Ein Straßenname – na und?
Wir sind alle in irgendwelchen Straßen aufgewachsen. Immer wieder steuern wir Straßen an und geben Straßennamen in das Navi ein. Tagtäglich sehen wir Straßenschilder und nehmen sie zumeist nur beiläufig zur Kenntnis. Manche klingen langweilig (Hauptstraße, Schützenstraße), andere nach großer Politik (Konrad-Adenauer-Ring, Willy-Brandt-Platz). Doch hinter Straßenschildern können auch interessante lokale Geschichten und Persönlichkeiten stecken.
Die Osnabrücker Rundschau veröffentlicht jeden Sonntag eine Geschichte zu Osnabrücker Straßennamen. Sie stammen alle aus dem im Anno-Verlag erschienen Buch „Osnabrück wegweisend“ (ISBN 978-3-939256-38-0), das Dr. Tobias Romberg 2016 herausgeben hat. Die Texte haben junge Menschen verfasst, die damals SchülerInnen der Ursulaschule Osnabrück oder Studierende waren.
Bredowstraße
seit 1950 benannt nach Ludwig Bredow
geb. 15.02.1882 in Thal (Schweiz)
gest. 05.01.1938 in Osnabrück
Osnabrücker Gewerkschafter
Straße des Gewerkschafters
von Benedikte Lechtermann
Eine kleine Straße in der Osnabrücker Weststadt mit nur drei Häusern wurde am 5. September 1950 nach dem Wahl-Osnabrücker Ludwig Bredow benannt. Hierdurch erfuhr der in der christlichen Gesellenvereinigung Altkolping Engagierte eine Würdigung, die ihm zu Lebzeiten versagt geblieben war.
Ludwig Bredow, der am 15. Februar 1882 in Thal in der Schweiz geboren wurde, zog nach Osnabrück, wo er ab dem 1. November 1918 als Gewerkschaftssekretär für den Christlichen Metallarbeiterverband (CMV) tätig war. Bis 1933 war er ehrenamtlicher Bürgervorsteher, Vorstandsmitglied der Allgemeinen Ortskrankenkasse sowie Mitglied der Zentrumsfraktion im Stadtrat.
Bredow war durch seinen vielfältigen ehrenamtlichen und christlich geprägten Einsatz schon früh den Schikanen der Nationalsozialisten ausgeliefert. Seine Kündigung vom CMV erhielt er bereits am 31. Juli 1933, da die Nationalsozialisten den Verband schon kurz nach der Machtergreifung vereinnahmt hatten. Im Nachhinein wollte niemand eine persönliche Verantwortung für das mit Hakenkreuz versehene Kündigungsschreiben übernehmen. Die Unterschrift war unleserlich.
Seine berufliche Laufbahn fand dennoch eine Fortsetzung. Ludwig Bredow arbeitete als Versicherungsinspektor und wurde 1937 zum Oberinspektor befördert, da trotz der Beförderung kein negativer Einfluss auf das Nazi-Regime zu befürchten war.
Den Nazis war Bredow hauptsächlich auf Grund seines christlich geprägten Engagements als Altsenior in der Gesellenvereinigung des Altkolping (ab 1937) ein Dorn im Auge. Er und seine Tochter Maria wurden kontinuierlich von der Gestapo beobachtet, kontrolliert und durchsucht. Im November 1937 erreichte die schikanöse Behandlung durch die Nazis ihren Höhepunkt: Bei einer besonders rabiaten Hausdurchsuchung wurden die Schriften des Altkolpings beschlagnahmt. Wiederholt wurde der Oberinspektor verhört und war Intrigen ausgesetzt.
Dem erst 55-jährigen Bredow lief als Folge im buchstäblichen Sinne die Galle über – am 5. Januar 1938 starb er an Galleninsuffizienz. In einem Entschädigungsantrag wurde 1945 zunächst die Verfolgung und hieraus resultierende Repressalien der NSDAP als ursächlich für die Erkrankung und den daraus folgenden Tod Bredows angenommen. Das maßgebliche Gutachten jedoch, das den Hinterbliebenen einen tatsächlichen Anspruch auf Entschädigung bestätigt hätte, stellte die Gallenerkrankung als einen unvermeidlichen Schicksalsschlag dar. Eine Entschädigung blieb der Tochter verwehrt.
Im Gedenken an Ludwig Bredow als politisch Verfolgtem wurde am 24. November 2010 vor seinem ehemaligen Wohnhaus am heutigen Konrad-Adenauer-Ring, der früheren Bruchstraße, in Anwesenheit des Künstlers Gunter Demnig ein Stolperstein verlegt.