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Was macht eigentlich . . . das Virus?

Aktuelle Perspektiven zur Beendigung der pandemischen Lage von nationaler Tragweite

Samstagvormittag, Wochenmarkt am Dom, reges Leben. Zwischen den Marktständen fast schon Gedränge. Noch werden dezent Abstände gewahrt, die Warteschlangen an den besonders beliebten Wagen erinnern an britische Alltagsdisziplin. In dieser Hinsicht scheinen wir etwas dazugelernt zu haben aus den Notwendigkeiten, die uns die Pandemie aufgezwungen hat.

Und sonst? Scheint alles fast so wie vor dem März 2020, nur vereinzelte Maskengesichter bremsen die gute Laune kurz aus, und manche Preise.

Die Flaniermeile um den Nikolaiort ist schon maskenfreie Zone, bis auf das Bedienungspersonal sind alle die nervigen Dinger los. Es herrscht eine aufgeräumte, an manchen Tischen ausgelassene Stimmung, man will sich etwas gönnen an diesem schönen Vorfrühlingssamstag und keiner möchte mehr etwas hören von Corona und so – und vom Krieg am besten auch nicht!

 

Corona lebt

Ja, wo isses denn nun hin, das blöde Virus? Wirklich so weit weg, wie in diesen Momenten gefühlt? In den gängigen Medien steht kaum noch etwas darüber, zumindest nicht ganz vorne.

Fakt ist, Corona lebt, und zwar vitaler als je zuvor.

Die Rekordzahlen hinsichtlich Infektionen und Inzidenz (1543, Stand 14. März) sind keine Fake-News. Trotzdem wird weiter gelockert? Trotzdem sollen bald (ab 20. März) die meisten Beschränkungen des täglichen Lebens fallen? Ist das nicht paradox?

Ja, es scheint nicht nur, es ist im höchsten Maße paradox, aber auch Realität, „ That´s life and life only“ würde Bob Dylan sagen, aber wer hört den noch?

In unserem „Life-only“ gehört das Paradoxe längst zum Normalen. Noch nie wurde so oft von Frieden geredet und zwei Flugstunden weiter herrscht Krieg. Noch nie wurde so eindringlich vor Klimawandel und Umweltschäden gewarnt und zur selben Zeit so viel Natur zerstört. Noch nie waren Informationen so frei zugänglich und der Missbrauch von Daten so krass. Noch nie kursierten so viele „Wahrheiten“ und wurde öffentlich so dreist gelogen. Ergo: Noch nie waren die Infektionszahlen so hoch und die Achtsamkeit derart gering.

 

Wie ist der offizielle Umgang mit der Pandemie zu rechtfertigen und zu verantworten?

Die von der Bund-Länder-Konferenz beschlossenen Lockerungen zum 20. März werden von den meisten Verantwortlichen weiterhin als angemessen eingestuft, obwohl in ihren „Planungen“ nicht vorgesehen war, dass die Infektionszahlen im März wieder steigen würden.

Alles noch im Rahmen, keine 6. Welle, sondern nur ein „Höcker“ in der Kurve (Quelle dpa). Verwiesen wird auf die Ablösung von Omikron BA.1. durch den Subtyp BA.2., der noch ansteckender sei. Alles berechenbar für die Immunbiologie, so schießen die epidemischen Erklärungen ins Akademische und der Laie wundert sich.

Und die Lage in den Krankenhäusern? Die sei „mit Blick auf die Versorgung und Behandlung der Covid-Patienten derzeit im Griff“, versichert der Präsident der Intensivmediziner-Vereinigung Divi laut dpa.

Für besorgniserregend hält die Situation wohl nur noch einer – Karl Lauterbach. Aber dessen durch das Ministeramt gewonnener Autoritätsbonus scheint aufgebraucht. Allenfalls RKI-Chef Wieler schlägt ähnliche Töne an, verweist darauf, dass wir immer noch um die 1000 Todesfälle in der Woche durch Corona haben.

Daher warnen die beiden Rufer in der Wüste vor übereilter Sorglosigkeit und prognostizieren für den Sommer 2022 weit höhere Inzidenzen als wir sie aus dem letzten Jahr kennen. Einfach, weil die sich gerade verbreitenden Varianten viel infektiöser seien und auch bei steigenden Temperaturen virulent blieben. Ins öffentliche Bewusstsein dringen solche Mahnungen kaum noch ein. Die Mehrheit fiebert dem 20. März entgegen, dem vermeintlichen Freedom-Day.

 

Und wie wird es weitergehen ab 20. März?

Wenn die in der Verantwortung stehenden Experten und Volksvertreter ehrlich zu uns und zu sich selbst wären, würden sie zugeben, dass niemand voraussagen kann, wie sich die Corona-Lage entwickeln wird.

Ein sich abschwächender Verlauf, die Herabstufung des Virus von einer pandemischen Bedrohung zu einem endemischen Geschehen sind politisch erwünschte Projektionen, keine abgesicherten Projekte.

Wie nervös Verantwortliche auf Informationsverbreitungen reagieren, die die Hoffnung auf eine Corona-Entwarnung stören könnten, zeigte sich am Fall der fristlosen Entlassung des Vorstands der Krankenkasse BKK Pro Vita, Andreas Schöfbeck, der anhand der Veröffentlichung einer Studie eine Diskussion über Nebenwirkungen der Corona-Impfungen ins Rollen gebracht hatte (www.heise.de/tp/features/Impfnebenwirkungen-und-BKK-Pro-Vita-Vorwurf-der-Hexenjagd-6541151.html).

Weitaus populärer ist da, wenn in der BILD gefordert wird, dass die Masken für Kinder in den Schulen endlich fallen. Kein Wort darüber, wie es dort teilweise zugeht, wenn sich die Reihen aufgrund grassierender Infektionen lichten, Schüler*innen am eigenen Leib erfahren, wie man sich mehrmals mit Omikron infizieren kann und 50 % des Unterrichts von überlasteten Vertretungskräften irgendwie durchgezogen werden. Hauptsache der Laden bleibt auf.

Ungeachtet dessen soll es ab 20. März zur allgemeinen Befreiung von der Maske kommen, und zwar nicht nur in Schulen. Denn der „Basisschutz“, der dann noch verbleibt, beschränkt sich im Kern auf eine Maskenpflicht im ÖPNV, öffentlichen Gebäuden bzw. Institutionen und beim Arzt sowie im Krankenhaus.

Das heißt, in der Disco geht´s wieder richtig ab, ohne Zwangsvermummung und auch im Supermarkt dürfen wir endlich frei durchatmen …

Empfohlen wird, sich selbst zu schützen. Wie die gemeine Masse auf solche Ratschläge anspringt, sieht man in Fußballstadien, wo die Maske bereits freigestellt ist.

Ein Zurück soll es nicht geben.

Allenfalls für Hotspots, wo also die Zahlen buchstäblich durch die Decke gehen, bleibt es den Ländern oder Kommunen überlassen, vorübergehende Beschränkungen zu erlassen. Wer da dann noch durchblicken sollte, muss wohl das Abitur haben.

Alles ist offen, also schütze sich, wer kann!

Corona? Ist wie ´ne Erkältung, nur leichter. So oder so ähnlich soll unser Blick auf das Virus konditioniert werden. Da sind Infektionen nicht mehr gefürchtet, sondern aus immunologischer Sicht sogar erwünscht, glaubt man dem Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunbiologie, Carsten Watzl. „Alle, die geimpft sind und jetzt eine Durchbruchinfektion bekommen, sollten im Winter vergleichsweise gut geschützt sein.“ (Quelle dpa).

Apropos Durchbruchinfektion – auch so ein Euphemismus zum Vernebeln der Vorgänge. Mittlerweile wissen wir aus Erfahrung, dass keines der verfügbaren Vakzine zuverlässig vor einer Infektion schützt. Zweifachgeimpfte, Geboosterte oder Ungeimpfte tragen gleichermaßen hohe Risiken. Impfungen schützen allein vor schweren Verläufen, und das gilt auch nur bedingt und nicht für jeden.

Es stimmt wohl, dass die Omikron-Welle vorrangig von sogenannten milden Verläufen geprägt ist, aber es gibt zahlreiche Fälle, die nicht komplikationslos verlaufen, immer noch zu viele, die nach einer Infektion lange brauchen, um wieder so stabil zu sein wie vor der Ansteckung.

Es ist tatsächlich zu beobachten, dass die allermeisten schweren Verläufe und Todesfälle ungeimpfte Menschen treffen. Daher sollte ein solider Impfschutz alternativlos sein. Ob jedoch ein weiterer Booster noch mehr Schutz bietet, ist keinesfalls erwiesen.

Es bleiben nach wie vor Fragen offen und dass sich das Infektionsgeschehen so ungefährlich gestaltet, wie der offizielle Diskurs es aktuell vorsieht, steht in den Sternen.

Vielleicht kommen deshalb, auch unter dem Eindruck täglicher Rekordinzidenzen, plötzlich dem einen oder der anderen Verantwortlichen Zweifel, ob die beschlossenen Lockerungen nicht das falsche Signal setzen könnten. So warnt die Präsidentin der niedersächsischen Ärztekammer, Martina Wenker, in einem Interview mit der NOZ: „Wir haben ein Allzeithoch und vor allem täglich weiter steigende Inzidenzen“, und meint: „Die Öffnungspläne müssen verschoben werden.“ Auch auf die Situation in den Krankenhäusern hat sie eine andere Sicht. In Niedersachsen näherten sich die Hospitalisierungsquote und die Auslastung der Intensivbetten kritischen Grenzen, gibt sie zu bedenken und fügt einen Appell an die Politik hinzu: „Ganz Deutschland ist doch momentan ein Hotspot.“ Das Virus werde sich am 20. März nicht in Luft auflösen, nur weil das Bundeskabinett einen „Freedom Day“ beschlossen habe.

Mit dieser Einschätzung scheint sie seit heute nicht mehr allein zu stehen. Ganz aktuell meldet n-tv im Liveticker, dass der bundesweit geplante „Freedom Day“ für Brandenburg gestrichen wird: Aufgrund der Inzidenz von 1500 und roter Klinik-Ampeln hält Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) an sämtlichen bisherigen Einschränkungen fest.

Anscheinend gibt es doch noch Personen im öffentlichen Dienst, die die Zeichen auf den Dashboards zu deuten wissen …

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