Ein Gastbeitrag von Carsten Linden
Dr. Carsten Linden, geboren 1968, ist freiberuflicher Historiker. Seine Interessenfelder sind deutsche Sozialgeschichte und deutsche sowie amerikanische Kirchengeschichte. Anlässlich der aktuellen Bischofswahl hat er für das Lesepublikum der OR den folgenden Artikel verfasst.
Eine historische Einordnung
Osnabrück hat einen neuen katholischen Bischof
Osnabrück hat einen neuen katholischen Bischof; am Sonntag, den 8. September 2024 wurde zwischen 15 und 18 Uhr im Osnabrücker Dom der neue Bischof eingeführt.[1] Eigentlich heißt der neue Bischof Michael Meier. Da er nach der Ausbildung bei den Benediktinern eintrat, führt er seitdem den Ordensnamen Dominicus, den er auch als Weibischof in Paderborn seit 2015 behielt und nun als Diözesanbischof von Osnabrück weiterhin führt.[2]
Die Vorgeschichte der Bischofseinführung am 8. September 2024 beginnt tatsächlich im Jahr 1929, als der noch junge Vatikanstaat mit dem Staat Preußen einen Vertrag über die Einsetzung von katholischen Bischöfen abschloss. Der gilt heute noch und eine Regelung des Vertrags wurde auch 2024 wirksam: Der Regierungschef muss der Einsetzung des Bischofs zustimmen. 1929 war das der preußische Ministerpräsident und heute sind es die Ministerpräsidenten der Nachfolgeländer Preußens, also auch Niedersachsen, das ja erst zum 1. November 1946 geschaffen worden ist. Dass die Zustimmung von Ministerpräsident Stephan Weil eher eine Formsache, war, darf man vermuten. Jedenfalls nahm Stephan Weil persönlich am 27. August im Gästehaus der Niedersächsischen Landesregierung, Lüerstraße 5 in Hannover, dem Ordensmann Dominicus den Treueid ab:
„Vor Gott und auf die heiligen Evangelien schwöre und verspreche ich, so wie es einem Bischof geziemt, der Bundesrepublik Deutschland und dem Lande Niedersachsen Treue. Ich schwöre und verspreche, die verfassungsmäßig gebildeten Regierungen zu achten und von meinem Klerus achten zu lassen. In der pflichtmäßigen Sorge um das Wohl und das Interesse des deutschen Staatswesens werde ich in Ausübung des mir übertragenen geistlichen Amtes jeden Schaden zu verhüten trachten, der es bedrohen könnte.“[3]
Die engere Vorgeschichte der Bischofsernennung
Zum 25. März 2023 trat der Osnabrücker Bischof Bode zurück. Da die katholische Kirche Bistümer ohne Bischof eigentlich nicht kennt, übernahm der Weibischof Johannes Wübbe seitdem die Vertretung. Nach dem Recht reichten nun der Vorstand des katholischen Bistums Osnabrück – Eigenbezeichnung „Domkapitel“ – und verschiedene kirchliche Stellen Vorschläge für einen neuen Bischof „in Rom“ ein; formell beim Papst persönlich, tatsächlich ist für den Vorgang die „Kongregation für die Bischöfe“ im Rom zuständig. Aus allen eingereichten Vorschlägen, suchte die Kongregation drei Namen aus und schickte diese Liste an das Domkapitel. Aus diesen drei Namen wählte dann das Domkapitel denjenigen aus, der neuer Bischof werden sollte.
Diese Wahl von Bischof Dominicus geschah auf einer Sitzung des Domkapitels am Pingstmontag, den 20. Mai 2024. Am 21. Mai 2024 schickte Weihbischof Wübbe an Dominicus eine SMS, dass er ihn mal spreche müsse und teilte ihm im anschließenden Telefongespräch mit, dass Dominicus zum Bischof von Osnabrück bestimmt sei. Am 23. Mai 2024 reisten Weihbischof Wübbe und Monsignore Hermann Wieh, die beide dem Osnabrücker Domkapitel angehören, nach Paderborn, um dem neuen Bischof Dominicus in einem Gespräch die Besonderheiten des Bistums Osnabrück zu erklären „Es ging über zwei Stunden, war sehr ehrlich und hat auch die Probleme und großen Themen aufgegriffen, die ja überall dran sind – von der Missbrauchsaufarbeitung über Finanzfragen bis zu den Menschen, die uns den Rücken kehren.“[4]
Die Einführung des neuen Bischofs 8. September 2024 war eindrucksvoll; beim Gottesdienst im Osnabrücker Dom zelebrierte die katholische Kirche über drei Stunden hinweg eine gediegene Gottesdienstfeier. Da es naturgemäß nicht um (Kirchen)Politik ging, sondern um das gemeinsame Feiern von Christen, lassen sich aus den Mitteilungen im Gottesdienst keine Schlüsse für die kommende Amtsführung des neuen Bischofs ziehen. Bei den verschiedenen Grußworten stand die Person des neuen Bischofs im Mittelpunkt. Erwähnt werden soll Ministerpräsident Stephan Weil, der wie schon zuvor bei der Eidesleistung noch einmal betonte, dass Staat und christliche Kirche auf dem Boden derselben Werte stünden, dass etwa die Bereiche Krankenhäuser und Sorge um Kinder sowie Geflüchtete ein gemeinsames Anliegen sei. Der Landesbischof der Hannoverschen Landeskirche Ralf Meister hob darauf ab, dass evangelische und katholische Christen nur gemeinsam Kirche sein könnten.
Interessant war es, dass wegen des Sommerwetters von vielen Teilnehmern eher lässige, für eine Kirchgang eher unkonventionelle, Bekleidung getragen wurde und zugleich eine geschlossene Beteiligung an Gesang, Sprechanteilen und Gestik wie Kreuzzeichen und Knien beobachtet werden konnte: Volkskatholizismus pur. Der Organist zeigte zudem bei „Großer Gott wir loben dich“, was aus den Registern Orgel herauszuholen war.
Nach dem Auszug aus dem vollbesetzen Dom traf man sich noch auf dem Domplatz. Ein paar Minuten war der neue Bischof von anderen Bischöfen umringt und dann konnte dem neuen Bischof jeder die Hand geben. Anschließend gingen viele zur Domschule, wo noch ein Stehempfang war.
Anmerkungen
[1] Da Bischof Dominicus bisher Weihbischof in Paderborn war, er also die Bischofsweihe schon empfangen hat, wird er als neuer Osnabrücker Diözesanbischof nur eingeführt, nicht geweiht. Die Sakramente wie etwa Taufe werden nämlich nur einmal gespendet, nicht mehrmals.
[2] Näheres hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Dominicus_Meier
[3] Der Originaltext findet sich hier: https://www.verfassungen.de/preussen/konkordat29.htm, abgesrufen am 9.9.2024. Die heutige Form ist leicht verändert.
[4] Interview mit dem neuen Bischof: „Schon fast zu Hause“, https://aussicht.online/artikel/schon-fast-zu-hause, abgerufen am 9.9.2024.