Uwe bleibt mein unsterblicher Held!
Meine ersten, viel zu großen Adidas-Fußballschuhe trugen bereits den Namen von Uwe Seeler. “Uwe, Uwe, Uwe!”, schallte es durch alle deutschen Stadien und die einheimischen Fans riefen den Namen in trauter Eintracht mit den Hamburger Schlachtenbummlern (so nannte man damals Auswärtsfahrer), denn nie wieder war ein Fußballspieler über alle Vereinsgrenzen hinweg so beliebt wie er.
Er war das Symbol für Vereinstreue – so schlug er ein 1,2-Millionen-Angebot von Inter Mailand ab, eine damals unvorstellbar hohe Summe. Er stand für bedingungslosen Einsatz, aber auch für Spielwitz und unwiderstehlichen Tordrang. Er verkörperte wie kein anderer Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Bescheidenheit und die Liebe zu seinem Sport.
Ich behaupte, wer Uwe Seeler nicht mochte, mochte keinen Fußball. Nun ist „Uns Uwe“ mit 85 Jahren in seinem Haus vor den Toren Hamburgs friedlich für immer eingeschlafen. Ich mochte Uwe Seeler über alle Maßen und er bleibt für mich unsterblich.
Abwegige Halbzeitgedanken
Am 16.12.1962 fand das letzte gemeinsame Punktspiel beider Clubs vor Gründung der Bundesliga an der Bremer Brücke statt. Ich war vor 59 Jahren elf Jahre alt und durfte mit der VfL-Knabenmannschaft das Vorspiel bestreiten. Es gibt Dinge, die vergisst man in seinem Leben nicht, dazu gehört dieses Spiel aus zwei Gründen:
1. Unser Betreuer mischte die 1. und 2. Knaben, wobei er nur Thorsten und mich als Stammspieler der ersten Mannschaft in Team 2 steckte, schließlich spielte sein Sohn Dieter in Team 1 und sollte unbedingt gewinnen. Thorsten und ich, wir sehen uns heute noch hin und wieder auf der Nord, waren stinksauer, kämpften wie die Berserker und gewannen als vermeintliche Außenseiter mit 2:1. Was für ein Triumph!
2. Das Tollste daran war, als wir den Rasen verließen, beglückwünschte uns Uwe Seeler per Handschlag, aber eben nur uns, die Sieger … was für eine Genugtuung, denn ohne Skandale keine Triumphe!
Das Spiel endete übrigens 3:1 für den HSV. Das 0:1 schoss Uwe und den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielte Udo Lattek in der 53. Minute.
Noch mehr Halbzeitgedanken zur Familie Seeler
Da ich 31 Jahre in Hamburg gelebt habe, fallen mir viel zu viele abwegige Halbzeitgedanken rund um den dortigen Fußball ein. Andererseits spielt der VfL in den nächsten Jahren vermutlich noch etliche Male gegen Hamburger Mannschaften, also bedarf es keiner Eile.
Heute konzentriere ich mich weiter auf die Familie Seeler, denn etwa 25 Jahre, nachdem Uwe Seeler uns Jungs gratuliert hatte, lernte ich seinen Vater Erwin kennen, der schon vor seinen Söhnen Uwe und Dieter eine Hamburger Fußball-Legende war.
Während meiner Studentenzeit und auch danach fuhr ich in Hamburg Taxe. Eines Tages wurde ich in den “HSV-Bierbrunnen” bestellt. Das Lokal lag an der Ecke Rothenbaumchaussee/Hallerstraße und befand sich in meinem Hauptjagdgebiet.
Als ich dort “Old Erwin” zum ersten Mal abholte, erkannte ich ihn nur daran, dass mir die Frau hinter dem Tresen sagte: “Hier hast ‘nen Zehner, Dschunge. Dahinten sitzt der alte Seeler, der Olle von Uwe. Fahr ihn mal in die Bismarckstraße 104.” Dann wandte sie sich von mir ab und rief: “Erwin! Taxe!”
Die Tour selbst lohnte sich zwar nicht, aber die zum Teil sehr traurig-lustigen Gespräche mit Erwin waren ohnehin mit Geld nicht zu bezahlen. Ich wurde sein Stammfahrer.
Uwes Vater starb fast auf den Tag genau vor 25 Jahren und wurde 87.