Samstag, 27. April 2024

Judith Kessler: 14. Juni 1940 – das Lager Auschwitz wird „eingeweiht“ ….

Der Maler Jan Komski und das Lager Auschwitz

Die ersten 727 Gefangenen – Lehrer, Priester und andere nichtjüdische Polen – treffen ein. Unter ihnen der Maler Jan Komski. Er ist 25, Katholik, stammt aus der kleinen Stadt Bircza, hatte in Krakau studiert, sich dem Widerstand angeschlossen und war erwischt und in Nowy Sącz und Tarnów inhaftiert, bevor er als Jon Baraś, so der Name in seinen falschen Papieren, nach Auschwitz kam und zur Nummer 564 wurde (der erste Transport bekam die Nummern 31 bis 758, aber sie wurden noch nicht eintätowiert).

Mit Hilfe des Lagerwiderstands und einer Bäuerin aus der Gegend gelingt es Komski-Baraś, Ende 1942 zusammen mit drei anderen Häftlingen zu fliehen. 16 Tage später wird er bei einer routinemäßigen Razzia wieder verhaftet, ohne dass seine Häscher mitbekommen (er hat neue falsche Papiere), dass er bereits in Auschwitz war, sonst wäre er sofort erschossen worden.

Komski wird nach drei Monaten Gefängnis und Folter wieder nach Auschwitz überstellt, seine früheren Mithäftlinge sorgen dafür, dass er ins Lager II kommt, wo ihn niemand vom Wachpersonal kennt. Diesmal erhält er die Nummer 152.884. Der Maler wird später noch nach Buchenwald, Groß-Rosen, Hersbruck und Dachau weitergeschickt und dort am 29. April 1945 von den Amerikanern befreit.

Nach seinem Aufenthalt in einem Displaced Persons Camp in Bayern, wo er seine Frau kennenlernt, wandert er in die USA aus, arbeitet als Grafiker für die Washington Post und stirbt 2002. Die fünf (!) Jahre in den deutschen Lagern waren zeitlebens Thema seiner Bilder.

Judith Kessler
Judith Kessler
Judith Kessler ist Sozialwissenschaftlerin, Redakteurin und Autorin mit den Schwerpunkten jüdische Migration, Gegenwartskultur und Biografieforschung.
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