Ariel Reichmann präsentiert Kunst gegen das Vergessen
Bereits am Mittwoch, dem 4. Juni 2025, war im Felix-Nussbaum-Haus des Museumsquartiers Osnabrück die Eröffnung der Ausstellung „Keiner soll frieren“ des Künstlers Ariel Reichman eröffnet worden. Die Ausstellung, die noch bis zum 10. Mai 2026 zu sehen sein wird, greift das Thema Nazi-Memorabilien auf, die der Künstler bei einer seiner Ausstellungen in Bulgarien unerwartet auf einem Markt in Sofia entdeckt hatte.
Die Ausstellung findet im Rahmen der Reihe „Gegenwärtig. Zeitgenössische Künstler*Innen treffen Felix Nussbaum“ statt. In seinem Grußwort am 4. Juni stellte der Direktor des Museumsquartiers, Nils-Arne Kässens, die Frage nach der moralischen Verpflichtung und danach, was Erinnerung heute bedeutet und welche Verantwortung daraus für unser Zusammenleben im Hier und Jetzt erwächst.
Mit der aktuellen Ausstellung von Ariel Reichman möchte das Museum ein starkes, vielleicht auch unbequemes Zeichen setzen. Dabei soll die Ausstellung als bewusst geschaffener Raum für den Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart sowie zwischen historischem Zeugnis und zeitgenössischer Reflexion verstanden werden.
Ariel Reichman stellt mit seiner Arbeit die Frage nach der Wirkung von Symbolen, dem Fortbestehen rechter Ideologien und der Verantwortung, die aus Erinnerung erwächst. Dabei hob Kässens hervor:
„Diskriminierung und Rassismus beginnen nicht mit Gewalt, sondern viel früher: In der Sprache, im Blick und im Schweigen“, und betont: „Der Umgang mit Erinnerung ist nicht allein die Aufgabe von Museen oder Archiven, es ist eine gemeinsame Verantwortung und ist eine Aufgabe für uns alle.“ Des Weiteren stellte der Museumsdirektor fest, dass der gesellschaftliche Klimawandel längst stattfinde.
Die interdisziplinären Werke Ariel Reichmans (*1979) basieren auf den Konzepten von Empathie und menschlicher Verletzlichkeit. In seiner Kunst, die von seiner eigenen Biografie, Erinnerungen und persönlichen Gedanken und Gefühlen geprägt ist, reflektiert Reichman die heutige Gesellschaft im Spiegel der Vergangenheit. Als Teil der Ausstellungsreihe gegenwärtig. Zeitgenössische KünstlerInnen begegnen Felix Nussbaum nimmt Reichman Nussbaums Werk als Ausgangspunkt für seine zeitgenössischen Betrachtungen.
Die Ausstellung umfasst neu geschaffene Metallskulpturen, die aus geschmolzenen Nazi-Metallmemorabilien gefertigt wurden, sowie Fotografien von kleinen Papier- und Wachsblumen, die in der Zeit des Nationalsozialismus als Abzeichen vergeben wurden. Hinter diesen scheinbar harmlosen Sammlerstücken verbarg sich ein kalkuliertes und einflussreiches System der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Strategiepolitik.
Reichman, der in Südafrika geboren wurde und während der Apartheid aufwuchs, 1991 nach Israel emigrierte und dort Militärdienst leistete, lebt und arbeitet heute in Berlin. Seine persönlichen Erfahrungen mit Krieg und Gewalt sowie die kollektive Unsicherheit bilden treibende Kräfte hinter seinen Werken.
Durch den Prozess der Umgestaltung und Transformation stellt Reichman die Frage, ob Geschichte überwunden werden kann und was von der Vergangenheit in Objekten, Architekturen, Körpern oder sogar im Denken verbleibt. Seine Kunstwerke, die oft visuell ansprechend sind, setzen sich mit ernsthaften Themen auseinander und hinterfragen die Politisierung und Entpolitisierung von Handlungen und Objekten. Reichman ist daran interessiert, das Intime, das Politische auf eine tiefgründige Weise zu erklären.
Die Ausstellung „Keiner soll frieren!“ von Ariel Reichman im Felix-Nussbaum-Haus des Museumsquartiers Osnabrück ist eine eindringliche Aufforderung zur Reflexion über Erinnerung, Verantwortung und den Umgang mit der Vergangenheit. Reichmans einzigartige Herangehensweise, historische Artefakte zu transformieren und in einen neuen Kontext zu stellen, schafft einen wichtigen Raum für den Dialog zwischen gestern und heute.
Die Ausstellung bietet eine seltene Gelegenheit, sich mit den komplexen Themen der Diskriminierung und der Weiterentwicklung rechter Ideologien auseinanderzusetzen und die Rolle jedes Einzelnen in der Gestaltung eines verantwortungsvollen Zusammenlebens zu hinterfragen. Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Museumsquartier Osnabrück finden Interessierte online.