Von der Bankbilanz zur Cyber-Abwehr: Hasewind Stammtisch beleuchtet Finanzierung, Akzeptanz und digitale Zukunft der Energiewende
Die OR blickt zurück auf ein unverändert aktuelles Thema: Der 15. Hasewind Stammtisch versammelte bereits am 6. und 7. Oktober Experten und Akteure der Erneuerbaren Energien in Osnabrück. Der erste Tag stand ganz im Zeichen einer Fachtagung im ICO (InnovationsCentrum Osnabrück), gefolgt von einem regen Austausch und zwei Podiumsdiskussionen in der Hausbrauerei Rampendahl.
Dabei standen die zentralen Herausforderungen und Lösungen bei der Finanzierung, der lokalen Verankerung von Energieprojekten sowie die aktuellen politischen Rahmenbedingungen im Fokus. Der zweite Tag bot anschließend erstmalig ein Barcamp, das unter dem Motto „Ein Tag, eine Mission für die Zukunft der digitalen Windenergie“ im Osnabrücker Hafen stattfand.
Die Veranstaltung lieferte ein umfassendes Bild der Energiewende in Deutschland, von den stabilen Finanzierungsmodellen bis hin zu den dringenden infrastrukturellen und digitalen Herausforderungen.
Fachtagung ICO: Finanzierung und Bürger-Impact
Ein Schwerpunkt der Vorträge im ICO lag auf den aktuellen Standards in der Finanzierung von Windkraft- und PV-Anlagen. Die Deutsche Kreditbank (DKB) stellte ihr Portfolio vor, das zu 50 bis 70 Prozent aus Windkraft besteht und rund 12.000 Megawatt finanzierte Projekte umfasst. Zunehmend rücken Nachhaltigkeitsaspekte (ESG) in den Fokus der Prüfung und sollen perspektivisch sogar leichte erste Beeinflussungen auf den Zinssatz haben. Die Finanzierung erfolgt meist als Non-Recourse-Projektfinanzierung mit üblichen Laufzeiten von 18 bis 20 Jahren und einer Eigenkapitalquote zwischen 10 und 20 Prozent.
In Bezug auf die Vermarktung des Stroms dominiert weiterhin die sichere Struktur des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das Betreibern Festpreise über 20 Jahre garantiert und die Bankfähigkeit der Projekte stark erhöht. Alternative Power Purchase Agreements (PPAs) beinhalten ein höheres Marktrisiko und sind daher mit deutlich höheren Eigenkapitalquoten (15 bis 35 Prozent) und Zinsaufschlägen verbunden.
Beim Thema Bürgerbeteiligung hob die Sparkasse Osnabrück die regionale Relevanz hervor. Als bevorzugte Lösung für die breite Masse der Bürger gelten Nachrangdarlehen (Mezzanine-Kapital), die einen höheren Zins als marktübliche Anlagen bieten. Experten sehen das sogenannte „Bürger-Impact“-Modell, bei dem Bürger direkte Eigentümer der Anlage werden, als wirksamste Maßnahme zur Steigerung der lokalen Akzeptanz.
Abendlicher Dialog Rampendahl: Netzengpässe und politische Rahmenbedingungen
Der abendliche Länderdialog mit Vertretern der Verbände aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein rückte die länderspezifischen Umsetzungsprobleme in den Mittelpunkt. Während Schleswig-Holstein mit einer frühzeitig abgeschlossenen Landesplanung und kurzen Genehmigungszeiten punktete, wurden in Niedersachsen die langen Genehmigungsverfahren und schwierige Transporte als Hauptprobleme genannt. Nordrhein-Westfalen kämpft mit der maroden Infrastruktursituation, da abgelastete oder gesprengte Brücken den Transport von Großkomponenten (wie Rotorblättern) zu über 360 geplanten Anlagen behindern. Die Diskutanten appellierten, weniger mit dem Klimaschutz und stärker mit Wirtschaftlichkeit und guten Standorten zu argumentieren, da dies besser verfange.
Der politische Dialog beleuchtete die schwindende Akzeptanz in ländlichen Regionen. Der dringende Appell an die Branche lautete, sich mehr zu bemühen, die Vorteile der Windenergie durch mehr Bürgerenergieprojekte in den Dörfern zu verankern und dadurch die Akzeptanz zu steigern.
Hasewind-Digital: EU Data Act und Cyber-Sicherheit
Der zweite Veranstaltungstag bei der slashwhy GmbH & Co. KG bot vertiefende Workshops zu den digitalen Zukunftsthemen der Branche.
Datenschatz statt Datenschutz: Die Pflicht zum Datenzugang
Der Workshop zum EU Data Act betonte, dass es sich hierbei nicht primär um Datenschutz, sondern um den „Datenschatz“ handelt – also um die möglichen Verwertungen und die Hebung des Datenwerts. Als Motivation dienten Beispiele, in denen Herstellern von Landmaschinen (z.B. John Deere) Landwirten den Zugriff auf Gerätedaten verwehrten, wodurch sie von freien Reparaturen ausgeschlossen waren.
Der Data Act soll dieses Ungleichgewicht korrigieren. Er gilt für vernetzte Produkte wie Windkraftanlagen, Produktionsmaschinen und die zugehörigen Apps. Produkte, die ab dem 12. September 2026 verkauft werden, müssen so konzipiert sein, dass ihre Produktdaten zugänglich sind. Die Daten, zu denen Sensordaten wie Temperatur, Druck und Position zählen, müssen einfach, sicher, unentgeltlich und in einem gängigen, lesbaren Format bereitgestellt werden. Ziel ist es, Gleichberechtigung zu schaffen und die Bindung an den Originalhersteller zu lösen.
Cyber-Sicherheit: Analoge Angriffe nehmen zu
Einen wichtigen Einblick in das Thema Infrastruktursicherheit lieferte ein Vertreter des Verfassungsschutzes/Wirtschaftsschutzes Niedersachsens. Die zentrale Botschaft lautete: „Je innovativer, desto spionage, je kritischer, desto Sabotage“. Die Sicherheit habe sich von reiner IT-Sicherheit auf Informationssicherheit verlagert.
Es wurde darauf hingewiesen, dass die bessere IT-Sicherheit (Firewalls etc.) dazu führt, dass Angreifer verstärkt auf analoge Angriffe ausweichen, wie den Diebstahl physischer Dokumente und Ordner. Diese Steigerungsrate liegt bei plus 15 Prozent. Der Appell an die Branche lautete, dass die Technologie von Menschen genutzt und missbraucht wird und es notwendig ist, sich dieser Komplexität bewusst zu sein.
Organisator Gerhard Hinnah von Hasewind zog am Ende folgende Bilanz: “Wir blicken auf ein äußerst erfolgreiches Jahr 2025 zurück, in dem wir erstmals fünf Veranstaltungsformate platzieren konnten und zu denen wir insgesamt fast 700 Teilnehmer begrüßten. Die hohe Akzeptanz und Nachfrage dieser Formate freut uns sehr.
Wir sind stolz darauf, durch diese Veranstaltungen nicht nur die regionale Windenergie- und Erneuerbaren-Branche sowie deren Umfeld zu stärken und zu fördern, sondern auch zur regionalen Wertschöpfung in der Hotel- und Gastronomiebranche beizutragen. Insbesondere unser erstmals durchgeführtes Barcamp zur Digitalisierung der Windenergie bezog erfolgreich Osnabrücker Softwareschmieden mit ein. Um den positiven Impact für Osnabrück weiter zu steigern, bleiben wir stets offen für Kooperationen und freuen uns auf die Wiederholung der Formate im kommenden Jahr.”
Der nächste Stammtisch findet am 13.April 2026 statt. Zusammenschnitte der Dialogrunden vom Abend finden sie auf dem YouTube-Kanal von Hasewind.













