Mittwoch, 10. Januar 2024

375 – War da was?

Am vergangenen Mittwoch endete das sieben Monate währende Jubiläumsprogramm zu „375 Jahre Westfälischer Frieden“ mit einem gemeinsamen Friedenssingen auf dem Osnabrücker Rathausvorplatz.

Friede, Freude, Eierkuchen? Sieben Monate voller Veranstaltungen hat sich die Stadt Osnabrück 2023 ins Programmheft geschrieben, jeder Monat von April bis Oktober mit einem eigenen Motto versehen: „Fordern“, „Reflektieren“, „Innehalten“, „Einlassen“, „Debattieren“, „Engagieren“, „Neudenken“.

Die ganze Stadt sollte das Jubiläum mitgestalten und dafür haben die Verantwortlichen eine Menge Geld unter die Leute gebracht.

Aber was ist nun im Nachherein davon in den Köpfen geblieben außer den XXL-Formaten von Veranstaltungen, die sowieso jedes Jahr in Osnabrück stattfinden wie zum Beispiel die Maiwoche, die Kulturnacht, die Nacht des offenen Ateliers oder das Fest der Kulturen? Es machte sich schon im ausgehenden Sommer ein gewisser Überdruss breit.

Wird die Verhüllung des ehemaligen Galeria-Kaufhof-Gebäudes durch Ibrahim Mahama im Auftrag der Kunsthalle nächstes Jahr noch mit dem Westfälischen Frieden in Verbindung gebracht werden? Wohl kaum – es war so schon schwierig zu vermitteln, obwohl das Projekt selbst für enorme Diskussionen gesorgt hat.

Würde ich ein Arbeitszeugnis über das Jubiläumsprogramm schreiben müssen, hätte ich es so formuliert (ungeachtet der Tatsache, dass es so nicht mehr formuliert werden dürfte): „Die Stadt Osnabrück hat sich bemüht, den (selbstgesteckten) Anforderungen gerecht zu werden.“

Aber warum überhaupt diese hohen Anforderungen an sich selbst? Sieben Monate lang wurde gefeiert, diskutiert, ausgestellt, aufgeführt, was das Zeug hält. Kulturschaffende, Vereine, Einzelpersonen, Uni,  Hochschule und viele andere hatten sich im Vorfeld wirklich tolle Einzelbeiträge einfallen lassen, die aber durch die massiv über die Medien beworbenen XXL-Spaßveranstaltungen (auch durch die Unterstützung von „marketing osnabrück“) einfach entweder untergegangen sind oder nur für einen sehr kleinen Kreis interessant waren.

Ich möchte hier nur exemplarisch drei Veranstaltungsreihen nennen, die meiner Ansicht nach viel zu wenig Beachtung im Hinblick auf das herausragende Jubiläumsjahr gefunden haben: Die Osnabrücker „Friedensgespräche in der Aula der Universität“, „Erzähle mir vom Frieden – Tournee-Projekt für Osnabrücker Kindertagesstätten und Grundschulen des Erzähltheaters Osnabrück“ und die „Multimediale Präsentation von Stationen für Frieden, Demokratie und Toleranz der Osnabrücker Rundschau“, die auch einige neue Einblicke in die Stadtgeschichte bot – hierzu noch einmal der Link zu all unseren Texten, Fotos, Podcasts und Videos: Vierzehnteilige OR-Serie zum 375. Friedensjubiläum

Hinzu kommt leider noch, dass das Programmheft viele Fragen offenließ: Wo findet die Veranstaltung genau statt? Ist eine Anmeldung notwendig? Und wenn ja: Wo kann man sich anmelden? Kostet es Eintritt und wenn ja: Wie viel und wo kann man bezahlen? Können alle Interessierte teilnehmen?

Viele, gerade ältere Menschen, die keinen Internetzugang haben, aber oftmals sehr geschichtsinteressiert sind, standen im wahrsten Sinne auf dem Schlauch. Es ist schade, dass diese Gruppe Menschen heutzutage oft vergessen wird. Aber auch ich hätte es einfacher gefunden, in dem Programmheft alle Informationen zu bekommen und mich nicht anschließend noch durch die entsprechenden Internetseiten klicken zu müssen.

Mein Fazit: Das Programm der Stadt Osnabrück zum Jubiläum „375 Jahre Westfälischer Frieden“ wurde diesem bedeutenden Ereignis nur bedingt gerecht. Statt einem vielleicht 14tägigen „Wumms“, wurde eine siebenmonatige Zerfaserung zelebriert.

Vierzehn Tage, begonnen mit dem War Requiem von Benjamin Britten über die Oper Wallenstein bis zum Konzert der beiden Sinfonieorchester Münster und Osnabrück und dem Osnabrücker Friedenssingen, dazwischen die Lesung mit Ben Becker zum Osnabrücker Handschlag und parallel dazu natürlich die tolle ereignisbezogene Ausstellung im Diözesanmuseum und die vielen kleinen Projekte, Diskussionen und Veranstaltungen, die wirklich mit dem Westfälischen Frieden zu tun haben (mit entsprechender Beschreibung und Beachtung) – mehr hätte es nicht gebraucht. Dazu eine abschließende Festschrift, in der das alles noch einmal niedergeschrieben und bebildert worden wäre.

Aber nun – wünschenswert wäre, wenn die Stadt auch in den nächsten Jahren ihre im weitesten Sinne Kulturschaffenden unterstützen würde – als Aushängeschild täte ihr das gut (wir haben ja gesehen, was alle zu leisten fähig sind).

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