Rassismus im Alltag?

AWO lud zum Impro-Theater ins Unordentliche Zimmertheater

Vom 20. März bis 2. April ist auch in der Friedensstadt Osnabrück jede Menge los: Unterschiedliche Gruppen und Initiativen beteiligen sich engagiert an den internationalen Wochen gegen Rassismus. Der Osnabrücker Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat sich dabei am letzten Donnerstag mit einem besonderen Theaterstück eingebracht.

Das Motto des Stücks und der sich anschließenden Diskussion lautete „Rassismus im Alltag“. Ort und aktive Mithelfer entstammten der Initiative „Erstes unordentliches Zimmertheater“, das seit ehedem in der Lohstraße 45a beheimatet ist und immer wieder mit ganz besonderen Programmen aufwartet. Die couragierte wie souveräne Moderation des Abends übernahm AWO-Mitarbeiterin Nina Nöll.


Ein Selbstbekenntnis

Der Autor dieser Zeilen muss einräumen: Er ging mit gewissen Vorurteilen in die Veranstaltung. Schließlich betrachtet er sich ja eh als Internationalisten, der eigentlich keine Vorurteile haben will, der sich schon an unzähligen Debatten zum Thema beteiligt hat und sich nach etlichen Textstudien und Vortragsreihen als einigermaßen faktenfest versteht. Der Verlauf des Abends führte dennoch zu einer unerwarteten Selbstreflektion. Und zu einer wichtigen Erkenntnis: Das Medium eines „Impro-Theaters“, welches das Publikum einbezieht und Szenen-Varianten mit unterschiedlichen Verläufen zeigt, ist ein fantastisches Stilmittel, um sich dem Thema „Rassismus im Alltag“ in außergewöhnlicher Weise zu nähern.

Nina Röll als Moderatorin der Schluss-Diskussion - alle Fotos ORNina Röll als Moderatorin der Schluss-Diskussion - alle Fotos OR

Streiflichter auf altbekannte Orte

Das Programm startete mit einem interaktiven und improvisierten Theaterstück. Thema unterschiedlicher Szenen bildeten, wie es schon in der Ankündigung hieß, „die Oberflächlichkeiten und Tiefen des Alltags“. Fünf Darstellende stellten in wechselten Besetzungen klassische Alltagsszenen dar, in denen rassistisches Verhalten eine Rolle spielten. Ort des Geschehens waren Besuche beim Bäcker oder im Wartezimmer, in denen Menschen mit Migrationshintergrund von arroganten „Altdeutschen“ abgedrängt werden. Andere Alltagssituationen spiegelten Probleme im Supermarkt, bei der Wohnungs- oder Jobvermittlung wider. Besonders beeindruckend war eine Szene im Standesamt, in der eine Darstellerin eine Beamte spielte, die ein Brautpaar mit unterschiedlichen religiösen Hintergründe auf angebliche drohende Mehrfachehen des Mannes oder dessen drohende Abschiebung hinwies. In der Schlussdebatte bekannte die Darstellerin der Beamtin später frank und frei, dass sie all dies zum Teil ganz persönlich anlässlich ihrer Eheschließung erlebt hatte. Nicht zu kurz kamen offen angesprochene Szenen aus dem Polizei-Alltag, in denen rassistisches Vorhalten unachtsam vorkommen, aber auch in positiver Weise vermieden werden kann.


Schauen, denken, debattieren

Stets zur Erinnerung: die Grundwerte der Arbeiterwohlfahrt – Foto: OR

Das erwähnte Selbstbekenntnis war Teil einer sehr regen Diskussion mit dem Publikum, an der sich ungewöhnlich viele Menschen eines interessiert mitgehenden Zuschauerschar beteiligten. Nicht selten zeigten einzelne den Mut, weitere ganz persönliche Erlebnisse zu berichten. Die beinahe einmütige Erkenntnis war die, dass auch angeblich aufgeklärte Menschen nur selten völlig frei von rassistisch geprägten Vorurteilen sind.

Die beiden AWO-Geschäftsführer Martin Fromme und Georg Warnke bedankten sich am Ende bei Akteur*innen wie Publikum für einen sehr anregenden Abend. So manche der ausgelegten Handzettel, in denen Gründe für eine individuelle Rassismus-Ablehnung aufgeschrieben werden konnten, wanderten in die Hände der Veranstalter. Mitnehmen zum weiteren Nachdenken konnten alle ein buntes Blatt, auf dem unterschiedliche Möglichkeiten aufgelistet werden, auch persönlich etwas gegen Rassismus zu tun.

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