Dienstag, 3. Juni: Christian Heinecke enthüllt erstmals Osnabrücker Orchestergeschichte in brauner Zeit
Das Deutsche Reich wie Osnabrück erlebten ab 1933 die brutale „Gleichschaltung“ in allen Lebensbereichen. Am Beispiel der Orchester-Historie des Stadtteaters liegen jetzt spannende Erkenntnisse vor, wie sich die Einverleibung in das System von Musiker zu Musiker vollzog. Christian Heinecke, selbst Musiker, hat bis zum letzten Tage seiner Forschungen Erkenntnisse gewonnen, die jetzt erstmals einem Publikum präsentiert werden.
Es sollte der Anlass für viele Eintragungen in den Terminkalender sein. Denn die Erkenntnisse Heineckes bilden eine Art Pionierarbeit, um auch weitere Einzelgruppen der damaligen Gesellschaft vor und nach ihrer „Gleichschaltung“ akribisch zu beleuchten. Die OR hatte bereits frühzeitig auf den Vortrag hingewiesen.
OR-Autor Heiko Schulze verweist zudem gern darauf, dass er persönlich familiengeschichtlich eng mit dem Thema des Vortrags verwoben ist und auch deshalb voller Spannung darauf wartet. „Mein Großvater, der Hornist Hermann Menk“ , so Schulze, „hat zu den wenigen gezählt, die sich nach 1933 standhaft geweigert haben, der NSDAP beizutreten. Noch Jahrzehnte später hat der riesige Druck auf Orchestermitglieder, der damals deswegen herrschte, bei vielen Familiengesprächen eine riesige Rolle gespielt. Mein Opa hat wegen seines beherzten Neins aufjeden Fall viel ertragen müssen.“
Gern zitieren wir zusätzlich aus dem Text des Plakates, mit dem auf die Präsentation der Forschungsergebnisse hingewiesen wird. Dort heißt es unter anderem:
„Wer waren die Musiker, die während der NS-Zeit im Orchester des städtischen Theaters Osnabrück spielten? Waren sie alle Nazis? Was wurde aus ihnen? Und was wurde aus den Juden, die bis 1933 zum Ensemble gehörten?“
Denn, dies fand Heinecke bei seinen Recherchen heraus: „Während der Weimarer Republik galt das Orchester des Stadttheaters Osnabrück als ‚rote Kapelle‘.“ Heinecke forschte jahrelang in Archiven, studierte unbekannte Dokumente und sprach mit Zeitzeugen. Er kennt inzwischen Lebensläufe von etlichen Mitgliedern des Ensembles und kann diese Lebensgeschichten erstmals in Wort und Bild erläutern. Bis zur ultimativen Endphase seiner Forschungen ist es Heinecke immer wieder gelungen, neue Fundstellen und sogar Zeitzeugen zu finden.
Der Vortrag ergänzt die Ausstellung „Verantwortung im Schutt. Geburtsstunde der Demokratie“, die noch bis zum 15. Juni im Remarque-Zentrum zu sehen ist. Vorzumerken ist also Dienstag, 3. Juni um 19 Uhr. Wegen der zu erwartenden Resonanz ist am Mittwoch, 11. Juni, ebenfalls 19 Uhr, ein zweiter Vortrag angesetzt. Der Eintritt frei. Ort ist jeweils das Erich Maria Remarque-Friedenszentrum am Markt 6.