„Osnabrück wegweisend“: Dr.-Pelz-Straße

 


Ein Straßenname – na und?

Wir sind alle in irgendwelchen Straßen aufgewachsen. Immer wieder steuern wir Straßen an und geben Straßennamen in das Navi ein. Tagtäglich sehen wir Straßenschilder und nehmen sie zumeist nur beiläufig zur Kenntnis. Manche klingen langweilig (Hauptstraße, Schützenstraße), andere nach großer Politik (Konrad-Adenauer-Ring, Willy-Brandt-Platz). Doch hinter Straßenschildern können auch interessante lokale Geschichten und Persönlichkeiten stecken.

Die Osnabrücker Rundschau veröffentlicht jeden Sonntag eine Geschichte zu Osnabrücker Straßennamen. Sie stammen alle aus dem im Anno-Verlag erschienenen Buch „Osnabrück wegweisend“ (ISBN 978-3-939256-38-0), das Dr. Tobias Romberg 2016 herausgegeben hat. Die Texte haben junge Menschen verfasst, die damals SchülerInnen der Ursulaschule Osnabrück oder Studierende waren.

 

Dr.-Pelz-Straße
seit dem 03.02.1954 benannt nach Dr. Siegfried Pelz
geb. 04.11.1848 in Rogasen/Posen
gest. 26.07.1936 in Osnabrück
Geheimer Sanitätsrat
Chefarzt des Osnabrücker Stadtkrankenhauses (1909-1922)
Ehrenbürger der Stadt Osnabrück seit 1928

„Retter der Armen“
Von Leonie Schulenberg

Die von der Knollstraße abzweigende Dr.-Pelz-Straße trägt ihren Namen seit dem 3. Februar 1954 und würdigt den Chirurgen und Wohltäter Dr. Siegfried Pelz.

Er wurde am 4. November 1848 im heute polnischen Rogasen bei Posen geboren und lebte seit 1873 in Osnabrück.  Bevor er 1873 nach Osnabrück kam, diente Pelz von 1870 bis 1871 als Feldarzt im Deutsch-Französischen Krieg und begann schließlich 1873 im Osnabrücker Stadtkrankenhaus seine Karriere als Assistenzarzt. Nachdem er seinen Facharzt der Chirurgie absolviert hatte, bekam er 1878 die Leitung der neu eingerichteten chirurgischen Abteilung übertragen.

Der Höhepunkt seiner medizinischen Karriere war 1909, als er Chefarzt des Osnabrücker Stadtkrankenhauses wurde und dieses Amt bis zu seiner Pensionierung 1922 bekleiden durfte. In der Zeit des Ersten Weltkrieges vertraute die Stadt auf die gute Arbeit von Dr. Pelz, indem sie ihm alle Lazarette der Stadt und im Landkreis Osnabrück unter seine Leitung stellte. Für den Dienst in dieser Zeit bekam Siegried Pelz das Eiserne Kreuz am Bande verliehen.

Dr. Pelz half  Patienten, die in finanzieller Not waren. Daher wurde er auch als „Menschenfreund“ und „Retter der Armen“ bezeichnet, denn er verzichtete häufig auf sein Honorar oder unterstützte gar Patienten finanziell. So zahlte er auch einem Patienten einen Kuraufenthalt aus eigener Tasche.

Doktor Pelz – nach einem Gemälde von G Sperling – Quelle Niedersächsisches Landesarchiv Standort Osnabrück Signatur ErwA38Akz46,1996Nr92

Zum 80. Geburtstag erhielt Siegfried Pelz 1928 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Osnabrück und eine vom Künstler Fritz Bürger gefertigte Bronzebüste, welche in der Eingangshalle des Stadtkrankenhauses stand.  Siegfried Pelz stammte aus einer jüdischen Familie, trat 1878 (bis 1909) allerdings aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft aus. Mit Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde sein Lebenswerk missachtet, Dr. Pelz selbst schikaniert. Die Nationalsozialisten nahmen ihm die Ehrenbürgerschaft und zerstörten die Bronzebüste im Stadtkrankenhaus.

Es wurden Spruchbänder mit antisemitischen Sprüchen wie beispielsweise „Die Juden sind unser Unglück“ vor seiner Wohnung aufgehängt. Als Dr. Siegfried Pelz schließlich am 26. Juli 1936 im Alter von 88 Jahren starb, verbot die NSDAP die Veröffentlichung eines Nachrufes und die Teilnahme an der Trauerfeier für Vertreter der Stadt. Trotzdem schlossen sich viele Bürger dem Trauerzug in Richtung Hasefriedhof an. Dies war ein „Lichtblick trotz aller dunklen Schatten über dem Abschied dieses begnadeten Osnabrückers“, schreibt der Osnabrücker Pädagoge und Historiker Dr. Heinrich Koch.

Um Dr. Pelz die angemessene Ehre zu erbringen, wurde ihm nach dem Zweiten Weltkrieg die Ehrenbürgerschaft erneut verliehen. Des Weiteren erhielt er eine Erinnerungstafel, die heute im Klinikum am Finkenhügel hängt, da dieses der Neubau des ehemaligen Stadtkrankenhauses ist. Eben dieses Krankenhaus veröffentlichte 2011, zum 75. Todestag von Dr. Pelz, einen Nachruf, welcher ihm zum Zeitpunkt seines Todes verwehrt wurde, und erwies diesem damit eine große Ehre.

 

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