VfL-Bündnis macht weiter!
Mehr als zwei Jahre sind es her, seit das VfL-Bündnis „Tradition lebt von Erinnerung“ für seine antifaschistische Erinnerungsarbeit in Frankfurt den Julius-Hirsch-Preis bekommen hat. Gewürdigt wurden vom Deutschen Fußballbund (DFB) damals insbesondere jene Aktivitäten, die in die Benennung des Felix-Löwenstein-Weges eingemündet hatten, der jetzt im großen Halbkreis um das Stadion an der Bremer Brücke führt. Erinnert wurde dabei an einen ehemaligen VfL-Funktionsträger und Förderer, der gegen Kriegsende wegen seines jüdischen Glaubens deportiert wurde und im Mai 1945 im KZ Sandbostel umkam.
Konsequente Bildungs- und Erinnerungsarbeit im Geiste von Demokratie, Antirassismus und Toleranz sind seit Jahren die Grundpfeiler des breit getragenen VfL-Bündnisses. Auch in der Fußball-Szene, man denke allein an so manche rassistische Vorfälle in einigen Stadien, ist da durchaus viel zu tun. Das Bündnis, das sich dieser umfassenden Aufgabe stellt, reicht von Aktiven der Ultra-Gruppe Violet Crew über das Fanprojekt, die Fanabteilung, Einzelpersonen sowie stadtgeschichtlich Engagierte bis hin zum VfL-Museum.
Vielfalt der Aufgaben
Trotz rigider Einschränkungen wegen der aktuellen Pandemie ruhen sich die Akteurinnen und Akteure keineswegs auf bisherigen Würdigungen ihrer Arbeit aus. Neben der Herausgabe einer vielbeachteten Broschüre „Lila-Weiß in brauner Zeit“, Bildungsangeboten für Schulklassen, Vorträgen zur Vereinsgeschichte sowie Begehungen von Stolperstein-Standorten zur Erinnerung an Nazi-Opfer hat sich das Bündnis mittlerweile erheblich breiter aufgestellt. Aktuell wächst beispielsweise eine Kooperation mit Einzelpersonen aus der Lehrer- und Schülerschaft der Integrierten Gesamtschule Osnabrück und des Gymnasiums Bad Iburg. Unter Betreuung zweier Lehrer hatten Schülerinnen und Schüler es im Rahmen eines Wettbewerbs des Bundespräsidenten geschafft, eine breit gewürdigte Gedenkstätte in unmittelbarer Nähe der OSC-Halle zu errichten. Erinnert werden soll dadurch an die im OSC-Vorläuferverein „Osnabrücker Turnerbund“ bereits 1924 ausgeschlossenen und diskriminierten jüdischen Sporttreibenden. Die anstehende Kooperation mit den VfL-Aktiven ist auch durch geschichtliche Fakten begründet: Zu jenen, seinerzeit aus dem OTB gedrängten Menschen hatten auch die beiden späteren VfLer Felix Löwenstein und der von den Nazis gehasste und verfolgte sozialdemokratische Sportpädagoge Ernst Sievers gezählt.
Besonders intensiviert hat sich in der jüngsten Vergangenheit die Kooperation mit dem Verein „Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht“. Große Resonanz fanden gemeinsame Workshops und regelmäßige Diskussionsabende, in denen fachkompetent informiert wurde und die Teilnehmenden viele Anstöße für ihre weitere Arbeit erfuhren.
Das neue Projekt: Geschehen in der Gartlage
Herausgekommen ist dabei vor allem ein ambitioniertes neues Projekt. Gemeinsam haben Spurensuchende inzwischen, auch mit Hilfe von Aktiven aus dem Bürgerverein Schinkel, herausgearbeitet, wo genau sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum ehemaligen VfL-Spielfeld in der Gartlage ein Zwangsarbeitslager befunden hat.
Akribisch exakte Pläne wurden erstellt. Es handelt sich um ein Lager, das gegen Kriegsende über zweitausend vorwiegend sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter beherbergte. Alle, dies belegen auch viele bereits aufgezeichnete Aussagen von Zeitzeugen, lebten und arbeiteten unter entsetzlichen Bedingungen, verzeichneten hohe Opferzahlen und waren in den meisten Fällen gezwungen, ihre Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion der Teuto-Metallwerke auf dem Limberg zu verrichten. Neben zahllosen ehemaligen Soldaten zählten zu den gnadenlos behandelten Menschen auch viele hundert Frauen, die in Sonderbaracken untergebracht waren und sich, wie die Männer, zumeist in grob geschnitzten Holzschuhen zur Arbeit bewegen mussten. Exakt dokumentieren wollen die Mitglieder des VfL-Bündnisses deshalb zukünftig auch jenen Weg, den die Arbeitenden zum Werk am Limberg täglich zu gehen hatten.
Weil mittlerweile das Ziel aufgegeben wurde, auf dem Ex-Gelände des Zwangsarbeiterlagers, eng angrenzend zum früheren VfL-Platz, ein VfL-Trainingszentrum errichten zu lassen, wurde nur eine sehr kurze Zeit darüber spekuliert, die VfL-Erinnerungsarbeit für das Zwangsarbeiterlager auslaufen zu lassen. Mittlerweile sind sich alle einig, das genaue Gegenteil zu tun: Es geht weiter!
Mitarbeit: erwünscht und auch möglich!
Am Zeithorizont zeichnen sich weitere Forschungen, Zeitzeugeninterviews und Workshops ab. Wo dies möglich ist, wird daran auch die interessierte Öffentlichkeit beteiligt. Unverändert aktiv bleiben drei Arbeitsgruppen, die sich mit dem gemeinsamen Thema als „AG Spurensuche“, als „AG Öffentlichkeitsarbeit“ sowie als „AG Zeitzeug*innen“ auseinandersetzen. Falls Interesse an einer Mitarbeit besteht, ist die OR-Redaktion gern bereit, die Namen mit Hilfe der Mailadresse fanprojekt@osnabrueck.de zu sammeln und daraufhin der Initiative mitzuteilen.