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Donnerstag, 18. September 2025
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Wie können Kinderrechte die Demokratie stärken?

Bürgerinitiative Osnabrücker Schulen lud in VHS-Räume

Am vergangenen Mittwoch lud die Bürgerinitiative Osnabrücker Schulen im Aufbruch (OSIA) gemeinsam mit den Kooperationspartnern Volkshochschule der Stadt Osnabrück, Stadt- und Landkreis Osnabrück und „Schule im Aufbruch Deutschland“ zu einer Veranstaltung unter dem Motto „Demokratie und Kinderrechte in der Schule erleben“ ein.

Insgesamt nahmen 21 Schulen teil, wobei über die Hälfte der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler waren. Das zeigt eindrucksvoll, wie viele junge Menschen Verantwortung übernehmen und aktiv an demokratischen Prozessen teilhaben wollen.


Schulen als Orte der Demokratiebildung

In einer zunehmend von Krisen und Populismus geprägten Welt ist das Vertrauen in demokratische Institutionen erschüttert. Doch gerade in diesen Zeiten ist es wichtiger denn je, die Grundwerte unserer Gesellschaft zu stärken. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Bildungseinrichtungen, die den Auftrag haben, junge Menschen zu fördern und sie zu mündigen und verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen zu lassen

Zu Beginn der Veranstaltung richtete Thorsten Sandvoß (OSIA-Gründer) einen Dank an alle Kooperationspartner und Schulen, die die Veranstaltung durch ihren Einsatz erst ermöglicht haben. „Der Wandel in den Schulen sei zunehmend spürbar“, führte Sandvoß weiter aus und stellte hier kurz das Lernformat „Frei Day“ in den Fokus, einen strukturierten Freiheitstag, den immer mehr Schulen im Osnabrücker Gebiet strukturell in ihren Schulalltag integrieren, um einen grundsätzlichen Haltungswechsel bzw. Lernkulturchange zu ermöglichen. Anschließend sprach Felicitas Kröger in ihrem Grußwort das Thema Demokratiebildung in Schulen an.

Darin sprach sie sich dafür aus, dass Demokratiebildung nicht länger nur ein theoretisches Fach im Lehrplan sein sollte. Um die Prinzipien der Mitbestimmung, des Respekts und der sozialen Gerechtigkeit zu verinnerlichen, müssen Kinder und Jugendliche sie hautnah erfahren. Und genau hier kommen die Kinderrechte ins Spiel. Sie bilden den schützenden und grundlegenden Rahmen, in dem junge Menschen lernen können, sich einzubringen, ihre eigene Stimme zu finden und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Wenn Schulen Kinderrechte nicht nur als bloßen „Stoff“ behandeln, sondern sie aktiv im Schulalltag umsetzen, schaffen sie einen direkten Bezug zur Demokratie. Denn wer früh lernt, sich zu beteiligen, wird das auch im späteren Leben tun.

Wie das konkret in der Praxis aussieht und funktioniert, wurde auf dieser ganztägigen Bildungsveranstaltung verstärkt in den Fokus genommen. Einer Keynote des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung zum Thema UNICEF – Kinderrechteschulen folgte ein Vortrag des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (Nifbe) zur Demokratiebildung in der KiTa-Praxis.

Dann übernahmen 12 Schulkinder der Erich-Kästner-Schule (EKS) Grundschule aus Hollage mit ihren Lehrerinnen die Regie und präsentierten ihre Kinderrechteschule in einer illustrierten und lebendigen Bühnenpräsenz. In zahlreich beschriebenen Arbeitsgemeinschaften, wie „Lesen, Malen, Basteln, Bauen“ oder „Kinderbauernhof“ können die Kinder die Inhalte der AGs mitbestimmen und eigene Ideen einbringen.

Zudem werden die individuellen Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt. All dies fördert selbstbestimmtes Lernen. Die AG „Kinderbauernhof“ fördert soziale Kompetenzen und das Selbstwertgefühl der Schüler und Schülerinnen, was auch ein wichtiger Teil der demokratischen Bildung ist. Kinder können auf einem Bauernhof erleben und lernen, wie Gemüse und Obst angebaut und verarbeitet werden. Bauprojekte zu realisieren fördert die Vorstellungskraft und das gemeinschaftliche Vorgehen und Organisieren. Die Grundschule EKS ist übrigens die 1. ausgezeichnete Kinderrechteschule im Landkreis Osnabrück.


Workshop-Angebote zu Demokratie und Partizipation

Am Vor- und Nachmittag fand eine umfangreiche Palette von Workshops statt, um das Bewusstsein für Demokratie und Partizipation zu stärken. Die Angebote richteten sich an Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte und beleuchteten verschiedene Wege, wie demokratische Teilhabe im Schulalltag gelebt werden kann. Ein Workshop wurde direkt vom SSR Stadtschülerrat Osnabrück organisiert und richtete sich ergo direkt an Schülerinnen und Schüler. Daher hier mal eine intensivere Betrachtung:


Workshop: Abenteuer Demokratie:
„Deine Rechte, deine Macht“

Im Workshop „Abenteuer Demokratie: Deine Rechte, deine Macht“, der von Fabiano Heuer vom Stadtschülerrat Osnabrück (SSR OS) geleitet wurde, wird aus der Perspektive junger Menschen vermittelt, wie man seine demokratischen Rechte versteht und aktiv in die Gestaltung des eigenen Umfelds eingreift.

Ihr Engagement ist ein starkes Fundament für die Zukunft, dem jedoch bislang unzureichende politische Unterstützung gegenübersteht. Offene Fragen wie die Integration von Kindern mit internationaler Familiengeschichte, der Mangel an Fachkräften in der schulischen Unterstützung und die Modernisierung des Schulsystems verdeutlichen den Handlungsbedarf. Aufgrund dieser Punkte fordert Fabiano Heuer:


„Bildung muss endlich zur politischen Priorit
ät werden“

Schülervertretungen, der Stadtschülerrat und vergleichbare Strukturen verdienen stärkere Unterstützung, damit Jugendliche ihre Perspektiven wirksam einbringen können. „Die junge Generation ist bereit, Verantwortung zu übernehmen – jetzt braucht sie die notwendigen Voraussetzungen.“

Unter der Leitung von Ralf Kramer und Martin Hepke von der Friedensschule Osnabrück widmete sich ein Workshop dem KickFair-Konzept. Dieses stammt ursprünglich aus Kolumbien, wo Straßenfußball als Werkzeug zur Konfliktlösung und Stärkung des sozialen Zusammenhalts genutzt wird. Das Besondere an KickFair ist, dass es ohne Schiedsrichter auskommt. Insgesamt werden dabei 24 Werte vermittelt, die sich auf demokratische Grundbegriffe konzentrieren.

Weitere Workshops beschäftigten sich mit Inklusion und Bildungsgerechtigkeit, die im aktuellen System im Prinzip nicht durchgehend gelebt werden kann und somit für alle erlebbar ist. Weiterhin Demokratiebildung in Grundschulen und die Fragestellung, welche Strukturen es für eine gelingende Demokratiebildung und BNE braucht.

Verschiedene Praxisbeispiele unterschiedlicher Lernformate wie der außerschulischen Herausforderung, dem FREI DAY (Global denken, lokal handeln) oder auch Projekte demokratischen Handelns im Kontext von Friedens- und Erinnerungsarbeit wurden präsentiert und beleuchtet. Schließlich gab es auch Angebote im Bereich der Montessoripädagogik zu Kinderrechten und demokratischer Bildung.

Abschließende Podiumsrunde mit Vertretern aus Schule, Wirtschaft und Politik. (C) Pascal Grötemeyer
Abschließende Podiumsrunde mit Vertretern aus Schule, Wirtschaft und Politik. (C) Pascal Grötemeyer


Praxisbeispiel: Die IGS Flötenteich stellt sich vor

Nach einem kulinarischen Mittags-Highlight, organisiert und durchgeführt von den 3 Schülerfirmen Coole Schule, Fruchtoase und Panini auf der VHS-Dachterrasse, folgte eine 1-stündige Bühnenpräsenz einer starken Leuchtturmschule und offiziellen Partnerschule von Schule-im-Aufbruch Deutschland, der IGS Flötenteich in Oldenburg, die mit insgesamt ca. 20 Schülern und Schülerinnen samt dem didaktischen Leiter ihre Schule der Zukunft präsentierte. Der didaktische Leiter betonte bewusst, dass sie eine Schule für alle sind und eine gute Bildung nur mit allen Menschen zusammen auch als solche bezeichnet werden kann.

Zahlreiche Schulen aus der Region und darüber hinaus haben an diesem Tag demonstriert, dass die reine Wissensvermittlung mit klassischem Frontalunterricht zunehmend anderen Lernformaten weicht, bei denen es darum geht, den Schülern mehr individuellen Wirk- und Gestaltungsraum zu geben, wo sie sich verstärkt im eigenen Takt selber organisieren und Selbstwirksamkeit erfahren können.

Diese anderen Lernräume bieten Möglichkeiten, kooperative Lösungen für kleine und komplexe Fragestellungen zu den Herausforderungen unserer Zeit zu erarbeiten und dabei fächerübergreifend auch außerhalb von Klassenzimmern zu denken, zu fühlen und ins Handeln zu kommen. Es geht im Kern darum, dass Schüler Verantwortung für ihr Tun übernehmen und sie durch Erlebnisse und Erfahrungen dazu ermutigt werden, die Dinge auch verstärkt in Kooperation mit anderen Menschen selbständiger in die Hand zu nehmen. Hierbei kann sich jede und jeder mit seinen entdeckten Talenten verstärkt entfalten. Starke Persönlichkeiten führen letztendlich zu sta


Gemeinsam lernen, die Welt zu verändern

Abschließend diskutierten Vertreter aus Schule, Wirtschaft, Politik und einem regionalen Verein für Hochbegabte in einer Podiumsrunde über den Status Quo und die Zukunft der Bildung. Dabei befassten sie sich auch mit den Fragen nach Bildungsgerechtigkeit, guter Bildung und deren Sinn und Zweck. Der starke Ruf und die Notwendigkeit nach einer Bildungstransformation wurde bei allen Podiumsgästen subjektiv klar zum Ausdruck gebracht.


Fazit und Ausblick

An diesem Tag wurde die Bildung auf eine inspirierende Art und Weise mit fast 200 Menschen gefeiert. Das Besondere an dieser Bildungsveranstaltung war, dass verschiedene Leuchtturmschulen mit vielen Schülern und Lehrern gemeinsam zum Gelingen des Tages beitrugen.

Die Schulen im Aufbruch berichteten über Bühnenpräsenzen und Workshops über ihre neuen Haltungen und Lernformate. Teils übernahmen die Schüler und Schülerinnen die Regie oder flankierten ihre Lernbegleiter bei ihren Ausführungen. Schülerteams interviewten zahlreiche Teilnehmer. Schüler der Video-AG Ursulaschule hielten mit 2 Kamerateams den ganzen Tag in Ton und Bild fest.

Die Feedbacks der Teilnehmer waren durchweg positiv und man wünscht sich eine Fortsetzung. Herr Sandvoß lud daher die Teilnehmer direkt zu einer noch größeren OSIA-Folgeveranstaltung ein, die am 24.02.2026 im größten UNI-Hörsaal mit 560 Plätzen in Kooperation mit der Uni Osnabrück, Abteilung Zentrale Lehrkräftebildung (ZLB), und der VHS Osnabrück Stadt Osnabrück stattfinden wird. Dort wird der ehemalige Schulleiter aus dem Spiegel-Bestseller „Das könnte Schule machen“, Herr Stefan Ruppaner, die zukunftsweisenden Arbeitsweisen der bereits mehrfach mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichneten Gemeinschaftsschule Alemannenschule Wutöschingen präsentieren.

Ebenfalls geplant ist eine größere Lehrerfortbildung im Kompetenzzentrum an der Uni Osnabrück. OSIA wird in Kürze auf ihrer Webseite darüber informieren.

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