werde Euch glücklich machen –
O schöner Gedanke! Er macht mich so stolz,
Als wär’ ich die Mutter der Gracchen.
Nicht mit dem Verstand, nein, mit dem Gemüth
Will ich mein Volk regieren;
Ich bin kein Diplomaticus
Und kann nicht politisiren.
Ich bin ein Jäger, ein Mensch der Natur,
Im Walde aufgewachsen
Mit Gemsen und Schnepfen, mit Rehbock und Sau,
Ich mache nicht Worte, nicht Faxen.
Ich ködre durch keine Proclamation,
Durch keinen gedruckten Lockwisch;
Ich sage: Mein Volk, es fehlt der Lachs,
Begnüge dich heut mit dem Stockfisch.
Gefall’ ich dir nicht als Kaiser, so nimm
Den ersten besten Lausangel.
Ich habe zu essen auch ohne dich,
Ich litt in Tyrol nicht Mangel.
So red’ ich; doch jetzt, mein Weib, leb’ wohl!
Ich kann nicht länger weilen;
Des Schwiegervaters Postillon
Erwartet mich schon mit den Gäulen.
Reich mir geschwind die Reisemütz’
Mit dem schwarz-roth-goldnen Bande –
Bald siehst du mich mit dem Diadem
Im alten Kaiser-Gewande.
Bald schaust du mich in dem Pluvial,
Dem Purpurtalar, dem schönen,
Den weiland dem Kaiser Otto geschenkt
Der Sultan der Sarazenen.
Darunter trag ich die Dalmatica,
Worin gestickt mit Juwelen
Ein Zug von fabelhaftem Gethier,
Von Löwen und Kameelen.
Ich trage die Stola auf der Brust,
Die ist gezieret bedeutsam
Mit schwarzen Adlern im gelben Grund;
Die Tracht ist äußerst kleidsam.
Leb’ wohl! Die Nachwelt wird sagen, daß ich
Verdiente, die Krone zu tragen –
Wer weiß? Die Nachwelt wird vielleicht
Halt gar nichts von mir sagen.
Die grandiose Fassung vom „Weberlied“ der Folkrockband „Schmetterlinge“