Autorin las aus ihrem Werk – und fand eine gute Resonanz
Am Freitag, dem 12. Dezember, verwandelte sich der ehrwürdige Renaissancesaal vom Ledenhof in einen intimen Raum für Literatur. Anlass war die Lesung der renommierten Schriftstellerin Daniela Dröscher, die aus ihrem aktuellen Werk „Junge Frau mit Katze“ las.
Daniela Dröscher gilt als eine der profiliertesten Stimmen der zeitgenössischen deutschen Literatur. Spätestens seit ihrem für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman „Lügen über meine Mutter“ ist sie bekannt für ihre tiefgründige, präzise Auseinandersetzung mit autobiografisch gefärbten Familienthemen, Geschlechterrollen und gesellschaftlichen Erwartungen.
In ihrem neuen Roman „Junge Frau mit Katze“ nimmt Dröscher die Lesenden mit auf eine zarte und zugleich wuchtige Reise der Selbstfindung in ihren Zwanzigern. Das Buch erzählt von der Loslösung aus familiären Prägungen, dem schwierigen Verhältnis zum eigenen Körperbild und dem Kampf um ein selbstbestimmtes Leben. Ohne die Handlung vorwegzunehmen: Es ist eine Geschichte über das Ankommen bei sich selbst, in der die titelgebende Katze zu einem unerwarteten Katalysator wird.
Daniela Dröscher hatte für den Abend Passagen gewählt, die direkt ins Zentrum der emotionalen und thematischen Welt des Romans führten. Besonders eindrücklich waren die gelesenen Stellen, die die Körperlasten der Familie beleuchten – die unausgesprochenen Erwartungen und die ererbten Haltungen zum Körper, von denen die junge Protagonistin sich befreien muss. Es wurden Momente der tiefen inneren Zerrissenheit, aber auch Schlüsselmomente des Aufbruchs vorgelesen, in denen die Katze als Symbol der Autonomie und stillen Heilung in Erscheinung tritt.
Die Autorin betonte in ihrer Auswahl zentrale Motive, allen voran das Verhältnis des Körpers zur Familie: Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gewicht und den damit verbundenen familiären und gesellschaftlichen Zuschreibungen stand im Fokus. Dröscher verdeutlichte, wie eng die Suche nach Unabhängigkeit mit der Befreiung von diesen „Körperlasten“ verknüpft ist. Eng damit verbunden ist das Thema Unabhängigkeit und Selbstakzeptanz: Die gelesenen Passagen illustrierten den mühsamen Prozess, eine eigene Stimme zu finden und sich von den Rollenerwartungen der Herkunftsfamilie zu emanzipieren. Darüber hinaus spielte die Katze als Autonomie-Symbol eine wichtige Rolle: Die Beziehung der jungen Frau zu ihrem Haustier wurde als Spiegelbild ihres eigenen Wunsches nach Unabhängigkeit und Geborgenheit ohne Verpflichtung hervorgehoben.
Sprachstil, Beobachtungsgeheimnisse und Selbstbetrachtung
Dröschers Sprachstil während der Lesung war eindringlich und zugleich zärtlich-poetisch. Sie wechselte virtuos zwischen präziser Alltagsbeobachtung und Momenten lyrischer Verdichtung. Besonders die subtile Humor-Ebene, die oft in den Dialogen mit der Katze oder der inneren Monologen der Protagonistin aufblitzen, sorgte für eine wohltuende Entspannung im Publikum und unterstrich die menschliche Tragikomik der Selbstfindung.
Zwischen den Leseabschnitten gewährte die Autorin persönliche Einblicke in den Entstehungsprozess. Sie erzählte eine Anekdote über die überraschend zentrale Rolle, die die Katze im Laufe des Schreibens eingenommen hatte, und wie viel ihrer eigenen Geschichte von Loslösung und dem Finden des eigenen Raumes in den Roman eingeflossen ist. Diese kurzen, ehrlichen Geschichten fesselten die Zuhörer und schufen eine tiefere Verbindung zur Person Daniela Dröscher.
Daniela Dröscher las mit einer ausdrucksstarken und fesselnden Vortragsweise. Ihre Stimme modulierte sie gekonnt, um die innere Zerrissenheit und die feine Ironie des Textes hörbar zu machen. Sie verstand es, die Zuhörer allein durch ihre Art des Vortrags an die junge Protagonistin zu binden und ihre Emotionen spürbar zu machen.
Die Stimmung im Renaissancesaal war intellektuell-intim. Die Zuhörer lauschten gespannt und die allgemeine Resonanz war warm und tief berührt. Im Anschluss an die Lesung entwickelte sich eine lebhafte Fragerunde. Die Fragen des Publikums drehten sich vor allem um die Abgrenzung zwischen autobiografischer Erfahrung und Fiktion sowie um die feministische Lesart des Romans. Dröscher reagierte darauf mit großer Offenheit und Klarheit, betonte die Universalität des Themas Körperbild und die Herausforderung, sich als Frau in patriarchalen Strukturen zu behaupten.
Fazit und Bewertung
Mein Gesamteindruck von der Veranstaltung ist außerordentlich positiv. Die Erwartungen an eine Lesung mit einer so profilierten Autorin wurden voll erfüllt. Es war nicht nur eine Lesung, sondern ein Abend der literarischen und persönlichen Vertiefung.
„Junge Frau mit Katze“ ist ein Roman für alle, die sich selbst schon einmal mit dem Kampf um Selbstakzeptanz und dem Loslösen von familiären Erwartungen konfrontiert sahen. Es ist eine dringende Leseempfehlung für alle, die literarische Auseinandersetzungen mit Themen wie Körperpolitik, Autonomie und weiblicher Selbstbestimmung suchen – verpackt in einem feinsinnigen, klugen und sprachlich brillanten Gewand. Es lohnt sich, dieses Buch zu lesen, um die tiefgreifende Geschichte über das Annehmen der eigenen, unperfekten Existenz zu erleben.















