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Sonntag, 5. Oktober 2025

Als Hollywood nach Holland kam

Als Hollywood nach Holland kam
Im niederländischen Deventer können Besucher den Spuren berühmter Hollywood-Stars folgen

Wer einmal auf den Spuren von internationalen Leinwand-Stars wie Sean Connery, Robert Redford, Gene Hackman, Michael Caine, Laurence Olivier, Ryan O’Neal, Liv Ullman, Anthony Hopkins wandeln möchte, muss dafür nicht ins Flugzeug steigen. Ein Sprung über die Grenze Richtung Niederlande genügt. Am 26. April 1976 begannen in Deventer unter der Regie des Briten Sir Richard Attenborough die Dreharbeiten zu dem Kriegsfilm „Die Brücke von Arnheim“, Originaltitel „A Bridge too Far“ – einunddreißig Jahre nach Kriegsende rollten wieder Panzer durch die Straßen an den Ufern an der Ijssel.

Das Drehbuch des zweimaligen Oscar-Gewinners William Goldman basierte auf dem gleichnamigen Sachbuch des Bestsellerautos Cornelius Ryan über die Operation „Market Garden“. In einer konzertierten Aktion versuchten die Alliierten im September 1944, nach Deutschland vorzudringen. Der Rhein als natürliches Hindernis stoppte den bis dahin erfolgreichen Durchmarsch. Die zu überquerenden Brücken wirkten wie Nadelöhre und waren von der deutschen Wehrmacht leicht zu verteidigen. Darum sollten Fallschirmeinheiten in Arnheim hinter den feindlichen Linien landen, einen sogenannten „Brückenkopf“ bilden und auf diese Weise den Weg frei machen für Panzer und Infanterie. Eine Verkettung tragischer Ereignisse hatte zur Folge, dass das Unternehmen scheiterte.

Die Brücke von Arnheim wurde durch alliierte Bomber zerstört und 1950 wieder aufgebaut. Seit 1977 heißt sie John-Frost-Brücke. Da sie sich vom Vorgänger kaum unterscheidet, hätte sie eine passende Filmkulisse abgeben können. 1976 aber war sie derart von störenden jüngeren Bauten umgeben, dass dort keine historischen Szenen gedreht werden konnten. Ersatz fand man knapp fünfzig Kilometer weiter nördlich in Deventer, wo eine baugleiche Brücke über die Ijssel führt. Obendrein sah Deventers Stadtbild damals dem Arnheim des Jahres 1944 verblüffend ähnlich – die städtischen Häuserzeilen auf der Ostseite, im Westen Auen mit Wiesen und Waldstreifen.

Auch Deventer war umkämpft gewesen, im angrenzenden Viertel Noorderbergkwartier zeigten sich noch Einschusslöcher und andere Spuren des Krieges, was dem Hollywood-Produzenten Joe E. Levine sehr entgegenkam. So wie die Krise der Wirtschaft Deventers – viele Industriehallen standen leer. Sie konnten von der Filmcrew als Lager und für den Kulissenbau genutzt werden.

„Ich habe noch nie eine Crew so hart arbeiten gesehen“, erinnerte sich der Drehbuchautor William Goldman Jahre später. Die aufwendigen, kräftezehrenden Dreharbeiten bildeten eine logistische Herausforderung. Die Brücke – mittlerweile durch eine Autobahnüberführung entlastet – war eine wichtige Verbindung, die während der Nutzung durch das Filmteam durch eine Fähre aufrecht erhalten wurde. Buslinien und Verkehr mussten umgeleitet, die Schifffahrt auf der Ijssel koordiniert werden. Man benötigte Militärfahrzeuge, Stunt-Leute, Experten für Filmexplosionen.

Vor Ort wurden ganze Heere von Statistinnen und Statisten angeheuert. Wer eine größere Rolle als Soldat innehatte, musste zunächst ein militärisches Training durchlaufen. Ob Männer, Frauen oder Kinder, alle wurden im Stil der 1940er frisiert und ihrem Part entsprechend kostümiert.

(c) Harald Keller.Os

Die größte Komparserie wurden für eine Sequenz benötigt, die die Befreiung Eindhovens zeigen sollte. Der Brink, ein Platz im Zentrum Deventers, bot eine ideale Kulisse. Aber Panzer und andere Kettenfahrzeuge durften das historische Pflaster nicht befahren, um Schäden zu vermeiden. Für die Aufnahmen wurden Nachbauten der Militärvehikel hergestellt, die auf normalen, hinter einer Verkleidung versteckten Gummireifen fuhren.

Heutige Reisende finden auf dem Brink die Touristeninformation, viele Cafés und Restaurants sowie die ehemalige Stadtwaage, die älteste in den Niederlanden, die das historische Museum De Waag beherbergt.

Die Einwohnerschaft, die nicht in der Komparserie mitwirkte, versammelte sich an den Absperrungen, um Blicke auf die internationalen Stars und die spektakulären Kriegsszenen zu erhaschen. Schaulustige reisten zu Hunderten an und konnten von der Polizei bisweilen nur mit Mühe vom Drehort ferngehalten werden. Auch Vertreter des Königshauses bemühten sich in die Provinz: Prinz Claus und Prinz Bernhard zählten zu den interessierten Besuchern.

„Die Brücke von Arnheim“ war der teuerste Film, den Hollywood bis dahin hervorgebracht hatte. Deventer profitierte von den sechsmonatigen Dreharbeiten, Hotels, Bars, Restaurants, der Holzhandel, Lebensmittellieferanten. Manche Hausbesitzer durften sich über einen kostenlosen neuen Anstrich ihrer Immobilie freuen, wenn die Fassade dem früheren Stadtbild entsprechend angepasst werden musste. Gegenüber dem Rundfunksender NTR schätzte der ehemalige Pressesprecher der Hansestadt den Umsatz auf fünf Millionen Dollar, nach heutigem Stand zehn Millionen Euro. Hinzuzurechnen sind die Einnahmen durch den Aufschwung der Touristik, der von dem dreistündigen, weltweit erfolgreichen Spielfilm ausgelöst wurde. Wo einst eine ganze Riege internationaler Schauspiel-Stars unter der Regie eines zweifachen Oscar-Preisträgers einen monumentalen Erfolgsfilm drehte, waren in den Jahren danach viele Besucherinnen und Besucher unterwegs.

In Deventer lassen sich obendrein Film- und Literaturgeschichte miteinander verbinden. Alljährlich im Dezember findet dort das zweitägige „Dickens Festijn“ statt. Dann beleben über 950 Charaktere aus den Romanen des britischen Schriftstellers das historische Bergkwartier, in diesem Jahr mit der 33. Ausgabe am 13. und 14. Dezember. Der Eintritt ist frei, der Zugang aber beschränkt. Deshalb kann es zu Wartezeiten kommen. Weitere Informationen unter dickensfestijn.nl/deutsch/.

Martina Sellmeyer:
Ein regionaler Ausflugstipp: Deventer in den Niederlanden

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