Im Interview: Paul Meimberg und Monika Pöttering zur Arbeit des Osnabrücker Seniorenbeirats
Menschen, die über 60 Jahre alt sind, besitzen in Osnabrück eine sehr vernehmliche Interessenvertretung. Was ist das Geheimnis der engagierten Arbeit des örtlichen Seniorenbeirats (SBR)? In einem Dreiergespräch befragte Bernd Glüsenkamp, selbst SBR-Mitglied, dessen Vorsitzenden Paul Meimberg und seine Stellvertreterin Monika Pöttering zu Perspektiven der gemeinsamen Arbeit.
Paul, Du bist Vorsitzender unseres Seniorenbeirats. Sei doch bitte so nett und stell dich der OR-Leserschaft zunächst persönlich vor!
Gern. Ich mache es mal in Kurzfassung. Vor meinem Renteneintritt habe ich mit Familien, also Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern in einem Wohlfahrtsverband gearbeitet. Zu meinem Renteneintritt habe ich überlegt: Was mache ich nun? Die Beine hochlegen auf dem Sofa sitzen und nichts tun ist nicht meine Sache. Also habe ich mich zur Wahl beim Seniorenbeirat gemeldet und bin schließlich vor acht Jahren auch gewählt worden. In der Delegiertenwahl wurde ich durch meinen Sportverein aufgestellt, in welchem ich auch mit Seniorinnen und Senioren zu tun habe. Dort habe ich eine Gruppe mit handwerklichem Geschick etabliert, die sich jeden Dienstag trifft, um Reparaturen durchzuführen. In der ersten Sitzung des SBR der vorletzten Wahlperiode wurde ich zum Vorsitzenden gewählt und konnte in der darauffolgenden fünfjährigen Zeit viele Projekte verwirklichen. Jetzt befinde ich mich in der zweiten Wahlperiode, die bis 2026 dauern wird. Auch als Vorsitzender habe ich meine Ideen mit den Mitgliedern erweitert. Aufgrund des demokratischen Wandels werden wir als „Generation Senioren“ ja immer mehr. Die sogenannten Babyboomer gehen in Rente und bedürfen in Zukunft immer mehr Hilfen zur Selbsthilfe.
Danke, Paul. Das macht schon einiges deutlicher. Nun zu Dir, Monika. Wie verlief dein persönlicher Weg in den SBR?
Ich mache es auch stichwortartig, wie Paul. Ich war 44 Jahre bei der Deutschen Bahn beschäftigt und habe mir dann, wie Paul, überlegt, was ich wohl machen möchte. Zuerst war es: ein Jahr nur das Leben genießen. Danach fing es mit der Seniorenarbeit in der Gewerkschaft, die mich auch für die Delegiertenwahl zum SBR meldeten, an. In der ersten Sitzung des SBR nach der Wahl 2022 wurde ich zur stellvertretenden Vorsitzenden und versuche nun mit allen Mitgliedern eine gute Arbeit für alle Seniorinnen und Senioren in der Stadt zu machen.
Unser Seniorenbeirat ist ja nicht gerade klein an der Zahl seiner Mitglieder. Im Gegenteil: Da sind ja viele ehrenamtliche Personen organisiert. Deshalb eine auf den ersten Blick sehr allgemein klingende Frage an dich, Paul, als Vorsitzenden: Welches Ziel hat unser Seniorenbeirat eigentlich?
Das ist kurz auf den Punkt gebracht, Bernd. Der Seniorenbeirat ist ein Gremium, das die Belange der über 60-jährigen Bürgerinnen und Bürger politisch vertritt und ihnen beratend zur Seite steht. Die Stadt Osnabrück hat einen Seniorenbeirat, um Mitbestimmung und politische Partizipation zu fördern sowie die Kompetenzen älterer Bürgerinnen und Bürger für die Mitgestaltung des kommunalpolitischen Geschehens zu nutzen. So wird nicht nur Politik für Senioren und Seniorinnen gemacht, sondern auch mit ihnen. Eine der wichtigsten Herausforderungen für die Mitglieder ist, den demographischen Wandel auf kommunaler Ebene zu gestalten. Außerdem sollen die seniorenrelevanten Dienste, Angebote und Bedarfe an die älter werdende Gesellschaft angepasst werden. So sollen unter anderem altersgerechte Quartiere entstehen, nachbarschaftliche Netzwerke gestärkt und zu barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum beraten werden. Wir sind ein Team mit Seniorinnen und Senioren, die sich im Ruhestand befinden und die sich für die Belange der Älteren in der Stadt Osnabrück einsetzen. Wir organisieren das mit verschiedenen Kompetenzen. Im Berufsleben sind viele Kompetenzen erworben worden. Das ist ein echter Schatz, den viele von uns mit sich tragen. Und später im Ruhestand dürfen diese Kompetenzen und Erfahrungen nicht einfach brach liegen. Wir engagieren uns deshalb mehr oder weniger in verschiedenen Themenbereichen der Stadt Osnabrück. Wir richten dabei unseren Blick immer auf eine Verbesserung der „Generation Senioren“, kurz gesagt: 60plus, aus.
Kannst Du dazu konkrete Beispiele nennen?
Wir wissen zum Beispiel heute, dass sowohl die Kinder und Jugendlichen als auch deren Eltern die Seniorinnen und Senioren in unserer Gesellschaft nötig haben. Wenn wir von Quartiersarbeit sprechen, dann meinen wir gegenseitige Unterstützung der verschiedenen Generationen in den Stadtteilen untereinander. Ich selbst persönlich bin in der Enkel-Betreuung zusätzlich engagiert und gefordert. Ich kenne den Kindergarten meiner Enkel und deren Gruppen. Die Eltern sind froh, dass sie in solch einer glücklichen Situation sind, dass die Großeltern, soweit es so gegeben ist, unterstützen. Man kann aber auch organisieren, dass „Wahl-Senioren“, die von den Familien ausgesucht werden, sich um Enkel kümmern. Das ist dann alles im Quartier angesiedelt. Hier ist Organisation gefragt, und ich kenne Beispiele, wo das sehr gut funktioniert.
Danke, Paul, das sind ja schon sehr arbeitsintensive Bereiche. Dazu brauchen wir im SBR natürlich auch eine gute Arbeitsstruktur. Darum die Frage an Dich, Monika: Wie ist unser Seniorenbeirat eigentlich organisatorisch aufgestellt?
Der Seniorenbeirat Osnabrück ist formal der Fachstelle Senioren, Referat Nachhaltige Stadtentwicklung im Fachdienst „Bürgerbeteiligung, Freiwilligen-Engagement und Senioren“ angesiedelt. Das gemeinsame Büro befindet sich in der Bierstraße 32 A. Dort arbeiten Birgit Hehmann-Linnemeyer und Anette Herlitzius von der Stadtverwaltung für den Seniorenbeirat. Die sind dann auch für alle mit hilfreichen Taten dabei, um alles optimal zu organisieren. Und das natürlich nicht nur für SBR-Mitglieder.
Im Seniorenbeirat der Stadt Osnabrück sind wir 13 gewählte Mitglieder, zwei Mitglieder der Verbände, drei Mitglieder kommen jeweils von den großen Parteien im Rat.
Die stellvertretenden Mitglieder, die ebenso gewählt worden sind, arbeiten selbstverständlich im Seniorenbeirat mit. Bei den Seniorinnen und Senioren ist die Zukunft immer ungewiss. Und es kann sein, dass man als gewählter Nachrücker sofort einspringen muss.
Nenne doch einmal Fakten, Paul! Machen wir doch mal eine Bestandsaufnahme: Wie sieht es mit unserer gemeinsamen Zielgruppe aus und wie kommt ein Mitglied überhaupt erst zu seinem oder ihrem Amt?
Als gewähltes kommunalpolitisches Gremium ist der SBR für die Belange der über 60-jährigen Osnabrückerin und Osnabrücker zuständig. Das sind immerhin in Osnabrück rund 34.000 Menschen. Der SBR ist ein von der Stadt auf freiwilliger Basis eingesetztes Gremium, das alle fünf Jahre in Form einer Delegiertenwahl neu besetzt wird.
Seine Arbeitsgrundlage ist die vom Rat beschlossene Geschäftsordnung vom 30. August 2016. Der Seniorenbeirat arbeitet überparteilich, überkonfessionell und verbandsunabhängig.
Ziel ist es, seniorenrelevante Einrichtungen, Angebote und Dienste an die Bedürfnisse der älter werdenden Gesellschaft anzupassen. Durch sein Wirken fördert der Seniorenbeirat die Teilhaber Älterer am gesellschaftlichen Leben.
Gibt es da auch besondere Punkte zu nennen, Monika?
Klar. Ich nenne dir mal einen davon: Eine Besonderheit des Seniorenbeirates Osnabrück ist der Austausch im Rahmen einer Partnerschaft mit den Seniorenbeiräten des Landkreises, der Stadt Münster und der Partnerstädte Greifswald und Angers. Zusammengefasst: Der Seniorenbeirat Osnabrück möchte eine kommunale Seniorenpolitik „mit“ statt „für“ ältere Menschen fördern.
Paul: Du bist ja selbst früher viele Jahre lang für die SPD-Fraktion Mitglied im Stadtrat gewesen. Ich erlebe das als SBR-Mitglied auch persönlich sehr oft und konkret, wie wichtig Abstimmungen mit Rats- und Verwaltungsvertretern sind. Wie ist, hier mal aus deiner Sicht, heutzutage das Verhältnis des Osnabrück Rates zum Seniorenbeirat?
Da machen wir uns schon gut bemerkbar, Bernd. Zum einen ist unser Seniorenbeirat in wichtigen Ausschüssen der Stadt Osnabrück vertreten und hat dort Rederecht. Ich nenne da nur den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt, den Kulturausschuss, den Sozialausschuss, den Schul- und Sportausschuss sowie den Ausschuss für Feuerwehr und Ordnung. Zusätzlich gibt es immer mal wieder gemeinsame Gespräche mit den Fraktionen und Parteien.
Liebe Monika, als SBR machen wir in Osnabrück ja nie eine völlig isolierte Arbeit. Bündnispartner, das weiß ich aus eigener Erfahrung, sind da immer sehr wichtig. Welche Kooperationsmöglichkeiten haben wir im Seniorenbeirat aus deiner Sicht, um unsere Anregungen und Ideen zu verwirklichen?
Viele, lieber Bernd. Wir reichen jedem die Hand, der demokratisch mit uns zusammenarbeitet. Der SBR kooperiert beispielsweise ganz eng mit dem Inklusionsforum der Stadt Osnabrück, mit der Lokalen Agenda, mit dem Migrationsbeirat wie auch mit Gruppierungen in den Quartieren, zum Beispiel mit der „Wüsteninitiative“.
Daraus lese ich umgekehrt ständig neue Themen für unsere Arbeit heraus. Paul: Welche Themen bearbeitet der SBR denn zur Zeit ganz aktuell? Kannst du der OR-Leserschaft dazu Beispiele nennen?
Klar, gerne. Es sind auch nur Beispiele, weil es, wie du eben selber angedeutet hast, immer neue Aufgaben gibt. Aktuell sind es zum Beispiel die 50. „Erlebniswochen 60plus“ im August/September 2024 , die Pflegesituation, das Seniorenmitwirkungsgesetz, die Öffentlichkeitsarbeit, die Digitalisierung, das Wohnen im Alter, die Altersarmut – nicht zuletzt das Thema Einsamkeit. Allein dazu hat sich die von uns auf den Weg gebrachte „Ü55-Party“ gut etabliert, über welche die Osnabrücker Rundschau ja auch immer so schön berichtet hat.
Fällt Dir noch Zusätzliches ein, Monika?
Paul hat ja schon viel genannt. Ich finde auch das Rikscha-Projekt toll. Außerdem gibt es immer wieder überregionale Netzwerk-Treffen, auf denen Ideen ausgetauscht werden. Als Beispiele nenne ich da die Teilnahme an den Veranstaltungen des Landesseniorenrates oder in der AG Weser Ems, nicht zuletzt die zweite Seniorenkonferenz in Hannover. Auch so etwas befruchtet ungemein unsere kommunalen Tätigkeiten. Zum Beispiel die Förderung der Quartiersarbeit
Da können sich Lesende der OR ja schon ein gutes Bild machen, dass es nicht nur in Osnabrück ideenreiche Seniorenarbeit gibt. Trotzdem werden sich viele eine ganz einfache Frage stellen: Gibt es in anderen Städten und Gemeinden auch Seniorenbeiräte wie bei uns, Paul?
Die gibt es sicher noch nicht genügend, aber wir wachsen ziemlich rasant. In den acht großen Städten von Niedersachsen sind Seniorenbeiräte schon seit langem eingerichtet. Auch in vielen kleineren Städten und Gemeinden gibt es Seniorenvertretungen. Der SBR der Stadt Osnabrück ist Gründungsmitglied des Landesseniorenrates. Im Landesseniorenrat sind 218 Seniorenvertretungen organisiert. Allein in Weser Ems sind 68 Seniorenvertretungen in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengefasst.
Ich kann mir denken, dass eure Hinweise in der OR-Leserschaft ein wenig Lust gemacht haben, sich selbst in unserem Umkreis zu engagieren. Monika: Wie oft trifft sich der Seniorenbeirat zu seinen Sitzungen?
Der SBR hat jährlich bis zu fünf öffentliche Sitzungen, zu denen alle Interessierten kommen können. Die vielen Themenbereiche erfordern aber weitere Sitzungen in den einzelnen Arbeitsgruppen oder als ganzer SBR zu weiteren Terminen.
An Paul noch mal die Frage zur Verwobenheit mit der Kommunalpolitik und mit der Stadtverwaltung. Gibt es ausreichende Unterstützung für den SBR durch die Kommunalpolitik? Wie ist die Verbindung des SBR zur Stadtverwaltung?
Der SBR arbeitet, wie oben schon angedeutet, gut mit der Kommunalpolitik zusammen. Im Sozialschuss wird der SBR beispielsweise durch einen ständigen Tagesordnungspunkt aufgerufen. So berichte ich aus der aktuellen Arbeit im SBR, beantworte Fragen, und es wird dann oft sehr rege über altersrelevante Themen diskutiert. Wichtig ist dabei: Bei diesen Diskussionen in den Entscheidungsgremien steht der SBR in Verbindung mit den politisch agierenden Personen. Wir geben auch Anregungen durch schriftliche Meinungsäußerungen in wichtigen uns betreffenden Fragen, damit dies alle Interessierten schwarz auf weiß nachlesen können.
Liebe Monika, lieber Paul: Für die OR sage ich herzlichen Dank für das Gespräch.