Zwölf Sechstklässler, acht Jurymitglieder und ein Moderator – das war die Aufstellung beim diesjährigen Stadtentscheid zum Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels.
Donnerstagnachmittag, 15.00 Uhr im großen Saal des „Haus der Jugend“ mitten in der Osnabrücker Altstadt:
Etwa fünfzig Plätze sind besetzt mit aufgeregten Schülerinnen und Schülern und deren Eltern und Geschwistern, mit Lehrerinnen, Lehrern und Schulkamerad*innen. Getuschel, Handygeknipse, Fußgetrappel – dann wird es still und die Augen richten sich auf die Empore.
Angeführt von „Heaven“, heute als Moderator des Wettbewerbs an Bord, führt die Riege der Jurymitglieder an, die nun im Saal an ihren Tischen Platz nehmen dürfen, auf denen bereits die Bewertungsbögen bereitliegen.
„Ob die wohl nett sind?“, „Hoffentlich sind sie nicht zu streng!“, „Nur gleich nicht zu denen rüberkucken, sonst bekomme ich kein Wort mehr raus.“, „Wer sind die wohl?“ Ja, wer sind die wohl? In der diesjährigen Jury sitzen junge Leute und ältere, Frauen und Männer, die beruflich mit Büchern und / oder Kindern und Jugendlichen zu tun haben und zwar vom „Haus der Jugend“, aus der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Stadtbibliothek, vom Literaturbüro Westniedersachsen, vom Jugendparlament, von der Dombuchhandlung, der Vorjahressieger und zwei aktive Osnabrücker Autorinnen.
Dann geht es endlich los – Heaven ruft zur Ruhe, ordnet noch etwas den Ablauf, lässt den 3-Minuten-Gong prüfen und ruft die erste Vorleserin an den einsamen, aber gut beleuchteten Tisch vor der Bühne. Mit ein paar launigen Einwürfen nimmt er schnell ein wenig von der Aufgeregtheit weg und verschafft der Schülerin einen guten Start.
Zunächst ist eine Leserunde mit selbstausgewählten Texten dran. Die Jury soll bewerten, wie gut die Textstelle im Hinblick auf die drei Minuten Lesezeit und den in dieser Zeit vermittelten Eindruck ausgewählt wurde, wie flüssig und angemessen das Kind liest und vor allem, wie es den Text stimmlich interpretiert. Keine ganz leichte Aufgabe, die doch eine ganze Menge an Konzentration erfordert – und das Ganze zwölf mal drei Minuten lang. Danach ist zum Glück für alle eine kurze Pause angesagt.
Nach der Pause kommt der schwierigere Teil: nachdem im ersten Durchlauf eingeübte Texte dran waren, muss nun ein fremder Text drei Minuten lang ebenfalls möglichst fehlerfrei, flüssig und vor allem gut betont gelesen werden; immer so lange, bis der Gong ertönt. Danach ist der oder die nächste dran. Das Buch, aus dem der Text stammt, wurde von der Dombuchhandlung ausgewählt. An so manchem Wettbewerb hat sich hier die Spreu vom Weizen getrennt – diesmal nicht: alle Vorleserinnen und Vorleser schlagen sich gut bis sehr gut und der Jury fällt es sichtlich schwer, unterschiedliche Punkte zu vergeben.
Als nun auch dieser Durchgang komplett ohne Panne vorbei ist, dürfen sich die Punktrichter*innen in die Teestube zu Kaffee und Kuchen zurückziehen, um die einzelnen Bewertungen zusammenzurechnen und die Siegerin oder den Sieger zu küren. Da wird dann noch einmal durchgestrichen, eine Reihenfolge geändert, eine Punktzahl verändert, bis der Kuchenteller leer ist und die endgültigen Punkte feststehen.
Die acht Geschworenen ziehen unter Führung von Heaven wieder in den Saal und Bürgermeisterin Birgit Strangmann verteilt im Namen des Osnabrücker Stadtrats an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer Buchgeschenke und Urkunden. Es ist schon eine besondere Leistung, sich wochen- und monatelang auf so einen Wettbewerb vorzubereiten: vorlesen, laut vorlesen – immer und immer wieder, immer die gleiche Textpassage bis es vielleicht niemand mehr hören mag. Aber es ist geschafft!
Und ein Sieger steht natürlich auch fest: J. D. wird nach Ostern zum Bezirksentscheid fahren, und wenn dort alles gut geht (wir drücken fest die Daumen), weiter zum Landesentscheid nach Hannover und dann vielleicht sogar nach Berlin.
Herzlichen Glückwunsch!
