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Dienstag, 28. Oktober 2025

Underdogs und das Elfmeterschießen im DFB-Pokal

Wenn am heutigen Abend die zweite Runde des DFB-Pokals startet, dann fehlt etwas Wichtiges. Etwas, was diesen Wettbewerb zu dem macht was er ist, es fehlt das Salz in der Pokalsuppe: unterklassige Vereine und Amateurmannschaften.

Unter den verbliebenen 32 Mannschaften befindet sich mit dem FV Illertissen noch ein Regionalligist und mit Wollitz Cottbusern noch ein Drittligist. Auf der anderen Seite konnten 17 Bundesligisten und 13 Zweitligisten, wenn auch nicht immer souverän, den Einzug in die zweite Pokalrunde feiern. Unter den Bundesligisten hat sich lediglich Werder Bremen eine blutige Nase abgeholt – und das nicht bei irgendeinem Dorfverein der Oberliga, sondern auf der Alm in Bielefeld bei der Arminia, die es in der letzten Saison sogar bis nach Berlin ins Pokalfinale geschafft hatte.

Ist die Zeit der großen Pokalüberraschungen also vorbei? Die Zeit dieser ganz besonderen Abende, die wir in Osnabrück nur zu gut kennen: wenn David auf einmal mit Goliath auf Augenhöhe ist, so als bräuchte man gar keinen Stein zum Werfen, man ist auch ohne Hilfsmittel stärker als der biblische Riese.

Ein Blick auf die Zahlen lässt vermuten, dass die Befürchtung nicht ganz unbegründet ist. In dieser Saison gab es nur drei Überraschungen in der ersten Runde, das kam seit der Jahrtausendwende bislang nur einmal vor – und zwar ausgerechnet 2009/2010 als Karsten Baumann mit fast schon legendär gewordenen Spieler wie Björn Lindemann, Tobias Nickenig oder Dennis Schmidt Hansa Rostock, den HSV und den BVB in die Schranken wies. Es sieht so aus als hätte man sich daraufhin andernorts den VfL zum Vorbild genommen, in den folgenden fünf Jahren kam es insgesamt zu 38 Überraschungen in der ersten Pokalrunde. Aber seitdem? Eher fallende Tendenz.

Es mag daran liegen, dass die Kluft noch größer geworden ist, und zwar zwischen allen Ligen. Dass die Professionalisierung bei den größeren Klubs soweit fortgeschritten ist, dass nicht mehr von „eigenen Gesetzen“ im Pokal die Rede sein kann und Dinge wie Zufall und Überraschung immer weiter aus dem Profisport verdrängt werden. Wer kann es den Bundesligisten verübeln? Nichts ist größer als die Schmach bei einem Amateurverein aus dem Pokal zu fliegen.

Die Fans sind sauer, einkalkuliertes Geld fehlt und der „kürzeste Weg nach Europa“ wird zum Stolperstein.

Was auffällt: sobald es in die Verlängerung geht, scheint die höherklassige Mannschaft immer im Vorteil zu sein. Bessere Fitness, Kaltschnäuzigkeit und Erfahrung sind oft das Ende der Amateur-Hoffnungen. Aber belegen das auch die Zahlen? Und was wäre die Alternative? Direkt ins Elfmeterschießen? Wäre das überhaupt ein Vorteil für die unterklassigen Teams?

All das lässt sich mit Ja beantworten. Seit 2000, und wir betrachten dabei nur Spiele, in denen es zwischen den Mannschaften einen Unterschied in der Ligazugehörigkeit gab, kam es in der ersten Pokalrunde 85 mal zu einer Entscheidung in der Verlängerung und 77 mal im Elfmeterschießen. Von den 85 Spielen in der Verlängerung gewann das höherklassige Team 65, also 76,5%. Im Elfmeterschießen schlägt das Pendel zwar auch zugunsten der Favoriten aus, aber weniger deutlich. Von 77 Partien konnten die Underdogs immerhin 27 (35%) für sich entscheiden, also mehr als ein Drittel.

Auch hier lohnt der Blick auf den aktuellen Trend: in den vergangenen sechs Spielzeiten ging es in der ersten Runde bei dieser Art der Aufeinandertreffen 19 mal in die Verlängerung, nur einmal (!) konnte der Underdog ein solches Spiel gewinnen. Bei den Spielen jedoch, die erst im Elfmeterschießen entschieden wurden, herrscht Ausgeglichenheit. Acht mal durften Überraschungen gefeiert werden und acht mal sind die Favoriten mit einem blauen Auge davongekommen.

Mit dem Verzicht auf Verlängerung in der ersten Runde des DFB-Pokals könnte man den Charme dieses Wettbewerbs und die Hoffnungen der Außenseiter ein Stück weit bewahren. Wer 90 Minuten gegen eigentlich überstarke Gegner durchhält, hat sich das Elfmeterschießen vielleicht auch einfach verdient. Beim VfL kennt man dieses Prozedere noch aus dem NfV-Pokal, bevor der Modus reformiert wurde. Geschimpft hatte darüber auch damals niemand.

Vielleicht braucht David mittlerweile doch wieder einen Stein, Goliath scheint übergroß geworden zu sein. Lasst uns ihm wenigstens diesen kleinen Stein geben, im Sinne des Fußballs.

 

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